Das Highlight der Biathlon-Saison beginnt. Und die Deutschen stehen gleich auf dem Podest.
Mit allerletzter Kraft schleppte sich Justus Strelow ins Ziel, ehe er völlig erschöpft im Schnee liegend von seinen Teamkollegen euphorisch geherzt wurde: In einem packenden Finale ist dem deutschen Biathlon-Team mit dem Gewinn der ersten Medaille im ersten Rennen ein traumhafter Start in die Weltmeisterschaften im schweizerischen Lenzerheide geglückt.
Zum Auftakt holten Selina Grotian, Franziska Preuß, Philipp Nawrath und Strelow mit Bronze in der Mixedstaffel die erste Medaille in diesem Wettbewerb seit sechs Jahren, ein paar Tränchen flossen. "Es war so hart, ich bin froh, dass ich es ins Ziel geschafft habe", sagte Strelow.
Es war eine ganz enge Nummer. Dem erstmals als Schlussläufer eingesetzten Strelow gingen auf seiner Schlussrunde die Kräfte aus, er wehrte aber den Angriff von Norwegens Superstar Johannes Thingnes Bö ab und sicherte so Bronze. Nach 4x6 Kilometern hatte das DSV-Team nach elf Nachladern 1:18,4 Minuten Rückstand auf die überlegenen Franzosen. Zweiter wurde Tschechien, Bö war am Ende nur noch 2,7 Sekunden hinter Strelow.
Zuletzt hatten am 7. März 2019 Vanessa Hinz, Denise Herrmann-Wick, Arnd Peiffer und Benedikt Doll, die alle nicht mehr aktiv sind, in Östersund Silber geholt. Für Nawrath war es einen Tag vor seinem 32. Geburtstag das wohl schönste vorzeitige Geschenk.
Bundestrainer drückt die Daumen
Kurz vor dem Rennen hatten unter anderem Bundestrainer Julian Nagelsmann und Fußball-Stars wie Manuel Neuer und Thomas Müller in einer Videogrußbotschaft dem Team viel Glück gewünscht. "Meine Mutter ist Biathlon-vernarrt, ich schaue es auch sehr viel. Und ich möchte, dass sie gut gelaunt ist...gebt Gas", sagte Biathlon-Fan Nagelsmann.
Zudem ging der Poker mit Strelow als letztem Läufer auf, denn eigentlich kann er in der Loipe nicht mit der Weltspitze mithalten. Aber weil er liegend nur 18 Sekunden und stehend nur 19 Sekunden brauchte, holte er die entscheidenden Sekunden heraus.
Und auch das Material passte bei deutlichen Plusgraden und einer dadurch immer tiefer werdenden Loipe. "Unser Material war richtig gut", sagte Grotian, die mit ihren Teamkollegen erstmals in dieser Aufstellung am Start war. Bei der vergangenen WM in Nove Mesto waren die bei solchen Bedingungen damals nicht konkurrenzfähigen Skier noch das alles überlagernde Thema gewesen.
Vor 7500 Zuschauern in der Roland Arena im Kanton Graubünden auf gut 1400 Metern Höhe brauchte Grotian insgesamt vier Nachlader. "Ich hatte schon den ganzen Tag Kopfweh. Es tut mir wahnsinnig leid fürs Team, dass ich da nicht sauber durchgekommen ist", sagte die Bayerin, die dennoch die schnellste Startläuferin war.
Franzosen sind eine Klasse für sich
Sie schickte Preuß mit 19,6 Sekunden Rückstand hinter Spitzenreiter Frankreich ins Rennen. Während ihre Dauerrivalin Lou Jeanmonnot den Favoriten schon vorentscheidend auf Siegkurs brachte, musste Preuß zweimal nachladen. Zwar wuchs der Rückstand auf 55 Sekunden an, aber das DSV-Team war klar auf Medaillenkurs. "Es ist extrem hart heute, es war nicht ganz das Gelbe vom Ei", sagte Preuß, die ihr gutes Gleitgefühl im tiefen Schnee nicht ausspielen konnte.
Nawrath wackelte beim Stehendschießen. "Gott sei Dank habe ich die Strafrunde vermieden, das war das absolut Wichtigste", sagte er. So ging es für Strelow im Kampf um Silber und Bronze in einen Dreikampf am Schießstand mit Italien und Tschechien. Und der 28-jährige Sachse holte alles aus sich raus und wurde mit seinem Team belohnt.