2 weeks ago

Ärger im rechtsextremen Milieu: Die AfD wird ihr Krah-Problem nicht los



Die letzten Skandale von Maximilian Krah hat die AfD noch nicht ganz verdaut, da bahnt sich bereits neuer Zoff an. Ein ehemaliger Mitarbeiter verbreitet im Netz schwere Vorwürfe gegen ihn. Der Streit sorgt in der rechten Szene für Aufsehen - und stellt die Parteispitze vor ein Problem.

Videos sind sein Spezialgebiet. Kein Wunder also, dass Erik Ahrens genau weiß, wie man möglichst viel Aufmerksamkeit in den sozialen Medien für seine Botschaften bekommt. Mal mit wedelnder Zigarre, mal mit weißer Katze auf dem Schoß - der rechtsextreme Influencer startet gerade eine Schlammschlacht im Dunstkreis der AfD und unterfüttert seine schweren Vorwürfe mit skurrilen Videos. Ziel seiner Attacken: der AfD-Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah.

Ahrens zählte einst zum engsten Umfeld von Krah. Im Europawahlkampf war er für den Spitzenkandidaten der AfD ein wichtiger Berater und der kreative "Kopf" seiner Social-Media-Offensive. "Echte Männer sind rechts" und andere Videos gingen viral und machten Krah über Nacht zur politischen TikTok-Ikone von Rechtsaußen. In dem Clip von Juni 2023 gibt Krah, der acht Kinder mit mehreren Frauen hat, jungen Männern Dating-Tipps: "Jeder dritte junge Mann hatte noch nie eine Freundin. Du gehörst dazu?", fragt er in die Kamera. Dann schiebt er hinterher: "Schau keine Pornos, wähl nicht die Grünen, geh raus an die frische Luft, steh zu dir, sei selbstbewusst, guck geradeaus." Und: "Echte Männer sind rechts. Dann klappt es auch mit der Freundin."

Das Video schlug ein wie eine Bombe. Und Krah und Ahrens machten weiter. Durch den Erfolg erwarb Ahrens sich innerhalb des "Vorfelds", wie sich die Szene aus rechten Aktivisten, YouTubern und Identitären rund um die AfD selbst nennt, den Ruf des TikTok-Genies. Für Krah war der Internet-Erfolg lange sein größtes Ass im Ärmel. Trotz mehrerer Skandale im Wahlkampf ist er noch immer eine der bekanntesten und polarisierendsten Persönlichkeiten der AfD. Taucht er irgendwo auf, scharen sich die Anhänger um ihn. Auch dank der Videos, die Ahrens und er gedreht haben.

Anschuldigungen juristisch sensibel

Lange haben sich die beiden Männer gegenseitig zu Macht verholfen. Aber damit scheint es nun vorbei. Seit Monaten entfremdet sich Ahrens immer weiter von dem sogenannten "Vorfeld", dem Unterstützerkreis der AfD. Bereitwillig gibt er "SPIEGEL TV" Interviews, schießt auf X gegen seine alten Verbündeten und Europas Rechte, wie den völkischen Verleger Götz Kubitschek und den österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner. Dazu postet er Videos mit dem Titel "Wahrheit über den 2. Weltkrieg" und "Die Weltverschwörung". Jürgen Elsässer, Chef des rechten Mediums "Compact", welches das Innenministerium kurzzeitig verboten hat, bezeichnet er als "Volksverräter" und sagt, die Polizei hätte ihn "härter anfassen und mitnehmen sollen".

Gegen Krah holt er besonders weit aus. Neben bereits bekannten Vorwürfen, wie etwa, dass dieser Finanzspritzen aus Russland beziehe, kommen auch neue, juristisch hochsensible Anschuldigungen dazu. Für wenige seiner Vorwürfe legt Ahrens stichhaltige Beweise vor. Einer davon ist, dass Krah ihn angewiesen haben soll, gegen den Parteifreund René Aust vorzugehen. Aust wurde nach der Ausbootung von Krah im Europawahlkampf die neue Nummer eins der AfD-Delegation in Europa. Krah wurde nach der Wahl nicht in die Delegation aufgenommen und war dementsprechend bereits im vergangenen Sommer machtpolitisch in Brüssel isoliert.

"Ich bringe dein Ende"

Die Screenshots, die Ahrens postet, sollen zeigen, wie er zum Gegenangriff aufrief. Demnach soll Krah Ahrens darüber informiert haben, dass Aust ihn nicht in die Delegation aufnehmen wolle. Dann kommt der Befehl: "Ab 11 Uhr kann scharf geschossen werden." Möglich, dass Ahrens das Vorfeld mobilisieren und mit gezielter Stimmungsmache auf Social Media gegen Aust aufbringen wollte. Das funktionierte auch teilweise: Aust geriet massiv unter Kritik, doch einen bleibenden Effekt hatte das nicht.

In anderen Videos und Posts auf X und Instagram bezichtigt Ahrens Krah, er habe ungarische Schlägertrupps auf ihn gehetzt. Er habe "selbstredend keine Schläger geschickt", sagt Krah zu ntv. "Das ist bei dem vermutlich ein Schrei nach Liebe. Der will Aufmerksamkeit. Schon bitter." Er legt ntv Screenshots vor, die Ahrens ihm geschickt haben soll. Um 4 Uhr in der Nacht schreibt dieser demnach: "Warum wolltest du mir Schläger schicken?" Unverständnis bei Ahrens nach allem, "was wir zusammen erlebt haben". Die Nachrichten enden mit einem Versprechen - und einer Drohung. "Aber du kriegst mich nicht weg", schreibt Ahrens und legt dann nach: "Ich bringe dein Ende."

Dazu kommen weitere Behauptungen, die Ahrens auf seinen Social-Media-Plattformen von sich gibt: Krah sei "bestechlich" und "kokainsüchtig". Beweise dafür legt er keine vor, auch ntv liegen weder Beweise noch sonstige Informationen dazu vor. Krah streitet alle Vorwürfe ab. Das sei alles komplett frei erfunden, sagt er ntv. Er wolle sich das nicht gefallen lassen. Sobald er eine Zustelladresse habe, wolle er Ahrens anzeigen. Der toure aktuell wohnungslos durch Europa.

AfD-Spitze beobachtet Streit "angespannt"

Für die AfD ist der öffentlich ausgetragene Streit alles andere als erfreulich. Wieder bereitet Krah ihr Ärger. In der Parteispitze ist man seit einem Jahr damit beschäftigt, die Scherben aufzukehren, die der 48-Jährige immer wieder hinterlässt. Als Spitzenkandidat der Europawahl gab es Gerüchte um Bestechungszahlungen aus dem Ausland, ein Mitarbeiter wurde als chinesischer Spion enttarnt und dann verharmloste Krah noch die Verbrechen der SS im Zweiten Weltkrieg.

Seine Wähler scheinen die Skandale wenig beunruhigt zu haben. Mit 44 Prozent holt er die meisten Erststimmen im Wahlkreis Chemnitzer Umland - Erzgebirgskreis II und zog so mit großer Zustimmung in den Bundestag ein. Auch die neugewählte Bundestagsfraktion entschied sich für eine Aufnahme Krahs in die eigenen Reihen. Es gab aber auch keinen entschiedenen Gegner, der einen Ausschluss vorangetrieben hat. Selbst Alice Weidel hielt sich bedeckt, obwohl sie als entschiedene Gegnerin Krahs gilt.

Dabei haben viele in der Partei genau vor solch einem Szenario gewarnt. Bei der konstituierenden Sitzung konnte man unter vorgehaltener Hand hören, dass es für manche nur eine Frage der Zeit sei, bis es erneut knallen könnte. Dass solche Warnungen ignoriert wurden, fällt der Partei nun auf die Füße. An der Spitze beobachte man die Lage "angespannt", erfährt ntv aus der Partei. Andere behaupten betont locker: Das sei etwas, "dass Ahrens und Krah miteinander klären müssen".

Trotzdem steht man in der AfD wieder vor der Frage, wie man mit Krah und den Vorwürfen gegen seine Person umgehen soll. Egal ob die Vorwürfe stimmen oder nicht, für den AfD-Politiker sind sie ein Problem. Noch gibt es in der Fraktion niemanden, der sich öffentlich gegen Krah stellt. Doch die Unruhe um seine Person könnte dafür sorgen, dass sich das bald ändert.

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved