1 day ago

Analyse: China stoppt Export seltener Erden: Handelskrieg bedroht globale Industrien



China dreht den Rohstoffhahn zu: Seltene Erden und Magnete verschärfen den Handelskrieg. Ohne diese Rohstoffe droht der Auto-, Tech- und Rüstungsindustrie der Stillstand.

Der Handelskrieg zwischen den USA und China nimmt an Schärfe zu. Peking schlägt nun dort zu, wo es schmerzt. China hat den Export wichtiger Mineralien und Magnete eingestellt. Sechs schwere seltene Erden, die ausschließlich in China verarbeitet werden, sowie Magnete, die weltweit zu 90 Prozent aus chinesischer Produktion stammen, dürfen nur noch mit speziellen Exportlizenzen verschifft werden.

China zentraler Rohstofflieferant

Dass China die Werkbank der Welt ist und unzählige Güter exportiert, ist allgemein bekannt, auch wenn nicht jeder weiß, dass viele Produkte westlicher Marken in China gefertigt werden. Weniger geläufig ist jedoch, dass Peking auch ein bedeutender Lieferant von Rohstoffen ist. Magnete und seltene Erden sind unverzichtbar für alles, was mit Elektronik zu tun hat. Chinesische Magnete treiben Elektromotoren in Elektroautos, Drohnen, Robotern, Raketen und Raumschiffen an. Ohne diese Lieferungen geraten die Automobil-, Luftfahrt-, Halbleiter- und Rüstungsindustrie in Bedrängnis.

Der Exportstopp, der am 4. April begann, war eine direkte Antwort auf die hohen Zölle, die Präsident Trump am 2. April verhängte. China kontrolliert nicht nur 60 Prozent der weltweiten Förderung seltener Erden, sondern auch 93 Prozent ihrer Verarbeitung. Langfristige Verträge binden Minen außerhalb Chinas an die Volksrepublik.

Peking nutzt sein Blatt gegen Trump

Diese Maßnahme durchkreuzt die Pläne der Trump-Regierung, mit Zöllen geschickt zu taktieren. Die Zölle wurden mit großem Aufheben eingeführt und richteten sich gegen nahezu alle Produkte und Länder weltweit. Nach anfänglichem Aufruhr begann die USA, das System flexibel zu nutzen: Zölle wurden verschoben, für einzelne Länder oder Produkte ausgesetzt. Offenbar glaubte man im Weißen Haus, dass unverzichtbare Güter und Rohstoffe, die für die angestrebte Reindustrialisierung der USA nötig sind, durch solche Anpassungen weiterhin problemlos importieren zu können. Diese Hoffnung hat China zunichtegemacht. Seltene Erden sind weniger im Fokus als Rohöl, doch für die Weltwirtschaft ebenso entscheidend. Ohne Magnete lassen sich beispielsweise keine Elektromotoren für E-Autos bauen. Die Vorräte der Unternehmen sind unterschiedlich groß, könnten einen längerfristigen Ausfall Chinas aber kaum abfedern. Elektromobilität, KI und erneuerbare Energien treiben den Bedarf an seltenen Erden weiter in die Höhe.

Teure Alternativen

Der Westen sucht deshalb nach Alternativen. Es gibt durchaus Vorkommen, etwa in Australien, und in Europa birgt Schweden mit einem riesigen Fund in Kiruna großes Potenzial. Auch Länder wie Südafrika kommen infrage. Doch eine Produktion lässt sich nicht in wenigen Monaten aufbauen oder ausweiten. Zudem können die meisten Vorkommen mit den derzeit niedrigen Weltmarktpreisen kaum konkurrieren. Selbst wenn der Westen seine Abhängigkeit von China überwindet, werden die Kosten steigen. Höhere Preise für seltene Erden könnten Elektronik, Autos und andere Produkte verteuern und weltweit die Inflation anheizen, besonders in importabhängigen Ländern. Während westliche Firmen mit Lieferengpässen ringen, könnten chinesische Hersteller wie BYD dank gesicherter Rohstoffe Marktanteile gewinnen. Das würde westliche Endprodukte zusätzlich verteuern.

Rüstungsindustrie auch betroffen

Wie sich der Bann seltener Erden genau auswirkt, bleibt unklar. Vermutlich wird China die Exportlizenzen nach politischen Kriterien vergeben. Verbündete oder "neutrale" Staaten könnten bevorzugt beliefert werden, feindselige hingegen leer ausgehen. In den USA verschärft Peking die Lage, indem es immer mehr Unternehmen, vor allem aus der Rüstungsbranche, auf Sanktionslisten setzt. Nur ein Beispiel: Ohne Magnete und Elektromotoren gibt es keine Drohnenschwärme für das Militär. Die Bedeutung schwerer seltener Erden wie Dysprosium und Terbium für Waffen- und Radarsysteme verdeutlicht die Abhängigkeit von China.

China kontrolliert 99 Prozent der schweren seltenen Erden und 90 Prozent der jährlichen 200.000 Tonnen seltener Erden-Magnete. Diese Magnete sind weit leistungsfähiger als Eisenmagnete und behalten ihren Magnetismus dauerhaft. Die Firma JL Mag in Ganzhou beliefert Tesla und BYD mit Hochleistungsmagneten, die 15-mal stärker als Eisenmagnete sind. Mit diesen Rohstoffen lassen sich etwa Dauermagnete für Magnetschwebebahnen entwickeln, deren Magnetkissen keinen Strom verbrauchen. Kaum vorstellbar, wie solche Technologien außerhalb Chinas entstehen könnten.

Chinas Rache

Dass Peking mit seltenen Erden ein starkes Druckmittel besitzt, ist längst bekannt. Wirtschaftlich kann China den Export dieser Rohstoffe beliebig lange einschränken, besonders wenn dies nur westliche Staaten betrifft. Aus Pekings Sicht ist das ein ideales Mittel der "Vergeltung". Europa und die USA drängen chinesische E-Autos mit Strafzöllen vom Markt? Dann sollen sie ihre Fahrzeuge ohne chinesische Rohstoffe bauen. Die USA verbieten den Export von Hochleistungs-KI-Chips? Wozu soll Peking dann Rohstoffe für deren Produktion liefern oder gar der westlichen Rüstungsindustrie helfen?

Grönland und Kanada im US-Fokus

Der Westen kann Alternativen schaffen, doch das wird Zeit kosten und die Preise erhöhen. Für Endprodukte, die mit chinesischen Erzeugnissen weltweit konkurrieren müssen, ist dies ein Nachteil. Der Exportbann lenkt zudem den Blick auf Donald Trumps Interesse an Kanada und Grönland. Besonders Grönland verfügt über reiche, unerschlossene Vorkommen schwerer seltener Erden, die für Industrie und Rüstung unverzichtbar sind. Projekte wie die Kvanefjeld-Mine bieten enormes Potenzial, stoßen jedoch auf Hindernisse durch strenge Umweltauflagen, da der Abbau oft radioaktive Nebenprodukte wie Uran hinterlässt. Hinzu kommen politische Spannungen, da Grönland seine Autonomie verteidigt und ausländische Investitionen kritisch prüft. Dennoch sieht Trump in diesen Ressourcen eine Chance, die Abhängigkeit von China zu brechen. Sollten die USA sich Zugang zu diesen Vorkommen sichern, etwa durch wirtschaftlichen oder diplomatischen Einfluss, könnten sie langfristig unabhängiger werden.

Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved