Jemanden abwertend als "Putin-Versteher" zu betiteln, findet Altkanzlerin Angela Merkel nicht in Ordnung. Man müsse den Diskurs über Russlands Interessen zulassen.
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine abwertende Verwendung des Schlagworts "Putin-Versteher" grundsätzlich ab.
"Zu verstehen, was (Russlands Präsident Wladimir) Putin macht, sich in ihn hineinzuversetzen, ist nicht falsch", sagte Merkel der "Berliner Zeitung". Dies sei eine grundlegende Aufgabe der Diplomatie und etwas anderes als Putin-Unterstützer.
"Es gibt keinerlei Entschuldigung dafür, dass er ein anderes Land überfällt. Aber den Diskurs über die Interessen Russlands muss man zulassen." Der Vorwurf "Putin-Versteher" sei ein Totschlagargument.
Merkel traf mehrfach mit Putin zusammen
Ihrer Wahrnehmung nach gehe es Putin sehr um Anerkennung – "gerade von Amerika". Dieses Denken komme noch aus der Zeit des Kalten Krieges. Für Putin seien die relevanten Größen nicht Deutschland oder die Europäische Union, sondern die USA.
Merkel war von 2005 bis 2021 die erste Bundeskanzlerin der deutschen Geschichte. In dieser Zeit traf sie mehrfach mit Putin zu Verhandlungen zusammen.
Merkel fordert außerdem eine Mitwirkung der internationalen Partner der Ukraine in einem möglichen Friedensprozess ein. "Wann die Stunde der Diplomatie geschlagen hat, kann nicht allein Präsident Selenskyj entscheiden, sondern die Ukraine nur gemeinsam mit ihren Unterstützern", sagte Merkel der "Berliner Zeitung" mit Blick auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Sie fügte hinzu: "Denn wir als Freunde der Ukraine gehen ja auch ins Risiko für die Ukraine."
Den Streit von US-Präsident Donald Trump mit Selenskyj im Weißen Haus vor zwei Wochen hat Merkel nach eigener Aussage als bedrückend empfunden. "Ich hätte diese Begegnung so lieber nicht gesehen, zumal wenn man bedenkt, dass sie auch in ganz Russland gesehen wurde, auch von Präsident Putin", sagte sie mit Blick auf Kreml-Chef Wladimir Putin.