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AfD-Kanzlerkandidatin: Weidel wählt per Brief und ignoriert Warnungen von Chrupalla



Alice Weidel ist nicht zur Stimmabgabe in ihren Heimatwahlkreis gereist. Mit der Briefwahl tritt sie auch dem Co-Parteichef auf die Füße. Und sorgt für neue Diskussionen.

Alice Weidel hat nach Informationen von ntv und stern bereits vor Tagen ihre Wahlunterlagen für die Bundestagswahl 2025 abgegeben. Die AfD-Kanzlerkandidatin verzichtete auf eine Stimmabgabe im Wahllokal und wählte stattdessen per Brief. "Frau Weidel musste sich für die Briefwahl entschieden, da sie sich heute lange vor der ersten Prognose mit ihrem Team in Berlin austauschen wird und die Entfernung zwischen Überlingen am Bodensee und der Hauptstadt sehr weit ist", so der Sprecher von Alice Weidel. 

Die meisten Spitzenkandidaten geben ihre Stimme per Briefwahl ab. Doch bei Weidel ist das aus gleich zwei Gründen bemerkenswert.

Alice Weidel ignoriert Chrupallas Warnungen

Zum einen ignoriert Weidel die Warnungen ihres Co-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla, der immer wieder Zweifel an der Briefwahl säht. Noch im September, nach der Landtagswahl in seinem Heimatbundesland Sachsen, forderte Chrupalla: "Ich würde die Briefwahl wieder verbieten." 

Der AfD-Chef zweifelte an der rechtssicheren Aufbewahrung von Wahlunterlagen und witterte Beeinflussung beim Ausfüllen des Wahlzettels. "Es ist nur als Ausnahme in der Bundesrepublik Deutschland initiiert worden und sollte nicht zur Regel werden", so Chrupalla. Weidel scheint das egal zu sein.

Anders als von Chrupalla behauptet, gibt es keine Beweise für eine Manipulation der Briefwahl bei den ostdeutschen Landtagswahlen zum Nachteil der AfD und anderer rechter Parteien. Tatsächlich wurden laut der Generalstaatsanwaltschaft Dresden insgesamt 126 Briefwahl-Stimmzettel zugunsten der rechtsextremen Partei "Freie Sachsen" manipuliert. 

Der Zweifel an der Briefwahl und dessen Glaubwürdigkeit ist nicht nur in Deutschland ein Mittel von Rechts, um den Ausgang von Wahlen in Frage zu stellen. In Österreich forderte die rechtspopulistische FPÖ Wähler ebenfalls auf, nur persönlich im Wahllokal abzustimmen. In den USA verbreitete Donald Trump im Präsidentschaftswahlkampf 2020 massive Zweifel an der Sicherheit der Briefwahl.

Dass Weidel ihre Stimme per Brief und nicht in ihrem Wahlkreis "Bodensee" abgibt, dürfte, auch in ihrer eigenen Partei, für neue Diskussionen um ihren Wohnort sorgen. Weidel wohnt mit ihrer Lebensgefährtin und zwei Kindern in Einsiedeln in der Schweiz. Ihr Arbeitsort ist Berlin. Gemeldet ist sie in Überlingen am Bodensee. 

Ein ZDF-Kamerateam traf Weidel genau dort und stellte ihr die Frage, wie oft sie im vergangenen Jahr dort übernachtete habe. "Oh, ganz, ganz, ganz oft", antwortete Weidel. Eine genaue Anzahl wollte sie nicht nennen. Auch wie viele Menschen in ihrem Heimatkreis leben konnte sie nicht beantworten.

Alice Weidel nennt Überlingen ihren "Hauptwohnsitz"

Trotzdem sagte sie: "Überlingen ist auch mein Zuhause." Sie sprach von ihrem "Hauptwohnsitz". Anschließend brach sie das Interview ab. "Ich habe jetzt keine Lust mehr", zeterte Weidel. Ein Wahlkreisbüro in Überlingen hat sie nicht. Sie begründete das damit, dass ihr aus Angst vor Anschlägen auf die AfD niemand Büroflächen vermieten würde.

Schon bei der Verkündung ihrer Kanzlerkandidatur wurde Weidel auf ihren Wohnsitz angesprochen. Auf die Frage, wie ihr Leben in der Schweiz zum Wahlkampfslogan "Zeit für Deutschland" passe, antwortete sie im Dezember dünnhäutig. "Ich habe zwei Wohnsitze, vielleicht habe ich auch mehrere. Haben andere Politiker auch", fuhr sie den Fragesteller an. 

Im Quadrell von RTL, ntv und Stern bohrte Moderator Günther Jauch am Abend erneut bei der Wohnsitzfrage nach. Weidel blieb bei ihrer Version: Ihre Frau habe ihren Wohnsitz in der Schweiz, sie selbst sei in Deutschland gemeldet und habe hier ihren Wohnsitz. "Meine Frau im Übrigen auch, die Kinder auch", fügte sie dann auch noch hinzu. Im Anschluss fragte Jauch, ob Weidel auf alle ihre Einkünfte die Steuern in Deutschland zahle. "Aber natürlich, weil ich das muss", antwortete die AfD-Chefin.

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