Erneut gibt es weniger Aktionäre in Deutschland: Die Zahl ist im zweiten Jahr in Folge gesunken, hält sich aber über der Zwölf-Millionen-Marke. Ist die Börseneuphorie schon wieder dahin?
Die Zahl der Aktionäre in Deutschland ist im zweiten Jahr in Folge geschrumpft. Gut 12,1 Millionen Menschen hatten im Jahresdurchschnitt 2024 hierzulande Aktien, Aktienfonds und/oder börsengehandelte Indexfonds (ETFs) im Depot, wie das Deutsche Aktieninstitut (DAI) mitteilte. Gemessen an der hiesigen Bevölkerung ab 14 Jahren war den Berechnungen des Aktieninstituts zufolge 2024 etwa jeder Sechste (17,2 Prozent) am Aktienmarkt engagiert.
Ein Jahr zuvor waren es mehr als 12,3 Millionen. Im Jahr 2022 war mit fast 12,9 Millionen Aktionärinnen und Aktionären ein Rekordhoch erreicht worden. Dass die Aktionärszahl wieder gesunken ist, erklärt das Aktieninstitut unter anderem mit Zurückhaltung bei der Geldanlage wegen der unsicheren wirtschaftlichen Lage und gestiegenen Sparzinsen, die andere Anlagen wieder attraktiver gemacht haben.
Deutsche sind bei Anlage risikoscheu
Aus Sicht des Aktieninstituts ist der positive Trend trotz des Rückgangs ungebrochen. Dass sich die Zahl fünf Jahre in Folge über der Zwölf-Millionen-Marke gehalten hat, zeige, dass "das Verständnis über die Bedeutung von Aktien, Aktienfonds und ETFs für die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau in Deutschland zugenommen hat", sagt Institutschefin Henriette Peucker.
Doch ganz eindeutig ist der Trend nicht: Denn die Deutschen gelten als risikoscheu - und ausweislich einer Kantar-Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) hat das Sicherheitsbedürfnis sogar noch zugenommen. Nur knapp jeder fünfte (19 Prozent) der im Dezember befragten 1.003 Erwachsenen zeigte sich offen dafür, künftig ein höheres Anlagerisiko einzugehen, um damit gegebenenfalls auch mehr aus seinem Geld zu machen. Bei der Umfrage ein Jahr zuvor waren es noch 33 Prozent.
Dabei könnten Sparer hierzulande mit mehr Know-How mehr aus ihrem Geld machen, meint Thomas Schaufler, Privatkundenvorstand der Commerzbank: "Von einer Anlagekultur wie etwa in den USA sind wir in Deutschland noch weit entfernt." Traditionell lassen Deutschlands Sparerinnen und Sparer gewaltige Summen unverzinst auf dem Girokonto liegen oder parken das Geld auf Tagesgeldkonten.
Jüngere sind an der Börse aktiver
Tatsächlich sind Tages- und Festgeld wieder lukrativer geworden, seit die Europäische Zentralbank im Sommer 2022 ihre Politik der Null- und Negativzinsen beendet hat. Doch die Konditionen sind bereits wieder schlechter geworden, weil die EZB die Leitzinsen, an denen sich Banken orientieren, wieder deutlich gesenkt hat. So sparen viele Deutsche zwar wie die Weltmeister, doch abzüglich der Inflation wird das Geld in vielen Fällen nicht mehr, sondern weniger.
Einer Hochrechnung der DZ Bank zufolge sind gut ein Drittel (36,8 Prozent) der 9,3 Billionen Euro Geldvermögen, das die privaten Haushalte hierzulande 2024 anhäuften, Bargeld und Einlagen wie Tagesgeld: 3.435 Milliarden Euro. Aktien machen mit 880 Milliarden Euro 9,4 Prozent der Gesamtsumme aus. Hoffnung macht dem Aktieninstitut die Entwicklung bei den Jüngeren: Gegen den Trend erhöhte sich in der Altersklasse der unter 40-Jährigen die Zahl der Aktienanleger 2024 nach einem Rückgang ein Jahr zuvor wieder um 150.000 auf 3,7 Millionen.
Das Deutsche Aktieninstitut fordert darum Impulse der Politik für die Aktie als Altersvorsorge. Seit Jahren wird in Deutschland darüber diskutiert, wie man die Aktienkultur stärken kann. Doch der Start eines sogenannten Generationenkapitals, das die gesetzliche Rente mit Aktienrenditen stärken sollte, fiel dem Ampel-Aus zum Opfer - nun ruhen die Hoffnungen auf einer neuen Bundesregierung.