Nach der gescheiterten Sondierung zwischen CDU, SPD und BSW in Sachsen teilt zunächst Ministerpräsident Kretschmer gegen die junge Partei aus. Deren Chefin Wagenknecht poltert zurück: Man wolle keine Machtreserve sein für Parteien, die das Wahlergebnis nicht verstanden hätten.
Sahra Wagenknecht sieht nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche in Sachsen die Verantwortung bei den anderen Parteien. "CDU und SPD haben leider das Wahlergebnis nicht verstanden", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". "Das BSW ist nicht die letzte Machtreserve für ein Weiter-so, sondern dafür gewählt worden, echte Veränderung in einer soliden Regierung zu ermöglichen: für Frieden, bessere Bildung, einen Stopp der unkontrollierten Migration, innere Sicherheit und Meinungsfreiheit. Wenn diese Ziele an der Blockade der anderen Parteien scheitern, ist unser Platz in der Opposition."
Damit bleibt das BSW bei dem, was es in den vergangenen Tagen immer wieder deutlich gemacht hat: Regieren will die Partei nur, wenn sie bei den für das Bündnis so wichtigen Themen wie der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen oder Waffenlieferungen an die Ukraine ein deutliches Entgegenkommen der anderen Parteien erwarten kann.
Zuvor war bekannt geworden, dass die Sondierungen gescheitert sind. Die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen, wie das BSW mitteilte. Man habe sich bei der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen nicht einigen können. Hauptknackpunkt sei aber die sogenannte "Friedenspräambel", auf die das BSW besonderen Wert gelegt hatte. Seit Wochenbeginn wurde über den Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gesprochen.
BSW will "Bündnisverpflichtungen" streichen
Nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" ging es besonders um folgende Textpassage: "Wir stimmen darin überein, dass für Frieden und Sicherheit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes und unsere Bündnisverpflichtungen von großer Bedeutung sind und die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss." Die genannten Bündnisverpflichtungen - also gegenüber der NATO - wollte das BSW offenbar nicht mittragen. In einem eigenen Entwurf der "Friedenspräambel" fehlt genau dieser Halbsatz.
Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU gab die Schuld am Scheitern der Sondierung Sahra Wagenknecht höchstselbst. "Dass Frau Wagenknecht ihren sächsischen Leuten so die Beine stellt, ist keine gute Entwicklung", sagte er und sprach von einer großen Enttäuschung. Er finde das für Sachsen sehr schade. Kretschmer zufolge kam der Abbruch der Sondierung überraschend. "Das haben wir so nicht gesehen." Diese Entscheidung sei keine, die jemand in Sachsen getroffen habe. Die Entscheidung sei in Berlin gefallen.
Damit ist gut zwei Monate nach der Landtagswahl die Frage einer künftigen Regierung in Sachsen vollkommen offen. Dort sind die Mehrheitsverhältnisse im Landtag äußerst schwierig. Die CDU gewann die Wahl am 1. September knapp vor der AfD. Um mit einer stabilen Mehrheit weiterregieren zu können, wäre die CDU eigentlich auf das BSW angewiesen. Eine Dreierkoalition aus CDU, SPD und Grünen hätte keine Mehrheit - zumal Kretschmer eine neue Koalition mit den Grünen bereits vor der Landtagswahl ausgeschlossen hat. Eine Kooperation mit der Linken ist der CDU aufgrund eines Unvereinbarkeitsbeschlusses nicht möglich.
Schon der in Thüringen ausgehandelte Kompromiss hatte der BSW-Bundesspitze nicht gereicht und für reichlich Ärger gesorgt. In einem Beschluss des Bundesvorstands zu den im Thüringer Sondierungspapier festgehaltenen Ergebnissen hieß es bereits: Sollten sich CDU und SPD nicht bereit zeigen, sich bei den für das BSW "wichtigen Fragen zu bewegen, sollten wir darauf verzichten, in eine gemeinsame Regierung einzutreten". Das macht das BSW nun in Sachsen.