Die parteipolitischen Vorlieben von Gründern bleiben stabil, zeigen die Ergebnisse des Start-up-Monitors. Trotzdem verlieren die Regierungsparteien, für AfD und BSW gibt es kaum Zustimmung.
Die Start-up-Branche hat keine einfachen Jahre hinter sich: Gestiegene Zinsen und Energiepreise, ein Bürokratiedschungel und eine stagnierende Wirtschaft haben die Stimmung bei Gründerinnen und Gründern in Deutschland abkühlen lassen. Laut einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ist das Interesse an Firmengründungen sogar auf den tiefsten Stand seit 2010 gefallen.
Trotzdem bleiben Gründerinnen und Gründer, die an der Befragung des Deutschen Start-up-Verbands zur politischen Sonntagsfrage teilgenommen haben, bei ihren parteipolitischen Präferenzen stabil. Die Regierungsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verlieren dabei zusammen 11,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Anders als in der Gesamtbevölkerung finden AfD und BSW kaum Zustimmung. Die Ergebnisse im Detail:
Grüne weiter vorne, Union und Volt Gewinner
Mit 41,3 Prozent setzen sich die Grünen klar an die Spitze. Damit bleiben sie bei Gründern im Start-up-Monitor die mit Abstand stärkste Kraft, verlieren jedoch im Vergleich zum Vorjahr 4,9 Prozentpunkte. Damit sinkt ihre Beliebtheit das zweite Jahr in Folge, 2022 hatten sie bei der Befragung sogar erstmals die absolute Mehrheit erreicht.
Dahinter folgt die FDP mit 21,4 Prozent und einem Verlust von 5 Prozentpunkten. Im Vergleich zum Bundestagswahljahr 2021 verliert sie sogar 10,1 Prozentpunkte, 2018 war sie noch beliebter als die Grünen.
Aber es gibt bei der diesjährigen Befragung auch Gewinner. Einer ist die Union aus CDU/CSU, die mit 15,8 Prozent und einem Plus von 4 Prozentpunkten drittstärkste Kraft ist. Auf Platz vier folgt die Pro-Europa-Partei Volt mit 6,7 Prozent. Mit 5,2 Prozentpunkten ist sie stärkster Gewinner in der Befragung des Start-up-Monitors.
Der Start-up-Verband führt diese Befragung seit 2013 jährlich in Deutschland durch. Sie liefert den wohl größten Stimmungstest der Branche, ist allerdings nicht repräsentativ. Diesen Sommer nahmen mehr als 1800 Gründer und Geschäftsführende teil.
SPD abgeschlagen, AfD und BSW nicht im Bundestag
Abgeschlagen ist 2024 die Kanzlerpartei SPD, die es mit 5,5 Prozent gerade so über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen würde. Sie verliert insgesamt aber nur leicht, da sie bei Start-up-Gründern schon in der Vergangenheit keine besonders große Zustimmung gefunden hat.
"Die Ergebnisse der Start-up-Umfrage enttäuschen mich, aber ich bin mir sicher, dass wir als SPD noch mehr Gründerinnen und Gründer überzeugen können und setze mich dafür ein", sagt Verena Hubertz zu Capital. Sie ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag und hat vorher die Plattform Kitchenstories mitgegründet. "Die Sozialdemokratie passt eigentlich sehr gut zur Start-up-DNA, denn sie bedeutet für mich Aufstiegs- und Chancengerechtigkeit – unabhängig vom Elternhaus oder Bildungsstand", sagt Hubertz.
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Tatsächlich sind Gründer aber oftmals besser gebildet als der Rest der erwerbstätigen Bevölkerung. Das könnte auch die Umfrageergebnisse für AfD und BSW erklären. Beide schaffen es im Start-up-Monitor nicht über die Fünf-Prozent-Hürde: Die als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte AfD kommt auf 3 Prozent, das BSW auf 1,4 Prozent.
Populistische Parteien sind laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) meist dort erfolgreich, wo der Altersdurchschnitt hoch ist und die Einkommen und Bildung niedrig sind. Unter Gründern liegt der Akademikeranteil dem Start-up-Verband zufolge aber bei 85 Prozent und ist damit überdurchschnittlich hoch. In der Gesamtbevölkerung hat laut Bundesagentur für Arbeit nur ein Viertel der Erwerbstätigen einen akademischen Abschluss.
Finanzierung und Zuwanderung wichtige Themen für Start-ups
Andere Parteien dürften außerdem eher die Themen adressieren, die für Start-ups politisch relevant sind. Dazu gehören vor allem Fragen rund um Finanzierung und Innovation, aber auch "Fachkräftezuwanderung, gesellschaftliche Offenheit und Nachhaltigkeit", heißt es im Start-up-Monitor. Das werde auch im Wahlverhalten deutlich.
AfD und BSW sind zudem vor allem in den ostdeutschen Bundesländern erfolgreich. Die meisten Start-ups wurden dieses Jahr aber in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern gegründet, gibt die Datenbank Start-up-Detector an. Mecklenburg-Vorpommern landet hingegen auf dem letzten Platz, auch Thüringen und Sachsen-Anhalt sind unter den letzten fünf.
Die Umfrage der DIHK unterstreicht jedoch, dass aktuell in der gesamten Republik wenige Menschen motiviert sind, ein Unternehmen zu gründen. Mindestens 2010 war das Interesse daran zum letzten Mal so gering wie heute. Grund dafür sind dem Verband zufolge enorm gestiegene Betriebskosten und das Dickicht bürokratischer Regelungen, die die Lust am Unternehmertum mindern.
Auch der Gründungsstandort Deutschland wird in der Umfrage wiederholt schlechter bewertet, mit einer Schulnote von durchschnittlich 3,6. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass schnellere und einfachere Regularien nötig seien. Zwei Drittel sprachen sich für ein einfacheres Steuerrecht aus, außerdem gab es laut der DIHK Forderungen nach einem besseren Zugang zu öffentlichen Fördermitteln und nach niedrigeren Energiepreisen.