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Kurz vor einer möglichen Waffenruhe greift Israels Luftwaffe Ziele in der libanesischen Hauptstadt Beirut an. Während Bodentruppen bis an den Fluss Litani vorstoßen, richtet Verteidigungsminister Katz eine Warnung an die Hisbollah.
Kurz vor den geplanten Beratungen des israelischen Sicherheitskabinetts über eine Waffenruhe im Libanon sind mehrere Bezirke von Beirut von israelischen Luftangriffen getroffen worden. Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten von Einschlägen im Süden der Hauptstadt, einem libanesischen Regierungsvertreter zufolge wurde auch ein Ziel im Zentrum getroffen. Die israelische Armee sprach von Angriffen auf mit der Hisbollah in Verbindung stehende Ziele in der Region Beirut. Zuvor hatte sie Evakuierungsaufrufe für 20 Gebiete im Süden von Beirut veröffentlicht. Laut Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden mindestens drei Menschen getötet und mindestens 26 weitere verletzt.
Im Süden des Libanon griff die israelische Armee nach eigenen Angaben rund 30 Hisbollah-Ziele an. Darunter seien Stellungen zum Abfeuern von Geschossen auf Israel, "Terrorinfrastruktur" sowie Kommandozentren der Miliz gewesen. Zudem nahm die israelische Armee nach eigenen Angaben Razzien in der Gegend um den Fluss Litani vor. Die Soldaten seien gegen mehrere "Terrorziele" vorgegangen, zudem hätten sie sich "Nahkämpfe mit Terroristen geliefert" und "Dutzende von Abschussvorrichtungen, Tausende von Raketen und Flugkörpern sowie in den Bergen versteckte Waffenlager" lokalisiert und zerstört.
Der im Südlibanon 30 Kilometer nördlich von Israel verlaufende Fluss Litani hat im Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah große strategische Bedeutung: Das erklärte Ziel Israels ist es, die pro-iranische Miliz in das Gebiet nördlich des Flusses zurückzudrängen. Die nach dem Libanonkrieg 2006 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 1701 sieht vor, dass die Hisbollah sich hinter den Fluss zurückzieht; diesen Rückzug sicherzustellen, gehört seither zu den erklärten Aufgaben der UN-Friedensmission Unifil. Die Hisbollah blieb ungeachtet dessen im libanesisch-israelischen Grenzgebiet.
In den vergangenen Tagen hatten sich in dem Konflikt die Anzeichen auf eine möglicherweise bevorstehende Einigung auf eine Waffenruhe verdichtet. Die stellvertretende israelische Außenministerin Scharren Haskel sagte, das israelische Sicherheitskabinett wolle "heute Nachmittag" zusammentreten, um darüber zu beraten. Verteidigungsminister Israel Katz warnte bereits vorab, dass Israel Verstöße gegen eine mögliche Waffenruhe ahnden werde.
"Wir werden gegen jede Bedrohung vorgehen, jederzeit und überall", sagte Katz nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit der UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert. "Jedes Haus im Süden Libanons, das neu aufgebaut und in dem eine Terrorbasis eingerichtet wird, wird zerstört." Außerdem werde man gegen jegliche Wiederaufrüstung der Hisbollah und jeden Versuch des Waffenschmuggels vorgehen. "Jegliche Bedrohung unserer Truppen oder der Bürger Israels wird sofort zerstört." Er betonte, die israelische Regierung werde "null Toleranz" gegenüber Verstößen gegen eine Waffenruhe zeigen.
Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober hatte die mit der islamistischen Palästinenserorganisation verbündete Hisbollah mit regelmäßigen Raketenangriffen vom Süden des Libanon aus eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel seinerseits Hisbollah-Ziele im Nachbarland. Seit September hat die israelische Armee ihre Angriffe deutlich verstärkt, zudem startete sie Ende September Bodeneinsätze im Süden des Libanon.