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Video-Podcasts: Ein absolut überflüssiger Hype!



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Video-Podcasts Hype Kolumne Kritik

Seit einiger Zeit gibt es einen großen Hype rund um Video-Podcasts. Diese Formate zeigen in Podcatchern wie Spotify oder Apple Podcast neben der Audiospur auch bewegte Bilder. Ich halte das für überflüssig. Warum? Eine Kolumne von Valerie Wagner.

Spotify gab im November 2024 bekannt, mehr als 300.000 Video-Podcasts zu hosten. Das sind gerade einmal fünf Prozent der auf der Streaming-Plattform insgesamt verfügbaren Podcasts. Laut einer OMR-Umfrage aus dem Jahr 2024 in Zusammenarbeit mit Appinio bevorzugen nur 35 Prozent der Hörer Video-Podcasts. Noch deutlicher: Nur 17 Prozent geben an, sie regelmäßig zu konsumieren. Warum also der ganze Aufwand?

Video-Podcasts: Lohnt sich das?

Video-Podcasts sind umständlich zu produzieren, erfordern zusätzliche Kameras, Licht und Schnittsoftware – und das alles, um Nutzer zu bedienen, die ohnehin lieber das klassische Audioformat genießen. Was einst ein reines Hörerlebnis war, wird zunehmend mit visuellen Elementen überfrachtet.

Plattformen wie Spotify verkaufen diese Entwicklung als Fortschritt. Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich: Der Mehrwert bleibt gering, die Produktion wird aufwendiger und die Vorteile des klassischen Audio-Formats geraten in den Hintergrund.

Audio-Podcasts: Das ideale Nebenbei-Medium

Podcasts sind für mich ein auditives Medium. Punkt. Laut Definition ist ein Podcast ein Medienformat, bei dem es sich „meist um eine Serie von abonnierbaren Audiodateien, seltener Videodateien im Internet …“.

Ein gutes Audio-Format kann uns fesseln, ohne dass wir dabei auf einen Bildschirm starren müssen. Denn unser Gehör ist unser differenziertester Sinn: Es erkennt Zwischentöne, berührt uns mit Musik und beruhigt uns mit Stimmen. Was ich an einem Podcast schätze und was sein größter Vorteil ist: die Möglichkeit, ihn unterwegs zu hören – beim Kochen, Putzen oder Autofahren, ohne von einem Bildschirm abgelenkt zu werden.

Video-Podcasts erfordern einen höheren Produktionsaufwand. Es reicht nicht, nur ein Mikrofon und eine gute Schnitt-Software zu haben. Es müssen Kameras aufgestellt, Licht gesetzt und Hintergründe gestaltet werden. Videos am Küchentisch sind unprofessionell, das schaut sich niemand an.

Video-Podcasts: Der Mehrwert für die Hörer bleibt minimal

Eine große Gefahr sehe ich für Audio-Podcasts, wenn sie mit einem Video-Podcast produziert werden: Die Tonqualität wird sinken. Getrieben durch die Plattformen werden Video-Podcasts wachsen. Produzenten werden sich die Mühe für exzellente Tonqualität in Audio-Podcasts sparen.

Bei der Aufnahme wird weniger Wert auf die Akustik gelegt, Inhalte werden auf der Bildebene gezeigt und nicht mehr für die Tonspur erklärt. Beim Schnitt werden Versprecher hingenommen, weil zu viele Schnitte auf der Bildebene stören.

Auch einige Podcast-Kollegen argumentieren, dass Video-Podcasts eine Weiterentwicklung vom klassischen Podcast seien. Ist das wirklich so? Video gibt es schon, YouTube ist mittlerweile 20 Jahre alt. Wenn du Videos produzieren willst, dann produziere Videos, aber vermische nicht die Formate.

Zumal Video-Podcasts nur funktionieren, wenn man einen Interview-Podcast produziert, in dem visuell nicht viel passiert, außer dass sich zwei (oder mehr) Menschen gegenübersitzen und Hörern ihnen beim Reden zuschauen können.

Wenn ich an Storytelling-Formate oder Recherche-Podcasts denke, muss man zwischen Podcast als reinem Audio-Format und Video unterscheiden – und beides getrennt produzieren. Das zeigt schon, dass Video und Audio nicht im Podcast-Format funktionieren können, sondern als getrennte Formate betrachtet und produziert werden müssen.

Wie wäre es mal mit hochwertigem Inhalt!? 

Wenn wir über die Weiterentwicklung von Podcasts sprechen, müssen wir über die Qualität der Inhalte sprechen. Wann entwickeln sich Podcasts inhaltlich weiter? Wann gibt es wirklich was auf die Ohren statt mittelmäßigen Content ohne Substanz, den ich auch woanders konsumieren kann? Nur mit einer anderen Stimme? Ja, das war hart. Ich lasse die Zahlen sprechen: 67,5 Prozent hören laut Online-Audio-Monitor Podcasts, um Hintergründe zu erfahren. Hintergründe und kein Blabla!

Für gute Inhalte braucht es fundierte Recherche und O-Töne von Experten, die vielleicht lieber in ein Mikro sprechen als vor laufender Kamera. Die Einstiegshürden sind bei Audio niedriger. Alle Podcasts von Verlagen wie SZ, ZEIT oder Spiegel sind gut recherchiert und natürlich stecken da große Redaktionen dahinter, die den ganzen Tag kaum etwas anderes machen als zu recherchieren und zu schreiben.

Doch auch einzelne Podcasts wie „True Criminology“ von Dr. Nicole Bögelein, Universität zu Köln, und Prof. Dr. Gina Rosa Wollinger, Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW, können diese Qualität schaffen.

„HerStory – Geschichte(n) von Frauen und Queers“ von Jasmin Lörchner beleuchtet Geschichten von Frauen und Queers, auf die sie in anderen Recherchen aufmerksam geworden ist und produziert unabhängig. In der Sendung „Feminist Shelf Control“ von Annika Brockschmidt und Rebekka Endler beschäftigen sich die beiden mit Romance Novels und unterhalten sich über Literatur, Feminismus, Faschismus, Friends und alles, was das Herz begehrt und bricht. Immer fundiert und gut recherchiert – und das als unabhängige Selfpublisher.

Video-Podcasts: Ein künstlicher Hype

Warum also dieser Trend zu Video-Podcasts? Für mich ist das weniger eine Revolution als ein Marketingtrick. Plattformen wie Spotify pushen Video-Podcasts nicht, weil die Hörer danach verlangen, sondern weil sie ihr Angebot diversifizieren wollen.

Es erinnert an Instagram, das Reels als „neuesten heißen Trend“ propagierte und Nutzer dazu brachte, Inhalte für das neue Format zu erstellen. Bei Video-Podcasts ist es meiner Meinung nach ähnlich: Die Nachfrage ist gering, wird aber von den Plattformen künstlich erzeugt.

Entscheide dich! 

Ich greife noch einmal die Definition auf: „Als Podcast wird ein Medienformat bezeichnet, bei dem es sich meist um eine Serie abonnierbarer Audiodateien, seltener Videodateien im Internet handelt.“ Im Grunde handelt es sich also um eine Technologie, die es ermöglicht, eine Audio- oder Videodatei über einen RSS-Feed zu abonnieren.

Du willst Videos machen? Okay, aber dann entscheide dich, was du produzieren und wen du erreichen willst. Vermische nicht zwei Formate, die für sich genommen völlig unterschiedliche Vorteile haben und andere Zielgruppen erreichen. Und bediene nicht den Algorithmus für Fame und Reichweite, sondern konzentriere dich auf exzellente Inhalte. Ruhm und Reichweite kommen dann von selbst. Ich bleib dabei, ein Podcast ist für mich Audio. Wie siehst du das?

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