Wegen massiver Proteste musste Thüringens AfD-Chef Björn Höcke einen geplanten Auftritt in Jena absagen. Am Veranstaltungsort soll Höckes Auto in eine Demonstration gefahren sein.
Bei einer Demonstration gegen den Auftritt von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke ist es offenbar zu einem Zwischenfall gekommen. Mehrere Zeugen sagten gegenüber dem stern, dass ein Fahrzeug, in dem Höcke gesessen haben soll, in eine angemeldete Demonstration gefahren sei, um sie zu durchbrechen. Dabei wurden offenbar mehrere Menschen von dem Wagen touchiert, verletzt wurde bei der Szene glücklicherweise niemand.
Demonstration gegen Björn Höcke in Jena: Auto fährt in Menschenmasse
Höcke war am Dienstag als Teil des Podiums zu einem Bürgerdialog angekündigt, gemeinsam mit den beiden AfD-Landtagskandidaten für die Wahlkreise in Jena. Schon einige Stunden vor der Veranstaltung formierte sich ein breites Protestbündnis. Mehrere Demonstrationen rund um das Stadtteilzentrum "LISA" im Stadtteil Lobeda waren angemeldet, hinzu kamen einzelne Sitzblockaden, um Höcke den Weg in das Gebäude zu versperren. Die Polizei löste die Blockaden zunächst ohne Gewalt auf. STERN PAID 35_24 Titel Schicksalswahl 12.28
Statt einer angemeldeten Teilnehmerzahl von 1000 Demonstranten protestierten laut Polizei knapp doppelt so viele Menschen gegen den Auftritt des rechtsextremen AfD-Landeschefs. Zu dem Zwischenfall soll es gekommen sein, als Einsatzkräfte versucht hatten, Höcke über einen Nebeneingang in das Stadtteilzentrum zu bringen.
Juso-Chef Philipp Türmer, war Zeuge des mutmaßlichen Vorfalls. Er sagte dem stern: "Ich war auf dem Gelände der angemeldeten Versammlung, als das Auto, in dem Höcke saß, plötzlich aus einer Seitenstraße mit hoher Geschwindigkeit direkt auf die Menschenmenge zufuhr. Die Demonstranten mussten aus dem Weg springen, mehrere wurden von dem SUV touchiert. Das Auto ist in die Versammlung hineingefahren!"
Polizei Jena kommentiert den Vorfall nicht
Mehrere weitere Zeugen bestätigten die Szene gegenüber dem stern. Türmer zufolge hätten Höckes Personenschützer mit Gewalt versucht, sich und ihm einen Weg durch die Demonstranten zu bahnen. Anfangs hätten auch einige Polizisten mitgeholfen, indem sie Demonstranten aus dem Weg zerrten, so Türmer. "Als dies nicht funktionierte, eskortierten die Personenschützer ihn zurück in das Auto und fuhren davon – wie in einem Action-Film."
Die Polizeiinspektion Jena bestätigt den von den Augenzeugen geschilderten Hergang nicht. Dass ein Auto in die Menschenmenge gefahren ist, sei nicht bekannt. Höckes Tross habe die Blockade der Straße gesehen und sei daraufhin umgekehrt, erklärte ein Sprecher. Fotos und Videos, die offenbar Sekunden nach den geschilderten Szenen entstanden sind, zeigen Höckes Wagen allerdings inmitten der Demonstranten. Zudem ist zu sehen, wie rabiat die Polizei gegen die Protestierenden vorgeht, obwohl die Versammlung offiziell angemeldet war.
"Die Polizei hat überfordert gewirkt und in dieser Situation unprofessionell reagiert. Das Sicherheitskonzept hat nicht funktioniert", konstatiert Türmer.
Protestierende verhinderten Höckes Auftritt
Laut Polizeibericht seien bei den Demonstrationen insgesamt zwölf Straftaten und eine Ordnungswidrigkeit aufgenommen worden. Ob oder wie viele Verletzte es gegeben hat, ist nicht bekannt. Ein Auftritt von Höcke fand im Anschluss nicht mehr statt.
"Die Teilnahme des Herrn MdL Höcke musste aufgrund der Vielzahl an Personen und der unübersichtlichen Lage vor Ort kurzfristig abgesagt werden", erklärte die Polizei in einer Pressemitteilung.
Gern hätte der stern Björn Höcke selbst zu den Vorkommnissen befragt. Die Bitte um ein Statement blieb unbeantwortet.
Höcke geht am 1. September bei der Landtagswahl in Thüringen als Spitzenkandidat der AfD ins Rennen. Umfragen zufolge ist der Landesverband der Partei, der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch geführt wird, derzeit die stärkste politische Kraft in dem Bundesland.