Die Bundesregierung reagiert auf den mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen. Messerverbote und die Erleichterung von Abschiebungen sollen letztlich dafür sorgen, dass solche Taten nicht mehr vorkommen. Eine Übersicht.
Als Folge des Anschlages eines mutmaßlichen Islamisten und Asylbewerbers aus Syrien bei einem Stadtfest in Solingen mit drei Toten hat sich die Bundesregierung auf ein Sicherheitspaket verständigt. Die auf sieben Seiten zusammengefassten Maßnahmen beinhalten Verschärfungen des Waffenrechts, Maßnahmen gegen Islamisten sowie geringere Hürden für Abschiebungen und Leistungseinschränkungen für bestimmte Asylbewerber.
Messerverbot auf Festen und im Fernverkehr
Auf Volksfesten, bei Sportveranstaltungen und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen soll künftig ein Messerverbot gelten. Ausnahmen gelten hier für Gastronomiebetreiber, für Verkaufsstände auf Märkten oder Schausteller. Auch im Fernverkehr der Bahn und bei anderen Anbietern soll ein generelles Messerverbot gelten. Im Nahverkehr können die Länder per Verordnungsermächtigung das Mitführen von Messern ab einer Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern verbieten. Zudem werde die Regierung "ein generelles Umgangsverbot für Springmesser einführen". Ausnahmen gelten für Berufsgruppen, die solche Messer einsetzen, wie Jäger oder Handwerker.
Die Verbote sollen auch an Bahnhöfen umgesetzt werden können, sind aber Ländersache. An Bahnhöfen werden die Kontrollbefugnisse der Bundespolizei verstärkt. Beamte dürfen dort stichprobenartig verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen und im Ernstfall auch Taser einsetzen.
Intensivere Prüfung vor Erteilung einer Waffenerlaubnis
Antragsteller eines Waffenscheines werden stärker überprüft. Bundespolizei (BPol), das Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt (ZKA) sollen vor Ausstellung abgefragt werden. Wenn der Verdacht besteht, dass Personen ohne Zuverlässigkeit und Eignung - wie beispielsweise Extremisten - im Besitz von Waffen sind, wird schneller gehandelt, beziehungsweise die Sicherstellung verbessert werden. Recherchen der Waffenbehörden sollen dabei auch auf öffentlich zugängliche Quellen zurückgreifen dürfen. Die verschärften Kontrollen gelten auch für die waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfungen beim Jagdschein, die künftig von Waffenbehörden durchgeführt werden sollen.
Abwehr von islamistischem Extremismus und Taskforce
Ermittlungsbehörden können auf KI-Unterstützung zurückgreifen. Das soll vor allem beim biometrischen Abgleich von allgemein öffentlich zugänglichen Internetdaten, beispielsweise bei der Suche über die "Gesichtserkennung", zum Einsatz kommen, um die Identifizierung von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen zu erleichtern.
Der Bund ruft eine Task Force Islamismusprävention aus Wissenschaft und operativer Praxis ins Leben. Dadurch soll die Deradikalisierungsarbeit gestärkt und auf neue Entwicklungen im Islamismus reagiert werden. Das bezieht sich vor allem auf sich radikalisierende Personen, die in Online-Medien wie TikTok verstärkt auftreten und ihre Botschaften verbreiten. Dahin gehend will die Bundesregierung auch den Digital Services Act verschärfen und strafrechtliche Maßnahmen ergreifen, sollten Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und Volksverhetzung über Online-Plattformen verbreitet werden.
Verschärftes Aufenthaltsrecht und Abschiebung
Abschiebungen sollen erleichtert werden, indem die Schwelle für ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse abgesenkt wird. Dies soll bereits gegeben sein, "wenn die Straftat unter Verwendung einer Waffe oder eines sonstigen gefährlichen Werkzeugs begangen worden ist". Eine Taskforce von Bund und Ländern soll dazu beitragen, mehr Asylbewerber nach dem Dublin-Verfahren in die EU-Staaten zurückzuschicken, über die sie in die Europäische Union (EU) eingereist waren.
Für solche Asylbewerber, für die andere EU-Staaten zuständig sind, sollen die Leistungen in Deutschland gekürzt werden. Für sie soll unter bestimmten Voraussetzungen "der weitere Bezug von Leistungen in Deutschland ausgeschlossen werden". Die bestehenden Möglichkeiten für Leistungskürzungen würden entsprechend erweitert. Die Bundesregierung bekräftigt ihre Absicht, auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien zu ermöglichen. Daran werde weiter intensiv gearbeitet.
Bei "Heimatreisen" von anerkannt Schutzberechtigten muss die Erfüllung einer "sittlichen Pflicht" (zum Beispiel eine Beerdigung) vorliegen. Ist dem nicht so, soll die Aberkennung des Schutzstatus als Flüchtling oder subsidiär Schutzbedürftiger erfolgen. Geflüchtete aus der Ukraine sind hiervon nicht betroffen.