Beide kommen aus der US-Provinz, beide sind ihr entwachsen. Doch beide könnten kaum unterschiedlicher sein: J.D. Vance und Tim Walz. Die Vizepräsidentschaftskandidaten im Vergleich.
Tim Walz
Der Typ: So etwas wie der Inbegriff des "American Dad": freundlich, bodenständig, Familienmensch. Der 60-Jährige war Lehrer und Frauen-Footballtrainer und stammt aus dem Mittleren Westen, in den USA der Inbegriff der Provinz.
Der Politiker: Walz ist mit 42 Jahren Abgeordneter geworden. 2018 kandidierte er dann für das Gouverneursamt von Minnesota und wurde später wiedergewählt. Als Regierungschef führte er kostenloses Schulessen ein, befürwortet strengere Waffengesetze, Cannabislegalisierung und das Recht auf Abtreibung. Als in Minneapolis nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd die Proteste eskalierten, rief der Demokrat die Nationalgarde.
PAID Tim Walz auf Rally mit Harris 8:27
Seine heikelste Geschichte: Vor 30 Jahren, Walz war Highschool-Lehrer und Reserveoffizier der Nationalgarde, raste er mit fast 160 Stundenkilometern angetrunken in eine Polizeikontrolle. Erlaubt waren nur 90. 200 Dollar Strafe wurden fällig, seitdem trinkt er keinen Alkohol mehr. Allerdings dauerte es viele Jahre, bis er die Trunkenheitsfahrt auch öffentlich einräumte. In seinen ersten Wahlkämpfen gab er vor, sein geschädigtes Hörvermögen sei Schuld daran gewesen, dass er betrunken gewirkt habe.
Sein bekanntester Spruch ist nur ein Wort: "weird". Das Wort heißt so viel wie "seltsam", "schräg". Als "weird" bezeichnete er in einer Rede Donald Trump und dessen Vizekandidaten J.D. Vance. Dieses unaggressive, aber vielsagende Etikett stieß prompt auf Begeisterung und rückte den dahin eher unbekannten Gouverneur ins Licht der landesweiten Öffentlichkeit.
Kommentar Tim Walz Vizekandidat 19:58
Was die anderen sagen:
- "Starke Stimme für die arbeitenden Menschen und Amerikas große Mittelklasse." (Kamala Harris, US-Präsidentschaftskandidatin)
- "Gefährlicher linksliberaler Extremist, genau wie Kamala Harris" (Team von Donald Trump, Ex-US-Präsident und Präsidentschaftskandidat)
- Neun von zehn Amerikanern kennen Walz (noch) nicht, aber in seinem als "stressfrei" beleumundetem Heimatbundesstaat ist er sehr beliebt.
Ist Walz als Kandidat womöglich zu nett?
Bilanz: Tim Walz ist in vieler Hinsicht der Gegenentwurf zu Trumps Vizekandidaten J.D. Vance: ein Sympathieträger, linksliberal aber kein Ideologe, verbindend statt spaltend. Die Frage ist, ob der freundliche Gouverneur für das vergiftete Wahlkampfklima nicht etwas zu nett sein könnte.
J.D. Vance
Der Typ: Von der Unterschicht im Mittleren Westen über die Elite-Uni zum Bestsellerautor ("Hillbilly Elegie"), vom Trump-Kritiker zum Trump-Musterschüler. Der 40-Jährige hat bereits einige Häutungen hinter sich – inklusive Namensänderungen: Der gebürtige James Donald Bowman heißt mittlerweile James David Vance. Sein Aufstieg hat ihn zu einem mitleidlosen Agitator des Sozialdarwinismus gemacht.
Der Politiker: Bekannt geworden als kritischer Beobachter des "Establishments" verweigerte er sich zunächst dem Werben der Republikaner, als Senator zu kandidieren. 2021 der Sinneswandel, ein Jahr später dann die Wahl in den Senat für seinen Heimatstaat Ohio. Der einstige Liberale Vance vertritt mittlerweile rechte Positionen: Nein zu Abtreibung, zur Home-Ehe und zu strengeren Waffengesetzen. Rhetorisch tritt er oft schärfer auf als Donald Trump selbst.
Seine heikelste Geschichte: Die vielen Kehrtwenden des Lebens hängen an ihm wie Blei. In einem Schwung neu aufgetauchter, alter E-Mails pestet er gegen alles, was Trump und seinen Leuten heilig ist – in einem Ton genauso unbarmherzig, wie er mittlerweile über Transgenderrechte oder "kinderlose Katzenfrauen" herzieht.
Sein bekanntester Spruch sind mindestens zwei: Im Wahlkampf 2016 hatte Vance Donald Trump noch "Amerikas Hitler" genannt. Fünf Jahre später vergleicht er in einem Interview die jetzige Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris mit "kinderlosen Katzenfrauen, die unzufrieden mit ihrem Leben sind und die nun wollen, dass alle anderen auch unzufrieden werden". Der Satz fliegt ihm nun um die Ohren, auch seitens konservativer Frauen.
Die diversen Namen des J.D. Vance 19.26
Was die anderen sagen:
- "Er ist unser hübscher Mistkerl" (Donald Trump, Präsidentschaftskandidat der Republikaner)
- "Vizepräsident J.D. Vance? Eine merkwürdige Wahl. … Und wäre Vance bereit, das Land zu führen, wenn das Schlimmste eintreten würde?“ ("Wall Street Journal")
- "Du kannst einen Vize-Präsidenten haben, der in jeder Hinsicht großartig ist – und ich denke, J.D. ist das, aber du wählst den Präsidenten. Du wählst mich." (Donald Trump, Präsidentschaftskandidat der Republikaner)
Sind sich Vance und Trump zu ähnlich?
Bilanz: J.D. Vance war nicht mal zwei Wochen der Vizepräsidentschaftskandidat, da zweifelten bereits viele Republikaner an der Wahl: zu unerfahren, zu brüsk, zu radikal. Er und Trump sprechen das gleiche Publikum an, eines, das das Duo ohnehin wählen würde. Vorteil Vance: Anders als sein Gegenpart Walz mag und darf er gerne Öl ins Wahlkampffeuer gießen.
Quellen: "Politico", DPA, AFP, Reuters, "Süddeutsche Zeitung", "Time", "Washington Post"