Die Nachricht vom Fund von sechs Leichen im Gazastreifen sorgt in Israel zunächst für Spekulationen. Nun aber gibt es Gewissheit: Es handelt sich um von der Hamas verschleppte Geiseln. Unter den Toten ist nach Angaben von Präsident Biden auch ein US-Bürger.
Im Gazastreifen sind laut US-Präsident Joe Biden die Leichen von sechs Geiseln der radikalislamischen Hamas gefunden worden. "Heute Morgen haben die israelischen Streitkräfte in einem Tunnel unter der Stadt Rafah sechs Leichen von Geiseln geborgen, die von der Hamas festgehalten wurden", erklärte Biden. Darunter sei der US-israelische Doppelstaatler Hersh Goldberg-Polin.
Der 23-Jährige war einer der 251 Geiseln, die von militanten Palästinensern beim Angriff am 7. Oktober verschleppt worden waren. Rund 100 Geiseln sind noch in Gefangenschaft - Dutzende von ihnen sind nach Angaben des israelischen Militärs tot.
Das israelische Außenministerium hatte kurz zuvor eine Erklärung der Angehörigen veröffentlicht, in der sie den Tod "ihres geliebten Sohnes und Bruders" bekannt gaben. Israels Armee hatte zuvor gemeldet, dass sie während eines Einsatzes im Gazastreifen mehrere Leichen gefunden habe. "Zu diesem Zeitpunkt sind die Truppen noch in dem Gebiet im Einsatz und führen ein Verfahren zur Bergung und Identifizierung der Leichen durch, das mehrere Stunden dauern wird", hatte das Militär am Vorabend in sozialen Medien mitgeteilt.
Es war zunächst unklar, ob es sich um die Leichen von israelischen Geiseln handelt. Die Armee hatte die Öffentlichkeit in einer Mitteilung aufgerufen, auf die Verbreitung von Gerüchten zu verzichten. Zuvor gab es in den sozialen Medien Gerüchte über den Fund von Geiseln. Die Nachricht sorgte in Israel für Proteste. Nähere Details nannte die Armee auch am frühen Morgen zunächst nicht.
Eltern sprachen auf Demokraten-Parteitag
Goldberg-Polins Eltern hatten kürzlich auch auf dem demokratischen Parteitag gesprochen. "Unter den Geiseln sind acht amerikanische Staatsbürger und einer von ihnen ist unser einziger Sohn", sagte Rachel Goldberg in ihrer Rede, die mehrere Delegierte zu Tränen rührte. Am Donnerstag versammelte sich das Paar mit anderen Geisel-Angehörigen an der Grenze zum Gazastreifen. Die Angehörigen versuchten, die Geiseln im Gazastreifen mit lauten Lautsprecher-Durchsagen direkt zu erreichen. "Hersh, hier ist Mama", wandte sich Goldberg-Polins Mutter an ihren Sohn. "Ich bete zu Gott, dass er dich zurückbringt. Jetzt sofort. Ich liebe dich, bleib stark."
Im April hatte die Hamas ein Video von Goldberg-Polin veröffentlicht. Darin beschuldigt er den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu, die Geiseln in der Gewalt der Hamas "im Stich gelassen" zu haben. Goldberg-Polin war israelischen Medien zufolge am 7. Oktober bei dem Hamas-Großangriff auf das Nova-Musikfestival in Südisrael schwer verletzt und anschließend in den Gazastreifen entführt worden.
In der im April veröffentlichten Aufnahme ist er mit einem roten Hemd bekleidet und auf einem Plastikstuhl sitzend zu sehen, sein linker Arm ist amputiert. "Ich wollte mit meinen Freunden abhängen und fand mich stattdessen mit schweren Verletzungen am ganzen Körper um mein Leben kämpfend wieder", sagt er darin. Als Reaktion auf den Großangriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 40.600 Menschen getötet.