Donald Trump sieht in den Flammen von LA eine Chance, seinen Langzeitfeind Gavin Newsom anzuzählen. Es ist nicht der erste Katastrophen-Missbrauch des Bald-Wieder-Präsidenten.
Wie formulierte es ein bekannter Hobbyhandwerker noch gleich? "Krise kann auch geil sein." Ähnlich dürfte es Donald Trump zuletzt gesehen haben.
Die Feuerstürme, die sich seit Tagen durch Kalifornien fressen, die bereits 10.000 Gebäude und zehn Menschenleben verschlungen haben, missbraucht der Republikaner für seine politischen Zwecke.
Aus Sicht eines Mannes, der den Klimawandel wahlweise für übertrieben oder nicht-existent hält und von der Wiedergeburt der USA als Ölnation fantasiert, gibt es für das Inferno nur einen Schuldigen: die Demokraten. In diesem Fall stellvertretend Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien. Waldbrandexperte Interview 10.51
Donald Trump politisiert selbst Flammen
Auf Truth Social, seinem schwarzen Brett des Hasses, attackierte Trump seinen langjährigen Feind zuletzt täglich. Am Mittwoch forderte er Newsoms Rücktritt, sei das doch "alles seine Schuld!!!". Bei der Begründung wurde Trump kreativ: misslungene Forstpolitik, Löschwassermangel wegen Fischschutz, you name it.
Auch dass die Feuerhydranten zwischenzeitlich trockenfielen, lastete der 47. Präsident dem Gouverneur des bevölkerungsreichsten Bundesstaats an. Los Angeles' Bürgermeisterin Karen Bass zufolge fiel zwar tatsächlich zwischenzeitlich jeder fünfte Hydrant aus. Das lag aber nicht etwa an schlechter Vorbereitung. LA vor Ort 19.30
Die Speicher waren voll, der Wasserstand der Stauseen im Norden, aus denen sie gespeist werden, überdurchschnittlich hoch. Die dieses Jahr überraschend starken Santa-Ana-Winde peitschten die Flammen aber nicht nur ungekannt kräftig über die ohnehin ausgedörrte Region, sondern behinderten auch den Einsatz von Löschflugzeugen. Das fehlende Nass von oben versuchten die Feuerwehrleute vergebens über die Hydranten zu kompensieren. Deren Zuläufe wiederum waren aber oftmals bereits durch das Feuer zerstört oder durch Anwohner überlastet, die ihr Zuhause selbst hatten retten wollen, schreibt der Klimaforscher Peter Gleick im Magazin "Bulletin of the Atomic Scientists". Die Leiterin der lokalen Behörde für Wasser und Energie sprach gegenüber der Nachrichtenagentur AP von einem viermal höherem Wasserbedarf, "als wir ihn je in unserem System gesehen haben".
Für Trump alles "AUSREDEN", Newsom soll die Leitungen einfach öffnen. Der Gouverneur selbst indes übte sich in präsidialer Zurückhaltung. "Ich habe viele Gedanken und weiß, was ich sagen möchte. Ich werde es nicht tun", reagierte der Gouverneur auf Trumps Attacke bei CNN.
Feuerwehr bei Los Angeles kämpft gegen flammendes Inferno 08.03
Gavin Newsom, der Trump-Schreck
Eine maßgeschneiderte Beleidigung hatte sich Trump für den Gouverneur schon vor Langem ausgedacht: Newscum, angelehnt an das englische Wort "scum", deutsch: Abschaum. Trumps Schimpfarsenal ist bekanntermaßen prall gefüllt. Aber er adelt nur Gegner mit Spottnamen, die er als Gefahr sieht. Und Newsom ist gefährlich für ihn.
Zum einen war und ist er ein enger Verbündeter von "Crazy Kamala" (Harris), zu deren Zeit als Generalstaatsanwältin von San Francisco er Bürgermeister der Stadt war. Trump verabscheut Newsom aber nicht nur rückwirkend, sondern auch vorsorglich. Der 57-Jährige ist eine der wenigen großen Hoffnungen der Demokraten, gilt bereits jetzt als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat für 2028. Er bringt alles mit: wortgewandter Redner, gut aussehender Familienvater, geläuterter Alkoholiker. Als kennedyeske Erscheinung ist er gleichzeitig Posterboy der alten Linken, sowie Feindbild der Neuen Rechten, die ihn als Vertreter des korrupten Politestablishments brandmarken.
Und dann wäre da noch sein Land, auf das Trump schielt. Der Golden State ist tiefblau, eine Hochburg der Demokraten. Bei den Wahlen im November verlor Trump die 54 kalifornischen Wahlleute zwar mit 20 Prozentpunkten Abstand. Nur waren es 2020 noch fast 30 Prozent. Trump hat hier folglich nicht viel zu verlieren, aber perspektivisch eine Menge zu gewinnen. Schließlich hat er bereits durchklingen lassen, dass er die verfassungsmäßige Beschränkung auf zwei Amtszeiten eher als Serviervorschlag versteht.
Katastrophaler Missbrauch – eine Spezialität Trumps
Die Attacken in Richtung Newsom sind bei Weitem nicht das erste Mal, dass Trump eine Naturkatastrophe politisiert. Als Präsident nutzte er seine Macht über die Katastrophenschutzbehörde Fema dazu, inner- und außerparteiliche Gegner gefügig zu machen. Tanzte ein Gouverneur aus der Reihe, drohte Trump damit, im Fall der Fälle Bundesmittel zurückzuhalten.
Auch später bediente er sich menschengemachter/natürlicher Gegebenheiten zum Nachteil seiner Gegner. So baute er im Oktober 2024 die verheerenden Hurrikans "Helene" und "Milton" in seinen Wahlkampf ein. Er behauptete, das Weiße Haus benachteilige konservative Katastrophengebiete, speise Hurrikanopfer mit Kleckerbeträgen ab und leite dringend benötigte Hilfsgelder stattdessen an illegale Migranten weiter. Ausnahmslos Falschmeldungen, wie sich schnell herausstellte, aber eben nicht wieder einfangen ließ. Das Märchen von elitären Demokraten, die sich in stürmischen Zeiten nicht um die kleinen Leute scheren, verfing. Bürgermeisterin von Los Angeles 15:19
Trump, der Erbauer?
So makaber es ist: Lichterloh brennende Luxusvillen Prominenter und ein apokalyptisch roter Sonnenaufgang über der Stadt der Engel berühren weit mehr Menschen als zerfetzte Hütten im Niemandsland der Appalachen. Aus eiskalter PR-Sicht ist das feurige Elend in und um Los Angeles wahrlich ein Bild zum Niederknien. Donald Trump, der den Flammen Einhalt gebietet. Er, der das Land aus der Katastrophe führt.
Ein wohlklingendes Versprechen. An solchen hatte Trump in seinen vier Jahren Exil nicht gespart. Doch im Gegensatz zu den zahlreichen vagen und terminlich flexiblen Behauptungen, muss er in Kalifornien auch wirklich liefern. Und zwar quasi sofort.
Wie gut, dass sein verhasster Vorgänger "Sleepy Joe" (Biden) auf seinen letzten Metern schon mal angefangen hat. Der erklärte Kalifornien zum Katastrophengebiet, machte damit umgehend Gelder locker und sicherte Bundesmittel für die kommenden 180 Tage zu.
Trump bemühte sich so kurz vor Arbeitsbeginn hingegen, die Erwartungen herunterzuschrauben. "KEIN GELD IN DER FEMA. DAS IST ES, WAS MIR JOE BIDEN HINTERLÄSST. DANKE JOE!", truthsocialte er am Mittwoch. Eine Lüge. Biden hatte, sogar als "lahme Ente", wie scheidende Präsidenten genannt werden, die Katastrophenkasse noch im Dezember (gegen den anfänglichen Widerstand der Republikaner) mit frischen 27 Milliarden Dollar aufgefüllt.
Auf die Frage eines Reporters, ob Biden glaube, dass die Trump-Regierung die Hilfszahlungen für Los Angeles fortsetzen würde, antwortete der Katholik: "Ich bete zu Gott, dass sie es tun." Wie gut, dass seine Jünger Trump als eine Art Messias feiern.