Statt aus dem Bundeshaushalt soll die Ukraine-Hilfe stärker über Zinsen auf eingefrorerenes russisches Kapital bezahlt werden – ein Finanzplan wie eine Kriegslist.
Worum geht es?
Deutschland und andere westliche Staaten haben die Ukraine in den vergangenen Jahren massiv unterstützt. Als deutschen Beitrag allein für die Militärhilfe nennt die Bundesregierung 28 Milliarden Euro – wobei geleistete ebenso wie versprochene Lieferungen enthalten sind. Da liegt das Problem. Denn Deutschland hat für die Zukunft bereits so viel zugesagt, dass das im Haushalt eingeplante Geld dafür so gerade reicht. Aber eben nicht für viel mehr. Daher gibt es drei Möglichkeiten: Keine neuen Hilfen – was nicht zu den eigenen Treueschwüren gegenüber der Ukraine passt. Frisches Geld – was es kaum gibt, solange die Schuldenbremse eingehalten werden soll. Oder man lässt sich etwas einfallen. Damit sind wir bei den eingefrorenen russischen Geldern.
Woher kommt das Geld?
Nach dem groß angelegten Überfall der russischen Streitkräfte auf die Ukraine im Februar 2022 sind allein in der Europäischen Union Gelder der russischen Zentralbank in Höhe von 210 Milliarden Euro eingefroren worden. Dutzende weitere Milliarden wurden in den USA und anderen Ländern dem Zugriff Russlands entzogen. Als rechtlich sehr schwierig erwiesen sich Versuche, das Geld zu enteignen und als eine Art vorgezogene Reparationsleistung der Ukraine zukommen zu lassen. Aber an die Erträge kann man eher ran. Allein im vergangenen Jahr liefen in der EU 4,4 Milliarden Euro an Zinsen auf.
Wie sollen die Milliarden genutzt werden?
Hier liegt der eigentliche Trick. Oder, wie Bundesfinanzminister Christian Lindner es nannte, das "smarte Instrument". Das Geld soll nämlich nicht einfach nach Kiew überwiesen werden, sondern für Zinsen und Tilgung eines Kredits über satte 50 Milliarden Dollar an die Ukraine dienen. Am Ende hat die Ukraine das Geld und ihre Unterstützer haben – zumindest für den Moment – keine neuen Schulden. Beteiligt an dem Plan sind nicht nur die Europäer, sondern auch die G-7-Staaten, also die großen Industrienationen einschließlich der USA. Innerhalb weniger Monate soll aus der Idee Wirklichkeit werden. 19: Regierung UkraineHilfe wird nicht eingeschränkt - f6deeb5c9972cd6a
Geht das so einfach?
Die praktischen Probleme sind groß. Es fängt damit an, dass EU-Länder wie das neutrale Österreich nichts mit der militärischen Unterstützung der Ukraine zu tun haben wollen. Deshalb will die EU nur 90 Prozent der abgeschöpften Zinsen für die Streitkräfte zur Verfügung stellen und den Rest für direkte Finanzhilfen an das überfallene Land nutzen. Ein kleiner Teil soll auf die Seite gelegt werden, um die zu erwartenden Rechtsstreitigkeiten zu finanzieren.
Stiehlt sich Deutschland mit diesem Trick aus der Verantwortung?
Bei allem Charme des Vorschlags wird sich der Kampf gegen Russlands Invasion in der Ukraine nicht allein mit Geld aus Moskau finanzieren lassen. Das weiß auch die Bundesregierung. Aber die kommenden Landtagswahlen im Osten lassen sich sicher nicht mit neuen Hilfsversprechen gewinnen – und da kommt ein etwas anderer Spin in der Debatte der Ampel vielleicht sogar ganz gelegen. Letztlich wird sie sich daran messen lassen müssen, dass sie ihre Zusagen einhält und die Ukraine so lange unterstützt, wie die Hilfe braucht.