3 weeks ago

Todesopfer auch an Neujahr: Israel griff im Dezember Gaza 1400 Mal aus der Luft an



Der Krieg im Gazastreifen wird auch nach 15 Monaten mit unverminderter Härte weitergeführt. Israel zweifelt an palästinensische Angaben zu zivilen Opfern. Nach eigenen Angaben bombardierten die israelischen Streitkräfte den Küstenstreifen allerdings allein im vergangenen Monat mehr als 1400 Mal.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben allein im Dezember 2024 mehr als 1400 Luftangriffe gegen Ziele im Gazastreifen geflogen. Die Attacken erfolgten durch Kampfflugzeuge, Helikopter und Drohnen. Sie stützten sich auf Informationen, die von Bodentruppen übermittelt wurden, teilte das Militär auf seiner Webseite mit. Die Ziele umfassten demzufolge Kämpfer und Trupps der islamistischen Hamas und ihrer Verbündeten, Tunnels, Tunneleingänge, Beobachtungs- und Scharfschützenpositionen sowie Waffenlager, hieß es weiter. Diesen Angaben zufolge war der Gazastreifen im vergangenen Dezember täglich rund 45 israelischen Luftangriffen ausgesetzt.

Auch am Neujahrstag starben Palästinenser im Gazastreifen bei weiteren Luftangriffen Israels. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, im nördlichen Dschabalija seien 15 Menschen beim Bombardement eines Wohnhauses ums Leben gekommen, darunter auch Kinder. Zwei weitere Menschen seien beim Beschuss eines Gebäudes in Al-Bureidsch im zentralen Abschnitt des Küstenstreifens getötet worden. Die Informationen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Die Armee teilte dazu auf Anfrage mit, dass sich Heckenschützen und andere Kämpfer der Hamas in einem Gebäude in Dschabalija eingenistet hätten. Kampfjets hätten das Gebäude angegriffen, dabei seien die Hamas-Leute getötet worden. Zuvor habe das Militär Maßnahmen ergriffen, um Schaden von der Zivilbevölkerung möglichst abzuwenden. Von Al-Bureidsch aus seien zuvor Raketen auf den Süden Israels abgefeuert worden. Das Militär habe einen "Terroristen angegriffen in einem Gebäude in dem Gebiet, von dem aus die Raketen abgeschossen wurden".

Bevölkerung schrumpft um 160.000 Menschen

Israel steht wegen der hohen Zahl von Opfern unter Zivilisten international in der Kritik. Vor allem nach Luftangriffen werden immer wieder viele zivile Opfer beklagt, unter ihnen Frauen und Kinder. Der Internationale Strafgerichtshof hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen.

Laut palästinensischen Angaben ist die Bevölkerung des Gazastreifens seit Beginn des Krieges vor fast 15 Monaten um sechs Prozent geschrumpft. Rund 45.500 Palästinenser seien in dem Zeitraum getötet worden, weitere 11.000 würden vermisst, teilt das Palästinensische Zentralbüro für Statistik (PCBS) unter Berufung auf Zahlen der örtlichen Gesundheitsbehörde mit. Etwa 100.000 Palästinenser hätten den Küstenstreifen verlassen. Die Bevölkerung des Gazastreifens sei im Laufe des Krieges um etwa 160.000 auf 2,1 Millionen zurückgegangen.

Israel habe "eine brutale Aggression gegen den Gazastreifen geführt, die auf alle Arten von Leben dort abzielte: Menschen, Gebäude und lebenswichtige Infrastruktur... ganze Familien wurden aus dem Melderegister gestrichen. Es gibt katastrophale menschliche und materielle Verluste". Das israelische Außenministerium erklärt dagegen, die Daten seien unzuverlässig und übertrieben. Die Angaben keiner der beiden Seiten lassen sich unabhängig überprüfen. Auslöser des Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus Gaza in Israel am 7. Oktober 2023, bei dem 1200 Menschen getötet und 250 als Geiseln genommen wurden.

Besonders schwere Vorwürfe hatte zuletzt das UN-Menschenrechtsbüro wegen Israels Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen erhoben. Attacken hätten das Gesundheitssystem des Küstenstreifens zerstört und weckten ernsthafte Zweifel an der Einhaltung des Völkerrechts durch Israel, heißt es in einem aktuellen Bericht. Darin wurden verschiedene Angriffe zwischen dem 12. Oktober 2023 und dem 30. Juni 2024 dokumentiert. Diese hätten schwerwiegende Folgen für den Zugang der Palästinenser zu medizinischer Versorgung gehabt.

Zeltlager überflutet

"Die Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza und das Ausmaß der Tötung von Patienten, Personal und anderen Zivilisten bei diesen Angriffen ist eine direkte Folge der Missachtung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte", heißt es in dem Bericht weiter. Das israelische Militär antwortete nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme zu dem Bericht. Israels begründete sein Vorgehen gegen Gesundheitseinrichtungen in der Vergangenheit damit, dass diese von der Hamas für militärische Zwecke missbraucht würden.

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Verschärft wird die katastrophale Lage der großteils innerhalb des Palästinensergebiets vertriebenen Bevölkerung durch starke Regenfälle und Überschwemmungen. In sozialen Medien kursieren zahlreiche Bilder von überfluteten Zeltlagern für palästinensische Binnenflüchtlinge. Kinder wateten barfuß durch große Wasserlachen und Schlamm.

Nach UN-Angaben müssen fast eine Million Menschen im Gazastreifen die Wintermonate ohne angemessene Unterkunft verbringen. Zuletzt lagen die Temperaturen in der Stadt Gaza nachts teilweise unter zehn Grad, es herrschten starke Winde und Regen. Hilfsorganisationen hatten vor den prekären Lebensumständen von Binnenflüchtlingen im Gazastreifen bei niedrigeren Temperaturen und einem Anstieg von Krankheiten bei Kindern gewarnt. Es gab Berichte über Todesfälle von Säuglingen wegen Unterkühlung.

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