4 months ago

Terroranschlag in Solingen: Steinmeier: Staat hielt "Versprechen auf Sicherheit" nicht ein



Nach dem Attentat von Solingen nimmt Bundespräsident Steinmeier auch den Staat in die Verantwortung. Mögliche Versäumnisse müssten aufgearbeitet werden, fordert er. Mit Blick auf die Sicherheit des Landes brauche es zudem einen entschiedeneren Einsatz gegen irreguläre Migration.

Der Staat hat in Solingen nach Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier "sein Versprechen auf Schutz und Sicherheit" nicht vollständig einhalten können. Das sagte das Staatsoberhaupt bei einer Gedenkfeier für die Opfer des mutmaßlich islamistischen Anschlags in der bergischen Stadt. Das Verbrechen, Fehler und Versäumnisse, die dazu beigetragen haben könnten, dass die Tat nicht verhindert wurde, müssten umfassend aufgearbeitet werden. Deutschland sei ein Land, das vor politischer Verfolgung und Krieg flüchtenden Menschen Schutz biete, Asyl gewähre. "Wir wollen dieses Land bleiben."

Der Anschlag treffe das gesamte Land im Innersten. Die Bluttat treffe "ein freundliches, ein offenes, vielfältiges Land" im Kern, sagte Steinmeier. "Es trifft uns in unserem Selbstverständnis als Nation, in der die Menschen trotz aller Unterschiede friedlich zusammenleben und zusammenleben wollen - Menschen, die schon seit Generationen hier leben genauso wie diejenigen, die später hinzugekommen sind." Das Staatsoberhaupt betonte in seiner Trauerrede: "Genau darauf, genau auf diesen Kern zielte der Täter von Solingen in seinem Hass, wie auch schon die Täter vor ihm."

Gleichzeitig forderte Steinmeier mehr Einsatz gegen irreguläre Migration. Dafür müsse "jede, wirklich jede Anstrengung" unternommen werden, betonte er. Das Thema Zuwanderung und ihre Begrenzung "muss Priorität haben in den nächsten Jahren". Steinmeier unterstrich die Bedeutung des Grundrechts auf Asyl: "Wir sind aus gutem Grund ein Land, das Menschen aufnimmt, die Schutz vor politischer Verfolgung und Krieg suchen."

Steinmeier: "Islamisten wollen zerstören, was wir lieben"

Doch das funktioniere nur, "wenn uns die Zahl derer, die ohne Anspruch auf diesen besonderen Schutz (kommen), nicht überfordert", sagte er. Zudem müssten sich Schutzsuchende "an Recht und Gesetz unseres Landes halten". Der Bundespräsident bezeichnete es als "unerträglich", dass der Mann "nach allem, was wir wissen, bei uns Schutz suchte und fand - und diesen Schutz so furchtbar missbraucht hat".

Der Tat verdächtigt wird ein 26 Jahre alter Mann aus Syrien, der über Bulgarien als Flüchtling nach Deutschland gekommen war und in Untersuchungshaft sitzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamiert die Tat für sich. "Fanatische Islamisten wollen zerstören, was wir lieben: unsere offene Gesellschaft, unsere Art zu leben, unsere Gemeinschaft, unsere Freiheit", sagte Steinmeier. "Wir wollen nicht, dass das Kalkül von Terroristen aufgeht, dass ihre schreckliche Saat Früchte trägt, aber wir spüren Angst und Verunsicherung. Beide haben ihren Grund." Man dürfe sich jedoch nicht von Angst nicht lähmen lassen.

Oberbürgermeister: "Werden weltoffen bleiben"

Mehr zum Thema

Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach rief auf der Gedenkfeier zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf. "Der Anschlag traf Menschen vor einer Bühne in Solingen, aber er galt uns allen", sagte der SPD-Politiker. "Wir werden weltoffen bleiben", sagte er weiter. "Wir werden das Leben auch wieder feiern, gerade weil Terroristen, die uns die Freude rauben wollen, nie gewinnen dürfen."

An der Trauerfeier im Theater und Konzerthaus nahmen unter anderem auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst und Innenminister Herbert Reul teil. Auch Steinmeiers Frau Elke Büdenbender war unter den rund 450 anwesenden Gästen.

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved