3 months ago

Teherans Botschafter einbestellt: Außenamt fordert Deutsche zum Verlassen des Iran auf



Iran-Touristen und deutsch-iranische Doppelstaatler sind laut dem Auswärtigen Amt in akuter Gefahr und sollen das Land sofort verlassen. Auch im Libanon werde die Lage für ausreisewillige Deutsche immer schwieriger und gefährlicher, teilt die Behörde mit.

Nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel hat das Auswärtige Amt Bundesbürger zum Verlassen des Iran aufgerufen und vor Reisen in das Land gewarnt. Für deutsche Staatsangehörige bestehe die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden, hieß es in den aktualisierten Reise- und Sicherheitshinweisen. Gefährdet seien insbesondere Doppelstaatler, welche neben der deutschen auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen. Besonders hoch sei die Gefahr für Abenteuerurlauber, die etwa mit dem Fahrrad oder Camper unterwegs seien. "Reisen Sie insbesondere nicht nach Iran, wenn Sie sich in der Vergangenheit kritisch gegenüber dem Land und dem politischen System geäußert haben", warnte die Behörde.

Das Auswärtige Amt bestellte zudem den iranischen Botschafter ein. Dieser sei allerdings zum Zeitpunkt der Einbestellung nicht in Berlin gewesen, sagte ein Außenamtssprecher. Stattdessen sei der Geschäftsträger der iranischen Botschaft erschienen. Dem iranischen Gesandten sei "sehr deutlich" gemacht worden, dass die Bundesregierung den Angriff vom Dienstagabend "aufs Allerschärfste" verurteile, sagte der Ministeriumssprecher weiter. Die Attacke sei "durch nichts zu rechtfertigen" und "vollkommen grundlos", betonte er. Der Iran sei aufgefordert worden, weitere Angriffe auf Israel "auch über seine Verbündeten" zu unterlassen.

Der Sprecher bestätigte, dass die Bundesregierung "Kenntnis von den Planungen" des Iran für den Angriff auf Israel gehabt habe. Deswegen habe Bundesaußenministerium Annalena Baerbock am Dienstag "noch einmal Kontakt mit ihrem iranischen Kollegen" gehabt. Die Grünen-Politikerin habe dabei "auf Zurückhaltung gedrängt" sowie darauf, "diese Art von Angriff zu unterlassen".

Bundesregierung sieht EU bei Sanktionen am Zug

Zu möglichen neuen Sanktionen gegen den Iran sagte der Sprecher, es gebe grundsätzlich "einen ganzen Instrumentenkasten" an potenziellen Maßnahmen. Deutschland sei dazu mit europäischen und internationalen Partnern im Gespräch. Die Überzeugung der Bundesregierung sei, "dass die EU hierauf reagieren muss", betonte der Sprecher.

Der von einigen Politikern ins Gespräch gebrachte sogenannte Snap-back-Mechanismus im Atomabkommen mit dem Iran, der eine automatische Inkraftsetzung früherer Sanktionen vorsieht, sei allerdings beim nun vorliegenden Fall "nicht einschlägig", sagte der Sprecher.

Der Iran hatte Israel am Dienstagabend zum zweiten Mal binnen sechs Monaten mit Raketen angegriffen. Nach Angaben der israelischen Armee wurde ein Großteil der rund 200 Raketen abgefangen, die Schäden blieben begrenzt. Israel kündigte Vergeltung an.

Weitere Ausreiseflüge aus dem Libanon geplant

Angesichts der Eskalation der Lage auch im Libanon stellt sich die Bundesregierung darauf ein, weitere Deutsche aus dem Land herauszuholen. "In der Tat sind wir besorgt", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts mit Blick auf die Sicherheit deutscher Staatsbürger im Libanon. Am Vormittag habe der Krisenstab des Ministeriums getagt, um sich "nach den dramatischen Entwicklungen der letzten Stunden ein Lagebild zu verschaffen".

Der Außenamtssprecher verwies darauf, dass bereits seit Monaten eine Ausreiseaufforderung für Deutsche im Libanon gelte. Die Ausreisen seien nun "nochmal deutlich schwieriger geworden, wovor wir ja die letzten Monate gewarnt haben". Am Montag hatte ein Flugzeug der Luftwaffe rund 110 Menschen aus Beirut ausgeflogen - unter ihnen Botschaftsmitarbeiter, aber auch rund 60 besonders gefährdete Deutsche.

Laut "Spiegel" landete zudem am Mittwochnachmittag eine Militärmaschine der niederländischen Luftwaffe auf dem Flughafen Beirut. Mit dem Jet sollen um die 200 Deutsche - die meisten stammen aus dem Südlibanon - von Beirut nach Frankfurt ausfliegen. Für den Rettungs-Flug greift Deutschland auf einen Jet aus einer gemeinsamen Staffel von Tankflugzeugen zurück, die Deutschland mit mehreren anderen europäischen Nationen betreibt und die am Flughafen Köln-Bonn stationiert ist. Unter den 200 Personen befinden sich vor allem Deutsche, die medizinische Hilfe benötigen, oder Familien, die wegen der Kampfhandlungen im Südlibanon obdachlos geworden sind. Der Krisenstab der Bundesregierung hatte die Bundeswehr um Hilfe bei der Abholung von Deutschen aus dem Libanon gebeten, da es auf den zivilen Verbindungen vom Beiruter Flughafen kaum noch Tickets gibt.

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved