Für Apple ging es am Bundesgerichtshof um eine lange und folgenschwere Bezeichnung - die der Karlsruher Senat am Ende bestätigt. Für den iPhone-Konzern hat das Folgen.
Im Streit um eine strengere Wettbewerbsaufsicht von Apple hat der Bundesgerichtshof (BGH) dem Bundeskartellamt den Rücken gestärkt. Das Gericht bestätigte eine Einstufung der Wettbewerbshüter, wonach das US-Technologieunternehmen eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" hat. Damit ist der Weg für das Kartellamt frei, Apple in einem nächsten Schritt bestimmte Geschäftspraktiken zu verbieten, die aus seiner Sicht den Wettbewerb gefährden. (Az. KVB 61/23)
Seit einer Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen 2021 kann das Kartellamt leichter gegen große Digitalunternehmen vorgehen, die über Grenzen verschiedener Marktbereiche hinweg für den Wettbewerb bedeutsam sind. Das Gesetz sieht ein zweistufiges Verfahren vor. In einem ersten Schritt stellt die Behörde unabhängig von einem konkreten Verstoß fest, dass ein Konzern eine überragende marktübergreifende Bedeutung hat.
Im zweiten Schritt kann das Kartellamt dem betroffenen Unternehmen dann bestimmte Verhaltensweisen untersagen. Es kann dem Unternehmen zum Beispiel verbieten, eigene Angebote auf seiner Webseite gegenüber denen von Wettbewerbern bei der Darstellung zu bevorzugen, oder die Nutzung eines eigenen Angebots von der Nutzung eines anderen eigenen Angebots abhängig zu machen.
Erste und letzte Instanz: Karlsruhe
Das Bundeskartellamt hatte 2023 auf Grundlage dieser Regelung festgestellt, dass Apple eine solche überragende marktübergreifende Bedeutung zukommt. Gegen diese Feststellung wollte sich das Unternehmen am BGH in Karlsruhe wehren. Der Kartellsenat wies die Beschwerde am Dienstag aber in erster und letzter Instanz zurück. (Az. KVB 61/23)
Mit seinen Betriebssystemen und dem App-Store sei Apple "in erheblichem Umfang auf mehrseitigen Märkten tätig", betonte der Vorsitzende Richter, Wolfgang Kirchhoff bei der Verkündung. Ein solcher mehrseitiger Markt liege etwa vor, wenn durch eine Plattform Interaktionen zwischen verschiedenen Nutzergruppen ermöglicht werden.
Ob eine konkrete Gefährdung für den Wettbewerb besteht, sei für die Einstufung des Kartellamts unerheblich, so Kirchhoff. Wichtig sei das Vorliegen eines "abstrakten Gefährdungspotenzials". Das Bundeskartellamt habe zu Recht entschieden, dass Apple über solche strategischen und wettbewerblichen Potenziale verfüge.
"Solides Fundament" für laufende Prüfung
Das Bundeskartellamt begrüßte die Entscheidung der Karlsruher Richterinnen und Richter. "Damit ist höchstrichterlich bestätigt, dass Apple der verschärften Missbrauchsaufsicht unterliegt", erklärte Präsident Andreas Mundt. "Unsere bereits laufende Prüfung von Apples Tracking-Regelung für Drittanbieter-Apps steht damit auf einem soliden Fundament, wir arbeiten mit Hochdruck an diesem Fall und weiteren Fällen gegen die großen Internetkonzerne."
Bei der angesprochenen Prüfung geht es darum, dass Apple-Nutzerinnen und Nutzer bei der Verwendung von Drittanbieter-Apps extra dem Sammeln ihrer Nutzungsdaten durch Tracking zustimmen müssen - bei den Apple-eigenen Apps hingegen nicht. Nach vorläufiger Auffassung des Kartellamts könnte darin ein Wettbewerbsverstoß liegen. Es geht um die Frage, ob Apple durch die Regelung bevorzugt oder andere Unternehmen entsprechend behindert werden. Gegebenenfalls könnte die Behörde dem Konzern dieses Vorgehen verbieten.
Apple betont harten Wettbewerb in Deutschland
Apple kritisierte die Entscheidung des BGH. "Apple ist in Deutschland einem harten Wettbewerb ausgesetzt", teilte das Unternehmen nach der Verkündung mit. "Wir stimmen der heutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu, die Einordnung des Bundeskartellamts beizubehalten. Sie vernachlässigt den Wert eines Geschäftsmodells, das die Privatsphäre und Sicherheit von Nutzer:innen in den Mittelpunkt stellt."
Das Bundeskartellamt hat bislang fünf Digital-Giganten als Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung eingestuft: den Google-Konzern Alphabet, den Facebook-Konzern Meta, Apple, Amazon und Microsoft. Mit der heutigen Entscheidung sind alle Beschlüsse rechtskräftig. Amazon hatte gegen die Entscheidung der Wettbewerbshüter zwar ebenfalls Beschwerde eingelegt - der BGH stellte sich im April 2024 aber auch auf die Seite des Kartellamts.