Die Wirtschaftslage in Deutschland ist so kritisch wie lange nicht. Die aktuellen Entwicklungen bei VW und in der ganzen Branche bereiten vielen Sorge. Finanzminister Christian Lindner fordert ein schnelles Handeln. Es sei der richtige Zeitpunkt für einen Neustart, sagt er.
Finanzminister Christian Lindner von der FDP will Klarheit für die Wirtschaft schaffen und wird im Interview bei RTL Direkt außergewöhnlich deutlich. "Jetzt ist ein neuer Anfang für unser Land erforderlich", sagte er zum Journalisten Lothar Keller, als er auf die wirtschaftliche Lage angesprochen wurde. "Jetzt sind die Probleme so groß und drängend, auch die Bürgerinnen und Bürger haben so große Erwartungen. Wir sehen bei VW die Entwicklung und eben auch in der Breite eine Entwicklung."
Lindner wolle seinen Koalitionspartnern nicht drohen, "erst recht nicht öffentlich". Doch er sei "offen für eine Problemlösung". Deshalb will er schnell für Klarheit in der Sache sorgen. "Die Unsicherheit hinsichtlich der Rahmenbedingungen, in was man investieren soll und in was besser nicht, diese Unsicherheit ist selbst ja zu einer Belastung geworden. Deshalb bin ich dafür, sie jetzt schnellstmöglich auch zu überwinden. Da wir ja Anfang/Mitte November mit Blick auf den Bundeshaushalt ohnehin Entscheidungen treffen müssen, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt", so der Minister weiter.
Zum Industriegipfel im Kanzleramt am Dienstag wäre Lindner gern gegangen. "Aber der Bundeskanzler hat so entschieden", dass er sowohl den Finanzminister als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen nicht eingeladen hat. Scholz trifft Vertreter der Auto-, Chemie- und Stahlindustrie. Lindners FDP hat derweil einen eigenen Wirtschaftsgipfel mit Mittelständlern und Handwerkern ausgerufen.
"Die kleinen Betriebe ächzen stärker etwa unter Bürokratielasten", erklärte Lindner dazu bei RTL Direkt. "Die spüren schneller auch Ideologisierung in der Energie und in der Klimapolitik. Und deshalb ist es durchaus eine wichtige Ergänzung, auch den kleinen Betrieben Gehör zu schenken."
An der Terminierung seines Gipfels gab es deutliche Kritik. SPD-Chefin Saskia Esken nannte das Vorgehen im ntv Frühstart "kindisch", während Parteikollege Rolf Mützenich die Termindopplung als "schlicht albern" betitelte. "Die Zeiten sind zu ernst für Gipfel-Ping-Pong", urteilte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Andreas Audretsch. "Deutschland hat keine Zeit für dieses Theater", sagte zudem der CDU-Politiker Hendrik Wüst.
Das Gespräch wird um 22.15 Uhr auf RTL ausgestrahlt sowie bei RTL+, wo es anschließend auch jederzeit gestreamt werden kann.