Kontern, Zustimmen oder Abwarten: Kurz vor seinem Amtseintritt wird der Umgang mit Donald Trump auch für die Regierungschefs der US-Staaten zum Balanceakt. Viele Demokraten halten wenig von seinen kontroversen Positionen - wollen dem designierten Präsidenten aber auch nicht auf die Füße treten.
Sie haben vor ihm gewarnt. Und jetzt werden sie mit ihm zusammenarbeiten müssen. Vor dem Amtsantritt von Donald Trump ändern gerade einige prominente demokratische Gouverneure und Gouverneurinnen merklich ihren Kurs gegenüber dem designierten US-Präsidenten. Sie hoffen darauf, ihn nicht zu verärgern, um eine funktionierende Zusammenarbeit mit seiner neuen Regierung zu gewährleisten.
Die Regierungschefs der US-Staaten stecken in einer prekären Situation: Einerseits wollen sie zurückhaltend agieren, andererseits können sie Trumps konfrontative Positionen nicht einfach so stehen lassen. Man müsse mit aller Kraft kämpfen, wenn die eigenen Werte oder unschuldige Menschen angegriffen werden, sagte der demokratische Gouverneur von New Jersey, Phil Murphy, der Nachrichtenagentur AP. "Und auf der anderen Seite bemüht man sich mit aller Kraft, eine gemeinsame Grundlage bei Dingen zu finden, auf die wir uns einigen könnten."
Begnadigung im Schweigegeldprozess?
Seine Partei- und Amtskollegin Kathy Hochul aus New York vollführt einen ähnlichen Seiltanz. Sie will sich gegen Trump stellen, falls dieser das Recht auf Abtreibung weiter einschränken wolle. Zugleich scheint sie hoffnungsvoll, mit dem Republikaner zusammenarbeiten zu können. Sie und Trump hätten nach seinem Wahlsieg ausführlich miteinander gesprochen und eine gemeinsame Grundlage finden können, sagte Hochul, die den designierten Präsidenten in einer Rede beim Parteitag der Demokraten noch scharf kritisiert hatte.
"Es gibt Gebiete, auf denen wir zusammenarbeiten können, wie Infrastruktur, wo wir auf Bundesmittel angewiesen sind", erklärte die Gouverneurin. "Und er scheint meine Prioritäten zu teilen, aber ich werde mich auch für den Schutz von Rechten stark machen, reproduktive Rechte und andere Rechte."
Die Frage, ob sie als Gouverneurin eine Begnadigung Trumps in seinem New Yorker Schweigegeldprozess in Betracht ziehen würde, wies Hochul bemerkenswerterweise nicht zurück. "Im Staat New York gibt es ein Begnadigungsverfahren. Es ist langwierig. Es erfordert einige Voraussetzungen. Eine davon ist Reue", sagte sie und lachte kurz auf. Trump war schuldig gesprochen worden, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um eine Schweigegeldzahlung an eine Porno-Darstellerin zu vertuschen.
Mehr Mittel für Rechtsstreits
Andere Demokraten zeigen sich nun kämpferischer. Der kalifornische Gouverneur und leidenschaftliche Trump-Kritiker Gavin Newsom will das Justizministerium seines Staates mit mehr Mitteln für erwartete Rechtsstreite mit der Trump-Regierung ausstatten. Er wolle die progressiven kalifornischen Gesetze "Trump-sicher" machen, kündigte Newsom an.
Die Gouverneure von Illinois und Colorado, J.B. Pritzker und Jared Polis, gründeten schon kurz nach Trumps Wahlsieg die Gruppe "Governors Safeguarding Democracy" ("Gouverneure zum Schutz der Demokratie"). Ziel sei es, "die demokratischen Institutionen in den Staaten zu stärken und sicherzustellen, dass die Rechtsstaatlichkeit allen Menschen dient", heißt es auf der Website der Gruppe.
Dennoch ist auch für Polis das Verhältnis zu Trump erkennbar ein Balanceakt. So hat er Zustimmung geäußert zu dessen Nominierung von Robert F. Kennedy Jr. für das Amt des US-Gesundheitsministers. Er hoffe, dass Kennedy gegen die Pharma- und die Agrargroßindustrie vorgehen werde, sagte Polis.
In Massachusetts nimmt die demokratische Gouverneurin Maura Healey inzwischen eine etwas weniger konfrontative Haltung Trump gegenüber ein als noch vor vier Jahren als Generalstaatsanwältin des Staates. Damals hatte Healey Dutzende Klagen gegen den damaligen Präsidenten zu den verschiedensten Themen aus der Einwanderungs-, Gesundheits- und Umweltpolitik initiiert oder unterstützt.
Nun hat sie als Gouverneurin den Staat zwar mit Leichtigkeit gewonnen, jedoch erzielte Trump dort mehr als 35 Prozent der Stimmen. Mittlerweile klingt Healeys Kritik etwas gedämpfter. "Ich glaube, ich habe schon einiges über Donald Trump und meine Gefühle ihm gegenüber gesagt", erklärte sie nach dessen Wahlsieg. Nun müsse man abwarten, ob Trump seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf wahrmachen werde.
Strategie des Abwartens
Als Co-Vorsitzende von Kamala Harris' Wahlkampfteam hatte die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, regelmäßig vor den Gefahren einer zweiten Trump-Präsidentschaft gewarnt. Sie beschrieb den Republikaner als "geistesgestört" und erklärte, seine Wiederwahl würde zeigen, dass die USA als Land gescheitert seien.
Doch nach Trumps Sieg hielt sich Whitmer weitgehend aus dem Rampenlicht fern. Zu seinen politischen Vorschlägen wie etwa Massenabschiebungen äußerte sie sich wenig. "Ich weiß, dass ein paar meiner Kollegen ein paar ziemlich aggressive Strategien abgesteckt haben", sagte sie einige Tage nach der Wahl. "Wenn ich darüber nachdenke, was eine Trump-Regierung für unsere Arbeit bedeuten wird, versuche ich mich darauf zu konzentrieren, ob wir ein paar gemeinsame Prioritäten finden können."
Whitmer verfolge eine Strategie des Abwartens, heißt es aus ihrem Umfeld. Sie hoffe darauf, in Feldern mit gemeinsamen Interessen - wie etwa der wirtschaftlichen Entwicklung - mit dem designierten Präsidenten zusammenarbeiten zu können. Sie und ihr Team hätten schon in der Vergangenheit mit der Trump-Regierung kooperiert, sagte Whitmer, und würden auch herausfinden, wie das künftig möglich sein werde.