3 months ago

Schlechtes Wetter kam dazu: Raisis Helikopter soll wegen Überladung abgestürzt sein



Iranische Ermittler legen sich früh fest: Der Helikopterabsturz, bei dem Präsident Raisi ums Leben kommt, ist nicht absichtlich herbeigeführt worden. Es seien zu viele Menschen an Bord gewesen, erklären die Behörden nun. Derweil kann der neue Präsident sein Kabinett aufstellen - nicht ohne Kritik.

Die iranischen Behörden sind Medienberichten zufolge zu dem Schluss gekommen, dass schlechtes Wetter und Überladung den tödlichen Absturz des Hubschraubers mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord verursacht haben. Die Nachrichtenagentur Fars meldete unter Berufung auf eine Quelle in den Sicherheitsbehörden, dass die Ermittler "sich absolut sicher sind, dass es sich um einen Unfall handelte". Die iranische Armee hatte bereits im Mai erklärt, dass es keine Hinweise auf eine Straftat als Unglücksursache gebe.

Laut dem Fars-Bericht waren zwei Insassen mehr an Bord als vom Sicherheitsprotokoll vorgesehen. Demnach gelang es dem Hubschrauber angesichts der Überladung nicht, an Höhe zu gewinnen. Die Ermittler hätten die Möglichkeit ausgeschlossen, dass "elektronische Systeme gestört oder gehackt wurden". Es seien auch "keine Hinweise auf chemische Stoffe und schädliche Substanzen" entdeckt worden.

Der Präsidentenhubschrauber war am 19. Mai im Nordwesten des Iran auf dem Weg in die Stadt Täbris abgestürzt. Alle acht Insassen, unter ihnen auch Außenminister Hossein Amir-Abdollahian, kamen dabei ums Leben.

Peseschkian kommt Parlament entgegen

Raisis Nachfolger ist der reformorientierte Massud Peseschkian. Dessen Kabinett wurde durch das iranische Parlament derweil gebilligt. Die Abgeordneten segneten die Besetzung aller 19 Ministerposten in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Sitzung ab. Peseschkian verzichtete nach eigenen Angaben wegen Widerstands des Parlaments auf einige Wunschkandidaten. Als Außenminister berief er mit dem 61 Jahre alten Abbas Aragtschi einen Karrierediplomaten, der sich für einen Dialog mit dem Westen einsetzt.

Vor der Parlamentsabstimmung sagte Peseschkian, er habe zunächst "ideale" Kandidaten für die Besetzung seines Kabinetts "im Kopf" gehabt. "Aber als ich gesehen habe, dass es dafür keine Zustimmung gibt, habe ich nachgegeben." Für ihn sei eine einvernehmliche Entscheidung über die Besetzung der neuen Regierung wichtiger als die Durchsetzung seiner Idealvorstellung.

Die reformorientierte Zeitung "Etemad" schrieb, die Parlamentsabstimmung sei das erste Mal seit 23 Jahren gewesen, dass das iranische Parlament allen von einem Präsidenten ernannten Ministern seine Zustimmung erteilte.

Nach dem Votum veröffentlichte Peseschkian im Onlinedienst X ein Foto von sich mit dem konservativen Parlamentspräsidenten Mohammed Bagher Ghalibaf und dem Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs des Iran, Gholamhossein Mohseni Edschei, das er mit den Worten "Konsens für den Iran" kommentierte. Ghalibaf versicherte auf X, das Parlament stehe "an der Seite der Regierung, um die Probleme des Landes zu lösen".

Zum zweiten Mal eine Frau berufen

Peseschkian hatte im Juli die Präsidentschaftswahl im Iran gewonnen. Der 69-Jährige wurde als einziger Kandidat aus dem Reformer-Lager gesehen.

Mehr zum Thema

Der neue Außenminister Aragtschi ist zwar für seine Dialogbereitschaft gegenüber dem Westen bekannt, bekundete aber unlängst seine "umfassende Unterstützung für die Achse des Widerstands", in der der Iran mit israelfeindlichen Gruppen wie der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas und der libanesischen Hisbollah-Miliz verbunden ist. 2013 hatte Argagtschi die Atomgespräche mit dem Westen geführt. Sie mündeten 2015 schließlich in einem Atomabkommen, das aber nach dem einseitigen Ausstieg der USA 2018 kollabierte.

Peseschkians Kabinett gehört mit der Ministerin für Straßenbau und Stadtentwicklung, Farsaneh Sadegh, nur eine Frau an. Sie ist erst die zweite Frau auf einem Ministerposten seit Gründung der Islamischen Republik Iran 1979. Das Verteidigungsministerium wird nun von General Asis Nasirsadeh geleitet, einem ehemaligen Kommandeur der Luftwaffe.

Weitere wichtige Posten im Überblick:

  • Geheimdienstminister: Esmail Chatib, bereits unter der Präsidentschaft von Ebrahim Raisi auf dem Posten, von den USA mit Sanktionen belegt.
  • Innenminister: Eskandar Momeni, Offizier der Revolutionsgarden und ehemaliger stellvertretender Chef der Strafverfolgungsbehörden.
  • Justizminister: Amin-Hussein Rahimi, bereits unter der Präsidentschaft von Ebrahim Raisi.
  • Minister für Kultur und Islamische Führung: Abbas Salehi, bekleidete das Amt bereits 2017–2021 unter der Präsidentschaft von Hassan Ruhani.
  • Minister für Wirtschaftsangelegenheiten und Finanzen: Abdolnasser Hemmati, ehemaliger Leiter der Zentralbank Irans und Präsidentschaftskandidat 2021.

Im Reformlager erregte Peseschkian einige Kritik, unter anderem weil er konservative Politiker aus Raisis Vorgängerregierung berief. Kritisiert wurde auch, dass der neue Präsident keine Repräsentanten von ethnischen und religiösen Minderheiten und nicht mehr Frauen in sein Kabinett holte.

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2024. All rights are reserved