Schlagabtausch beim TV-Duell: Scholz und Merz streiten über Migration, AfD und Wirtschaftspolitik

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Der Wahlkampf geht in die heiße Phase: In ihrem ersten TV-Duell stehen sich Bundeskanzler Scholz und Unionskanzlerkandidat Merz gegenüber. Gleich zu Beginn wird es hitzig. Dabei zeigt sich vor allem Scholz überraschend angriffslustig. Es fallen aber auch versöhnliche Töne.

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei ihrem ersten von zwei geplanten TV-Duellen einen heftigen Schlagabtausch über den Umgang mit der AfD und die Migrationspolitik geliefert. Scholz warf Merz erneut einen "Wortbruch" und einen "Tabubruch" vor, weil die Union im Bundestag ihren Fünf-Punkte-Plan zur Migration mit den Stimmen der AfD durchgesetzt hat. Er traue dem CDU-Vorsitzenden zu, nach der Wahl eine Koalition mit der AfD einzugehen. "Das ist meine ernste Sorge."

Merz wies das zurück: "Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben", sagte er. "Wir werden das nicht tun, uns (Union und AfD) trennen in den Sachfragen Welten." Die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und AfD hatte Ende Januar zu einem Eklat im Bundestag geführt. Einen Gesetzentwurf brachte Merz zwei Tage später wegen Abweichlern in seiner eigenen Fraktion und in der FDP aber nicht durch den Bundestag. Scholz hatte den Unions-Kanzlerkandidaten im Bundestag als "Zocker" bezeichnet.

Dem Versprechen der Union, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben werde, vertraut nach einer Umfrage nur jeder zweite Wähler. Nach dem aktuellen ZDF-Politbarometer glauben 50 Prozent, dass die CDU an ihrem Parteitagsbeschluss von 2018 festhalten und auf Bundesebene weiterhin eine politische Zusammenarbeit mit der AfD ablehnen wird, 43 Prozent sind gegenteiliger Ansicht.

Scholz verspricht harten Kurs bei Migration - Merz wirft ihm Versäumnisse vor

Scholz tritt in dem Duell deutlich aggressiver auf als Merz. Für die Zeit nach der Wahl versprach er, einen "harten Kurs" in der Migrationspolitik fortzusetzen. Er stehe für einen "restriktiven Kurs, was irreguläre Migration betrifft", sagte er. Deutschland dürfe Gewalttaten wie die von Aschaffenburg nicht akzeptieren. "Wir können uns niemals abfinden mit solchen Taten und deshalb muss klar und entschieden gehandelt werden."

Merz warf Scholz vor, "weit über zwei Millionen irreguläre Migranten nach Deutschland" gelassen zu haben. Das entspreche mehr als den Einwohnern der Stadt Hamburg, so der CDU-Vorsitzende. "Sie kriegen es in Ihrer Koalition nicht so hin, wie es notwendig wäre", hielt er Scholz vor.

Auch über den richtigen Kurs in der Wirtschaftspolitik sind sich Scholz und Merz uneins. Merz sagte, Deutschland stecke im dritten Jahr in einer Rezession. Es gebe mehr Insolvenzen und steigende Arbeitslosenzahlen. Er warf Scholz vor, eine falsche Wahrnehmung von der Dringlichkeit der Probleme zu haben. Scholz nannte die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine als einen Hauptgrund für die Wachstumsschwäche hierzulande. Er nannte zudem Fortschritte etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

Scholz kritisierte zudem die Steuerpläne der Union. Die Union wolle vor allem diejenigen entlasten, die am meisten verdienten, sagte der Kanzler mit Blick auf Pläne der Union, den Solidaritätszuschlag auch für Spitzenverdiener komplett abzuschaffen. Scholz warb für den Vorschlag einer "Made in Germany"-Prämie, um Investitionen von Firmen anzureizen. Merz konterte, es komme nicht auf eine Eintagsfliege an, es müssten Rahmenbedingungen für alle dauerhaft verbessert werden.

Bei aller Härte des Duells gab es ganz zu Beginn aber auch etwas Versöhnliches. Merz sagte, er habe Scholz nicht übel genommen, dass er ihn zu Beginn des Wahlkampfs mal als "Fritze Merz" bezeichnet habe.

Nur Stift und Block zugelassen

Das 90-minütige Duell bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern zur besten Sendezeit wird von den Talkshow-Profis Maybrit Illner und Sandra Maischberger moderiert. Das Fernsehduell markiert den Start in die heiße Schlussphase des Wahlkampfs, in die Merz und die CDU/CSU mit großem Vorsprung in den Umfragen gehen. Die Union kommt derzeit auf 29 bis 34 Prozent, Scholz und die SPD liegen dagegen weit abgeschlagen mit 15 bis 18 Prozent nur auf Platz drei hinter der AfD. Der Eklat im Bundestag hat kaum Auswirkungen auf die Umfragewerte gehabt. Die von der SPD erhoffte Trendwende blieb aus.

Scholz hat nun nur noch 14 Tage, den Rückstand von 11 bis 17 Prozentpunkten in den Umfragen aufzuholen. Auch bei den persönlichen Beliebtheitswerten liegt er hinten. In einer aktuellen Insa-Umfrage für "Bild" sagen 41 Prozent, sie würden Merz direkt wählen, wenn nur der Kanzler und Oppositionsführer zur Auswahl stünden. 31 Prozent würden sich für Scholz entscheiden.

Die beiden Kanzlerkandidaten wurde erlaubt, Stift und Notizblock mit an ihre Stehpulte ins TV-Studio in Berlin-Adlershof nehmen - sonst nichts. Publikum wurde nicht zugelassen. Bei den Antworten wurde auch anders als bei früheren Duellen keine Uhr eingeblendet. Die Regie achtete aber auf Ausgewogenheit und wollte die Moderatorinnen bei einer Schieflage informieren.

In einer Woche treffen Merz und Scholz auf Weidel und Habeck

In den nächsten zwei Wochen bis zur Wahl am 23. Februar werden die Kanzler- und Spitzenkandidaten in zahlreichen weiteren Fernsehdebatten aufeinandertreffen. Am Sonntag, dem 16. Februar begrüßen Pinar Atalay und Günther Jauch bei RTL, ntv und "stern" die vier Kanzlerkandidaten der aktuell laut Umfragen stärksten Parteien. Der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz stellt sich in einem direkten Schlagabtausch dem Unionskandidaten Friedrich Merz, dem Grünen Robert Habeck und Alice Weidel von der AfD. Ursprünglich hatte RTL nur ein Duell zwischen Merz und Scholz geplant.

Im Anschluss blickt ntv-Moderator Christoph Hoffmann mit ntv-Chefreporterin Nadine to Roxel und Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf die Aussagen der vier Spitzenpolitiker. Gemeinsam ordnen sie zudem die ersten repräsentativen Zahlen von Forsa ein, die während der Sendung erhoben werden und zeigen sollen, wer die Zuschauer am ehesten überzeugt hat.

Auch die anderen Parteien, die eine Chance auf den Einzug in den Bundestag haben, bekommen Gelegenheit, für sich zu werben. Im Vorfeld des Quadrells nehmen Roberta Bieling und Nikolaus Blome die BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, den FDP-Spitzenkandidaten Christian Lindner sowie Gregor Gysi, der für die Linke ein Direktmandat erobern will, ins Kreuzverhör.

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