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Rudi Völler feiert 65. Geburtstag: Der Mann, der nie ganz vom Platz ging



Mit 65 Jahren denkt Rudi Völler nicht an Rente. Der beliebte DFB-Sportdirektor verlängerte erst kürzlich seinen Vertrag bis 2028.

Held, Volkstribun, Rudi Nationale. Wenn es um Rudi Völler geht, ist den Deutschen kein Titel zu abgehoben. Er dürfte einer der beliebtesten Menschen in Deutschland sein, wenn nicht gar der beliebteste. Am 13. April feiert er seinen 65. Geburtstag.

Er bekommt eine eigene Doku

An Rente denkt er zur Zeit nicht, obwohl er reichlich dafür getan und es wahrlich verdient hätte: Von 1977 bis 1996 stand er für die Kickers aus Offenbach, den TSV 1860 München, SV Werder Bremen, AS Rom, Olympique Marseille und Bayer Leverkusen auf dem Platz. Hinzu kommen 90 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft.

Seine Erfolgsbilanz als Spieler: Weltmeister 1990, Vize-Weltmeister 1986, Vize-Europameister 1992, Champions-League-Sieger mit Olympique Marseille 1993, Coppa-Italia-Sieger 1991 mit AS Rom. Und als Trainer: Vize-Weltmeister 2002. Zudem war er viele, viele Jahre Sportdirektor und Mitglied der Geschäftsführung von Bayer Leverkusen, dem amtierenden Deutschen Meister und Pokalsieger.

Die Beliebtheit Rudi Völlers wird auch von zahlreichen Auszeichnungen und Preisen dokumentiert: Fußballer des Jahres, Bambi, Bundesverdienstkreuz, Silbernes Lorbeerblatt, Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen und viele mehr. Derzeit entsteht die Sky Original Doku "Rudi Völler - Die Dokumentation", in der neben Rudi Völler unter anderem Wegbegleiter wie Lothar Matthäus (64), Oliver Kahn (55) und Julian Nagelsmann (37) zu Wort kommen.

Der Beginn einer atemberaubenden Karriere

Wie schafft es ein Mensch aus einfachen Verhältnissen zu solchem Ruhm? Bei Rudi Völler waren es nicht nur die vielen Tore, mit denen er seine Mannschaften und Millionen von Fußballfans erfreute. Sein Vater, der Dreher und Lagerverwalter Kurt Völler (1925-2016), hatte den 1960 in Hanau geboren Rudolf und seinen 13 Jahre älteren Bruder Dieter (starb 2014 mit 67 Jahren an Lungenkrebs) zu unverstellten, geradlinigen Menschen erzogen.

Bevor Rudi seine Karriere als Fußballprofi startete, war er als torhungriges Talent beim TSV 1860 Hanau aufgefallen. Doch zuerst musste er seinen Realschulabschluss machen und seine Lehre als Bürokaufmann beenden. Danach begann eine atemberaubende Karriere.

Die legendäre Spuck-Attacke

Einen unvergesslichen Höhepunkt der Verehrung erreicht er bei der WM 1990 in Italien, wo er bereits als Mittelstürmer der AS Rom ungemein populär war. Beim Achtelfinale gegen Holland wird er vom niederländischen Weltklassespieler Frank Rijkaard (62) gefoult und bespuckt. Völler ist empört, doch er revanchiert sich nicht, kein Schlag, nicht mal ein Tritt. Rijkaard sieht Rot, Völler aber auch. Die deutschen Fans toben, daran ändert selbst der 2:1-Sieg der Deutschen wenig. "Ruuudi-Ruuudi"-Chöre hallen noch lange durch das Stadion.

Nach dem Spiel entschuldigt sich Rijkaard: "Ich hatte persönliche Probleme und ging besonders gereizt in das Spiel. Das musste sich entladen. Ich hatte mich wegen privater Schwierigkeiten nicht im Griff. Ich kann es leider nicht ungeschehen machen. Jeder Mensch macht Fehler, es tut mir leid".

Er sagt auch, dass die rote Karte für Völler "völlig unberechtigt" sei. Der vergibt dem Sünder und sagt einen typischen Völler-Satz: "Es ist halt passiert, fertig, vorbei." Die beiden haben sogar Freundschaft geschlossen, sechs Jahre später treten sie zusammen in einem Werbespot für eine Molkerei auf: Völler und Rijkaard sitzen einträchtig in weißen Bademänteln am Tisch und lächeln zum Slogan: "Mit echter Butter bekommen Sie jeden an die gemeinsame Tafel."

Kurz zuvor hatte Rudis neuer Spitzname die Runde gemacht. Sein Freund und Mannschaftskollege Thomas Berthold (60) hatte ihn wegen der grauen Strähnen in seiner Vokuhila-Lockenpracht "Tante Käthe" genannt: Deutschland war so begeistert, dass die Kölner Mundart-Band Höhner 2001 den Song "Tante Käthe" herausbrachte und damit dem späteren Bundestrainer huldigte.

Die langgezogenen "Ruuudi-Ruuudi"-Rufe in den Stadien wurden ab 2002 durch einen weiteren Hit musikalisch ergänzt. Dann sangen Tausende von Fans das Lied der Band La Rocca "Es gibt nur ein' Rudi Völler" zur Melodie von "Guantanamera".

Seine Wut-Rede bleibt unvergessen

Ein anderer Meilenstein in seiner Vita ist die "Wutrede" in der ARD am 6. September 2003. Sein Team, die deutsche Nationalmannschaft, hatte gerade in einem EM-Qualifikationsspiel in Island nur ein enttäuschendes 0:0 erreicht, und Völler betrat das TV-Studio und musste mit anhören wie der Kommentator Gerhard Delling (65) und sein Experte Günter Netzer (80) das Spiel als "absoluten Tiefpunkt" niedermachten.

Rudi war wütend. "Ich weiß, meine beiden Jungs von der ARD, der Günter und auch Herr Delling - das ist natürlich eine schöne Sauerei, was der so sagt. Das muss ich einfach mal so sagen", polterte der Teamchef live los. "Immer die Sache mit dem Tiefpunkt und nochmal 'n Tiefpunkt und noch mal 'nen niedrigeren Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören."

Inzwischen war sein Gesicht dunkelrot angelaufen. "In welcher Welt lebt ihr denn alle?", schreit er mehr als er fragt: "Ihr müsst doch mal von Eurem hohen Ross runterkommen. Was Ihr Euch alle immer einbildet, was wir für einen Fußball hier in Deutschland spielen müssen. Ihr habt doch früher - der Günter, was die für einen Scheiß gespielt haben! Da konntest du doch früher gar nicht hingehen, die haben doch Standfußball gespielt, früher."

Moderator Waldemar Hartmann (77) versuchte ihn zu beruhigen und bekam zu hören: "Du sitzt hier locker bequem auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker."

Mit dieser Sternstunde des heiligen Zorns hat nicht nur das Fußballvolk den Rudi Völler offenbar für immer ins Herz geschlossen. Als er dann noch in einer tiefen Krise des deutschen Fußballs 2023 für ein Spiel die Nationalmannschaft übernahm und Frankreich mit 2:1 schlug, wurde aus seiner Beliebtheit eine Art Heiligenverehrung. Dass er kürzlich seinen DFB-Vertrag als Sportdirektor bis 2028 verlängerte, kam sofort wie ein Weltereignis in die Schlagzeilen.

Seinen Geburtstag wird er - "ich bin halt ein bisschen oldschool" - im Kreise seiner Familie (italienische Ehefrau, drei erwachsene Söhne, eine Tochter) feiern, es werden jede Menge Freunde anrufen, ihm gratulieren und für seine Freundschaft danken.

Ganz sicher wird der alte Kumpel Waldi Hartmann unter den Gratulanten sein. Er hat Völler nicht nur das Live-Highlight von dessen Wutrede zu verdanken, sondern darüber hinaus eine schöne Stange Geld. "Rudi hat mir mit einem einzigen Fernsehinterview meine Altersvorsorge gesichert", erklärte Hartmann vor Jahren der "TZ". Er war durch einen höchst attraktiven Werbevertrag mit einer großen Brauerei in den Genuss einer "Privatrente" genommen.

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