Bei den Präsidentschaftswahlen in Moldau zeichnet sich für die pro-europäische Regierung eine herbe Enttäuschung ab. Anders als erwartet votieren die Bürger mehrheitlich gegen einen EU-Beitritt, für den Präsidentin Sandu geworben hat. Allerdings ist erst ein Viertel der Stimmen ausgezählt.
In der Republik Moldau steht die pro-europäische Regierung um Präsidentin Maia Sandu vor einem schweren Rückschlag. Die Bürgerinnen und Bürger des südosteuropäischen Landes sprachen sich ersten Ergebnissen zufolge in einem Referendum faktisch gegen einen EU-Beitritt aus. Zudem lag Sandu bei den zeitgleich durchgeführten Präsidentschaftswahlen nur knapp vor ihrem pro-russischen Rivalen Alexandr Stolianoglo. Umfragen hatten einen deutlichen Sieg Sandus vorhergesagt.
Sollten sich die Zahlen bestätigen, könnte Stolianoglo mit Rückenwind in die Stichwahl am 3. November gehen. Auch für die EU sind die Zahlen ernüchternd, hat sie doch Sandu tatkräftig unterstützt. Russland ringt aber ebenso um Einfluss in der Ex-Sowjetrepublik. Seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 hat Moldau abwechselnd einen pro-westlichen und einen pro-russischen Kurs eingeschlagen.
Auf der Webseite der Wahlkommission hieß es am Abend, in dem Referendum zu einem EU-Beitritt hätten nach Auszählung von 23 Prozent der Stimmen 57 Prozent der Moldauer mit "Nein" und 42 Prozent mit "Ja" gestimmt. Sandu hatte energisch für einen EU-Beitritt Moldaus geworben, der durch das Referendum als strategisches Ziel in der Verfassung verankert werden sollte. Stolianoglo hatte indes zum Boykott des Referendums aufgerufen.
Von der Leyen und Baerbock in Chisinau
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich erst jüngst mit Sandu in der Hauptstadt Chisinau getroffen, um für das Referendum zu werben. Sie sagte zudem 1,8 Milliarden Euro an finanzieller Unterstützung zu. Auch Deutschland fördert die europäischen Bestrebungen in Moldau, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war zuletzt im September in Chisinau.
Bei der Abstimmung zur Präsidentschaftswahl lag Sandu am späten Abend nach Auszählung von 34 Prozent der Stimmen der Wahlkommission zufolge bei 34 Prozent. Stolianoglo, der von der pro-russischen Partei der Sozialisten unterstützt wird, kommt auf 29 Prozent. Erhält kein Kandidat in der ersten Runde mindestens 50 Prozent, kommt es in dem Land mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern zu einer Stichwahl am 3. November. Die Ergebnisse könnten sich noch ändern, vor allem, wenn die Stimmen aus der großen pro-westlichen Diaspora ausgezählt sind.
Die Regierung in Moldau hatte Russland wiederholt vorgeworfen, die Wahl zu beeinflussen. "Es handelt sich um eine kalkulierte, großangelegte Aktion, die darauf abzielt, unsere Zukunft zu destabilisieren und Moldawiens Weg in die EU zu verhindern", hatte etwa Sandus außenpolitische Beraterin Olga Rosca gesagt. Nach ihren Schätzungen hat die Regierung in Moskau über 100 Millionen Euro ausgegeben, um die Wahlen zu beeinflussen. Die Polizei geht davon aus, dass ein von Russland gesteuertes Netzwerk 130.000 Wähler bestochen hat, mit "Nein" zu stimmen und die von ihm bevorzugten Kandidaten zu unterstützen.
Sandu-Partei 2025 vor schweren Wahlen
Russland hat die Vorwürfe bestritten und wirft der Regierung in Chisinau umgekehrt vor, die Wahl von Russland-freundlichen Politikern zu verhindern. Russland hat bereits mit der abtrünnigen Region Transnistrien einen Teil Moldaus fest im Griff. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 hatten sich prorussische Separatisten in einem Bürgerkrieg vom Kernland abgespalten. Nur Russland hat den schmalen Landstreifen als unabhängig anerkannt und dort Soldaten stationiert.
2025 stehen in Moldau zudem Parlamentswahlen an. Sandus Partei stehe dabei ein harter Kampf bevor, um ihre Mehrheit im Parlament zu halten, hatte der Politikexperte Valeriu Pascha gesagt. Sandus Partei hat durch die Corona-Pandemie, die drastische Reduzierung russischer Erdgaslieferungen, einen erheblichen Anstieg der Inflation und durch viele Flüchtlinge aus der benachbarten Ukraine an Popularität verloren.