Die Kanzlerfrage bei den Sozialdemokraten scheint geklärt zu sein. Pistorius erklärt, dass er nicht als Kandidat antritt und Amtsinhaber Scholz unterstützen will. Innerhalb der SPD sorgt das teilweise für Frust. Ein anderer Teil der Partei ist darüber aber geradezu erleichtert.
SPD-Politiker und Verteidigungsminister Boris Pistorius hat am Abend bekanntgegeben, dass er "nicht zur Verfügung steht" als Kanzlerkandidat seiner Partei. Er betonte, dass es seine "souveräne, persönliche und ganz eigene Entscheidung" sei. Innerhalb der SPD ruft das gemischte Reaktionen hervor. Manche Sozialdemokraten sind erleichtert, dass nun wohl Olaf Scholz der Kandidat wird, manch andere sind entmutigt vor dem Wahlkampf.
"Ich bedauere diese Entwicklung", zeigt sich der Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten im "Spiegel" enttäuscht. Er war einer der ersten SPD-Politiker, die sich für den Verteidigungsminister als Kanzlerkandidaten aussprachen. "Jetzt muss es das Ziel sein, gemeinsam und geschlossen das bestmögliche Wahlergebnis für die SPD zu erzielen."
Auch Johannes Arlt, der für die SPD im Bundestag sitzt, sprach sich gegen den Jetzt-Kanzler Olaf Scholz als Kandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl Ende Februar aus. Er hätte sich von Pistorius "eine andere Entscheidung gewünscht". Jedoch befindet er im "Spiegel" weiter: "Jetzt haben wir eine Entscheidung. Das ist gut für die Partei und das Land. Jetzt gehen wir geschlossen in den Bundestagswahlkampf."
Ganz anders schätzt Johann Saathoff, Vorsitzender der niedersächsischen Landesgruppe, die Situation ein. "Ich freue mich, dass die Diskussion jetzt beendet ist. Respekt an Boris Pistorius für seine Entscheidung und für die Solidarität", sagt Saathoff der "Rheinischen Post". Der Niedersachse weiter: "Und er hat recht: Olaf Scholz hat Deutschland in schwierigsten Zeiten mit einer sehr komplexen Koalition sicher geführt. Den Beweis, so etwas zu können, müssen andere erst erbringen."
"Die Entscheidung von Boris Pistorius ist souverän und ein großes Zeichen der Solidarität zur SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz", sagt SPD-Vorsitzende Saskia Esken der Zeitung. "Pistorius ist ein hervorragender Verteidigungsminister, und wir kämpfen im kommenden Bundestagswahlkampf auch darum, dass er dieses Amt in der nächsten Regierung weiter ausführen kann."
In der "Rheinischen Post" spricht sich zudem der Abgeordnete Ralf Stegner für Pistorius' Entscheidung aus. Er hatte sich "eine solche Erklärung" allerdings "zeitnah erhofft". Stegner will jetzt "gemeinsam mit unserem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz die Bürger davon überzeugen, dass er die beste Wahl für Deutschland ist". Der Kanzler selbst äußerte sich am Abend nicht zum Statement seines Verteidigungsministers.