Stimmungstest für die unter Druck geratene Thüringer BSW-Chefin Wolf: Nach einem Treffen mit der Basis verspricht Wolf, in den Koalitionsgesprächen dem Markenkern der Partei klar Rechnung zu tragen.
Nach innerparteilicher Kritik will Thüringens BSW-Landeschefin Katja Wolf in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD die Positionen zu Krieg und Frieden "weiter schärfen". Das kündigte sie nach einem Mitgliedertreffen in Erfurt an, bei dem intern unter anderem über das in der Partei umstrittene Sondierungspapier diskutiert wurde, auf das sich das BSW mit CDU und SPD geeinigt hat. Das Thema solle in einem Koalitionspapier selbst "sehr klar" benannt werden, um an der Stelle dem Markenkern des Bündnisses Sahra Wagenknecht - nämlich einem Bekenntnis zu Diplomatie und Frieden - Rechnung zu tragen, so Wolf.
Die Koalitionsgespräche sollen Anfang der Woche beginnen. Nach dem Austausch mit den Mitgliedern sieht sich die zuletzt stark unter Druck geratene Landesvorsitzende dafür gestärkt. Wolf sprach von einer guten Diskussion, die von einem hohen Verantwortungsbewusstsein geprägt gewesen sei. In den Verhandlungen mit CDU und SPD über eine mögliche Regierungsbildung gehe es nun darum, möglichst viele Inhalte des BSW-Wahlprogramms einzubringen. Zugleich stellte sie klar, dass die Diskussion über die mühsam errungene Friedenspräambel nicht nochmal aufgemacht werden soll: "Die Präambel ist insoweit durch."
Einigkeit als oberste Ziel
BSW-Generalsekretär Christian Leye sagte, man gehe geschlossen aus dem Treffen in Erfurt. "Klar ist für uns, dass wir als Partei zusammenstehen - auch nach dieser Diskussion." Einigkeit bestehe nach dem Mitgliedertreffen, dass die Koalitionsverhandlungen anlaufen sollten und ein dort ausgehandelter Koalitionsvertrag in außenpolitischen, aber auch in landespolitischen Fragen klarer die Handschrift des BSW tragen solle.
Wenn ein solcher Koalitionsvertrag dann vorliege, "legen wir uns gemeinsam die Karten und werden gemeinsam als Partei entscheiden, welchen Weg es geht", so Leye. "Entweder man geht geschlossen in eine Regierung, das wäre gut, oder man geht geschlossen einen anderen Weg, das wäre auch gut."
Bedingungen von Bundesspitze gestellt
Die BSW-Spitze um Sahra Wagenknecht hatte zuletzt Bedingungen für die Regierungsbildung in Thüringen formuliert. Der Bundesvorstand forderte in einem auf der Homepage der Partei veröffentlichten Beschluss den Thüringer BSW-Landesverband auf, in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD außenpolitische, aber auch landespolitische Positionen zu konkretisieren. Gelinge dies nicht, solle man in die Opposition gehen, hieß es.
Das Thüringer BSW hatte sich mit der CDU und SPD auf einen Formel-Kompromiss in der Präambel verständigt, in dem die Unterschiede der Parteien im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine deutlich wurden. Anders als bei einer ähnlichen Einigung in Brandenburg, wo das BSW nur mit der SPD verhandeln musste, sind in Thüringen nicht nur unterschiedliche Positionen der Parteien zu Waffenlieferungen an die Ukraine festgelegt. Eine Kritik an etwaigen US-Raketen in Deutschland durch die möglichen Koalitionäre fehlt sogar ganz. Stattdessen heißt es, viele Bürger sähen das kritisch.
Wagenknecht selbst hatte das Thüringer Kompromisspapier als Fehler bezeichnet. Sie beharrte bereits vor der offiziellen Einigung auf eine Präambel, die statt Waffenlieferungen für die angegriffene Ukraine mehr Diplomatie zur Beendigung des Kriegs verlangt und sich gegen die geplante Stationierung von US-Raketen in Deutschland zur Abschreckung Russlands ausspricht.
Zu der heftigen Kritik der vergangenen Tage sagte Wolf, sie hätte sich gewünscht, dass mehr miteinander geredet werde. "Das BSW ist ein wichtiges politisches Projekt, das BSW ist mein politisches Projekt, ich lasse mich da auch nicht auseinanderdividieren."