1 month ago

Regierungsbildung: Erste Regierung aus SPD und BSW im Amt - Dämpfer für Woidke



Dietmar Woidke kann in Brandenburg als Ministerpräsident weiter regieren - auch wenn es bei der Wahl lange Gesichter gibt. Neu für Deutschland ist die Koalition mit dem BSW, die er anführt.

Brandenburg hat rund drei Monate nach der Landtagswahl die bundesweit erste Regierung aus Sozialdemokraten und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). An der Spitze steht erneut der SPD-Politiker Dietmar Woidke, der das Bundesland bereits seit 2013 regiert. Der 63-Jährige musste bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten aber einen Dämpfer hinnehmen: Er erhielt erst im zweiten Wahlgang die nötige Mehrheit der Stimmen im Landtag. 

Im zweiten Wahlgang bekommt Woidke Stimmen der Opposition

Für Woidke votierten in der geheimen Abstimmung 50 Abgeordnete, 36 Abgeordnete stimmten gegen ihn, ein Abgeordneter enthielt sich. Für die Wahl waren 45 Ja-Stimmen notwendig. SPD und BSW haben zusammen 46 Abgeordnete. 

Woidke, der nach der Wahl den Amtseid ablegte, bekam also auch Ja-Stimmen aus der Opposition. Wegen der geheimen Abstimmung in Wahlkabinen bleibt aber unklar, von wem. 

CDU-Fraktionschef vermutet AfD-Stimmen bei Wahl Woidkes

Der brandenburgische CDU-Fraktionschef Jan Redmann äußerte die Vermutung, dass Woidke mit Stimmen der AfD wiedergewählt worden sei. Er sagte: "Dietmar Woidke ist nach Thomas Kemmerich der zweite Ministerpräsident, der mit den Stimmen der AfD ins Amt kommt." Aus der CDU habe es keine Zustimmung zu dieser Koalition gegeben, schrieb er auf der Plattform X. 

Woidke selbst sagte im Interview von RTL/ntv dazu, es lasse sich nicht herausbekommen, wer wie gestimmt habe. "Also, das ist auch (...) verschenkte Zeit. Wir sollten uns auf die Aufgaben konzentrieren."

Bislang war ein Wackelkandidat aus den Reihen der BSW bekannt: Sven Hornauf aus Frankfurt (Oder) hatte erklärt, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf Woidke nicht mitzuwählen.

Woidke: Heute beginnt so richtig die Arbeit

"Heute ist der Tag, wo die Arbeit so richtig beginnt", sagte der Regierungschef nach seiner Wiederwahl, die er als großen Vertrauensvorschuss bezeichnete. Er ist zum vierten Mal zum Regierungschef gewählt worden - die ersten drei Male aber stets im ersten Wahlgang. Im Landtag wurde der SPD-Politiker von seiner Frau Susanne und anderen Familienmitgliedern begleitet. Der neue Finanzminister Robert Crumbach kam unter anderem mit seiner Lebensgefährtin. 

Neue Minister ernannt - mit einer Ausnahme 

Nach der Ernennung und Vereidigung von neun Ministerinnen und Ministern nahm die Regierung von SPD und BSW die Amtsgeschäfte auf. Die designierte Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) muss jedoch noch auf die Ernennungsurkunde warten, bis die finale Trennung vom eigenen Agrarbetrieb vollzogen ist. 

Umfrage: Skepsis gegen neues Bündnis 

Das Wagenknecht-Bündnis hat sich erst in diesem Jahr gegründet und gilt politisch noch als recht unerfahren. Nach einer Umfrage gibt es in der Bevölkerung größere Vorbehalte gegen das Bündnis: 61 Prozent der Befragten in Brandenburg bewerteten die Koalition als weniger gut oder schlecht. 

Ermittlungen wegen Bachelor-Titels gegen neuen Minister

Bekannt wurde kurz vor der Ernennung, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen den neuen Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) wegen des möglicherweise missbräuchlichen Führens eines akademischen Titels ermittelt. Man habe nach Presseberichten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagte die Staatsanwältin Hanna Urban auf Anfrage. 

Keller sagte dazu am Vormittag, er habe bislang keine Kenntnis von staatsanwaltlichen Ermittlungen. Er habe "sowohl den Landtag als auch dann meine Fraktion informiert darüber, dass ich den Studiengang Bachelor, Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft und Soziologie erfolgreich abgeschlossen habe. Das ist auch das, was mir die Universität bestätigt hat." 

Wahl der Ministerpräsidenten steht in Thüringen noch bevor

Am Donnerstag steht auch in Thüringen die Wahl des neuen Regierungschefs auf dem Programm. Der CDU-Politiker Mario Voigt will sich dann mit Stimmen von CDU, SPD und BSW zum Nachfolger von Bodo Ramelow wählen lassen. Die sogenannte Brombeer-Koalition in Erfurt hat anders als das SPD/BSW-Bündnis in Brandenburg mit 44 von 88 Abgeordneten aber keine eigene Mehrheit.

SPD regiert in Brandenburg seit 1990

Die SPD in Brandenburg führt die Landesregierungen in Potsdam seit 1990 an. Woidke regierte zuletzt an der Spitze eines Bündnisses aus SPD, CDU und Grünen. Nach der Wahl am 22. September, bei der die Sozialdemokraten nach einer Aufholjagd auf dem ersten Platz landeten, war das neue SPD/BSW-Bündnis die einzige Option, da beide Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen hatten.

Woidke nennt Wirtschaft und Bildung als große Aufgaben

Ministerpräsident Woidke nannte einige große Aufgaben für die Regierung. "Wir haben erstens die große Herausforderung, die wirtschaftliche Entwicklung im Land Brandenburg weiter auf einem guten Niveau zu halten." Zudem müsse das Land im Bildungsbereich besser werden. In der Migrationspolitik gehe es um eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt.

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved