In den landesweiten Umfragen liegt sie knapp vor ihrem Widersacher. Doch Kamala Harris weiß, dass sie nach der Anfangs-Euphorie nun Inhalte liefern muss. Auf dem Parteitag der Demokraten verspricht sie, eine Präsidentin zu sein, "die führt und zuhört".
Vor der mit Spannung erwarteten Parteitagsrede der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat ihr Kampagnenteam am Donnerstag (Ortszeit) bereits erste Auszüge veröffentlicht. "Ich weiß, dass heute Abend Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zuschauen. Und ich möchte, dass Ihr wisst: Ich verspreche, Präsidentin aller Amerikaner zu sein", heißt es darin. Dazu wolle sie einen "neuen Weg voran" einschlagen.
"Mit dieser Wahl bietet sich unserer Nation eine wertvolle, flüchtige Chance, die Verbitterung, den Zynismus und die spaltenden Kämpfe der Vergangenheit hinter sich zu lassen", hieß es weiter im Redetext der Präsidentschaftskandidatin. Das Land habe die Chance, einen neuen Weg nach vorn zu beschreiten, "nicht als Mitglieder einer bestimmten Partei oder Fraktion, sondern als Amerikaner".
Sie wolle eine Präsidentin sein, "die führt und zuhört, die realistisch ist, praktisch, und gesunden Menschenverstand hat", heißt es weiter in den Redeauszügen. Sie werde immer für das amerikanische Volk kämpfen. In ihrer Ansprache in Chicago, die um 04.45 Uhr MESZ beginnen soll, will die US-Vizepräsidentin ihre Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten offiziell annehmen.
Den Auszügen zufolge will sich Harris in ihrer Rede auch über den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump äußern. Der Ex-Präsident sei "kein ernsthafter Mann", steht demnach in ihrem Skript. "Aber die Folgen einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus wären äußerst ernst." Und weiter: "Denken Sie an die Macht, die er haben wird - vor allem, nachdem der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten gerade entschieden hat, dass er vor Strafverfolgung geschützt ist."
Trump hatte Anfang Juli vor dem Supreme Court einen bedeutsamen Teilsieg errungen. In der Frage, ob Ex-Präsidenten vor Strafverfolgung geschützt sind, entschied das Gericht in Washington, dass dies zumindest für offizielle Amtshandlungen gilt.
Wähler brauchen die "Kamala-Agenda"
Harris ist erst spät ins Rennen um das Weiße Haus eingestiegen. Erst im Juli hatte US-Präsident Joe Biden nach wochenlanger heftiger Debatte über seine geistige Fitness für das Amt auf seine Kandidatur verzichtet und für Harris als seine Nachrückerin plädiert. Sie wurde von den US-Demokraten dann Anfang August in einem elektronischen Votum als Präsidentschaftskandidatin nominiert.
Bei dem am Montag begonnenen Parteitag in Chicago wurde ihre Nominierung feierlich bestätigt, in ihrer Rede zum Abschluss des Parteitags will Harris ihre Nominierung offiziell annehmen. Dabei werden auch programmatische Äußerungen von ihr erwartet. "Die Wählerinnen und Wähler haben bereits die Kamala-Schwingungen. Nun brauchen sie die Kamala-Agenda", sagte der Politikwissenschaftler Larry Sabato von der University of Virginia.
Harris' Kandidatur hat großen Enthusiasmus in der Partei entfacht. In den Umfragen liegt sie US-weit leicht vorn, allerdings wird die Wahl am 5. November nicht durch die landesweiten Stimmenanteile entschieden, sondern durch die Ergebnisse in den einzelnen Bundesstaaten. Die Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners wäre die erste Frau, Afroamerikanerin und der erste Mensch mit asiatischen Wurzeln im US-Präsidentenamt.
Harris' Rede in Chicago wird der Höhepunkt des Parteitags sein. In den vergangenen Tagen hatten jeweils mehr als 20 Millionen Zuschauer die Auftritte in Chicago vor den Fernsehbildschirmen verfolgt. Am Mittwoch (Ortszeit) hatte ihr Vizepräsident-Kandidat Tim Walz seine Nominierung offiziell angenommen und vor einer begeisterten Menge zu einer unermüdlichen Mobilisierung für Harris' Wahlerfolg im November aufgerufen.