Mit Hinblick auf den Krieg im Gazastreifen hat ein Gericht in Israel befunden: Ultraorthodoxe sind nicht mehr de facto von der Wehrpflicht befreit. Nachdem im Juli bereits 1000 ultraorthodoxe Männer einberufen worden waren, schickt das Militär jetzt weitere Einberufungsbefehle raus.
Das israelische Militär hat weitere ultraorthodoxe Juden zum Militärdienst einberufen. Es will seine Streitkräfte an der Grenze zum Gazastreifen und zum Libanon verstärken. Der Schritt könnte zu weiteren Spannungen führen: zwischen streng religiösen Juden, die den Wehrdienst ablehnen, und säkularen Israelis - aber auch innerhalb der Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der auch ultraorthodoxe Parteien angehören.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender Kan berichtete, einige Rabbiner hätten die Empfänger der Einberufungsbefehle aufgefordert, diesen nicht Folge zu leisten. Im Juni hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass das Verteidigungsministerium jüdischen Seminaristen keine pauschale Befreiung von der Wehrpflicht mehr gewähren darf. Der Wehrdienst sei für alle verpflichtend - gerade in Hinblick auf den Krieg im Gazastreifen, befand das Gericht.
Männer müssen drei Jahre, Frauen zwei Jahre Wehrdienst leisten. Die Ausnahmeregelung galt seit 1948, als der Staat Israel gegründet wurde. Die Ultraorthodoxen waren de facto für das Studium der religiösen Schriften von der allgemeinen Wehrpflicht befreit. Allerdings lebten damals noch sehr wenige Ultraorthodoxe in Israel. Inzwischen hat sich die Gesellschaft in dem Land gewandelt. Die Gemeinschaft der Ultraorthodoxen ist - auch durch Einwanderung - größer geworden, und die in theologischer und sozialer Hinsicht überaus konservative Strömung hat erheblich an Einfluss gewonnen.
Vertreter der rasch wachsenden ultraorthodoxen Gemeinschaft argumentieren, es werde die Zerstörung der Identität der Seminarstudenten als religiöse Juden riskiert, wenn man sie zwinge, Seite an Seite mit säkularen Israelis, darunter auch Frauen, im Militär zu dienen. Am Freitag teilte das Verteidigungsministerium mit, es würden von Sonntag an 7000 Ultraorthodoxe schrittweise ihre Einberufungsbefehle erhalten. Man werde mit den Vorsitzenden der Gemeinden zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass ultraorthodoxe Soldaten auch während ihres Militärdienstes ihren religiösen Lebensstil beibehalten könnten.
Bereits im Juli hatte das Militär 1000 ultraorthodoxe Männer einberufen. Die beiden streng religiösen Parteien in Netanjahus Koalition lehnten diesen Kurswechsel strikt ab. Die Regierung, die so weit rechts steht wie keine vor ihr, geriet unter starken Druck. Zugleich steht die Regierung aber unter dem zunehmenden Druck seitens israelischer Reservisten, auch Ultraorthodoxe in den Militärdienst einzubeziehen. Viele der Reservisten waren in den vergangenen zwölf Monaten im Militäreinsatz.