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Podcast "Die Lage – International": Experte: "Die Lage in Syrien stellt Putin vor ein Ressourcen-Problem"



In Syrien hat Russland Diktator Assad jahrelang an der Macht gehalten. Doch Moskaus Möglichkeiten, ihm gegen die Rebellen zur Seite zu springen, sind eingeschränkt.

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Der rasante Vormarsch syrischer Rebellen gegen Stellungen des Assad-Regimes in Syrien gefährdet nach Ansicht des Sicherheitsexperten Christian Mölling auch russische Kerninteressen, allen voran Russlands Marinebasis in Tartus an der syrischen Mittelmeerküste und Moskaus Luftwaffenstützpunkt in Hmeimim nahe Latakia. Trotzdem sei unklar, in welchem Maß Wladimir Putin in der Lage ist, einzugreifen, um Assads schwindende Macht zu stützen. Putin laufe auf ein Ressourcenproblem zu, sagte Mölling am Freitag im stern-Podcast "Die Lage – International". 

PAID Syrien Offensive 9:15Russland habe Assad lange unterstützt, müsse nun aber entscheiden, auf welchen Konflikt es seine Kräfte konzentriere. "Priorität eins aus russischer Sicht ist die Ukraine. Dort kann Putin nicht verlieren", so Mölling, Leiter des Programms "Zukunft Europas" der Bertelsmann Stiftung. Russlands Interesse in Syrien seien die Sicherung seines Zugangs zum Mittelmeer und die logistische Unterstützung russischer Kräfte in der Sahel-Zone. Er glaube nicht, dass Putin Truppen aus der Ukraine abziehen werden, um Assad zu helfen. Eine mögliche Option für Moskau sei, einen Teil seiner Kräfte in Afrika nach Syrien zu verlegen, um das wankende Regime von Diktator Assad im Kampf gegen die Rebellen zu unterstützen. Aber auch das ist nach Einschätzung des Sicherheitsexperten mit Unwägbarkeiten verbunden: "Es müsste sehr schnell gehen." Außerdem wäre zur Sicherung des offenen, strategisch entscheidenden Geländes um die nun umkämpfte Großstadt Homs in Zentralsyrien eine große Menge an Infanterie samt Luftunterstützung nötig. "Ich weiß nicht, ob Russland das in großem Maß zur Verfügung stellen kann", so Mölling.

Die Lage in SyrienStand: 5. Dezember 2024, 18 Uhr
© stern/rös; DPA

Syrien zeigt: "Konflikte einzufrieren, reicht nicht aus"

Die Entwicklung in Syrien zeigt nach Möllings Ansicht exemplarisch, dass die verbreitete Vorstellung, es sei möglich, Konflikte einzufrieren, eine trügerische Allmachtsfantasie ist. Ob in Syrien oder der Ukraine: "Konflikte einzufrieren, reicht eben nicht aus. Denn dann können andere das wieder auftauen – und wir haben nicht mehr die Kontrolle darüber. Auf Allmacht folgt Ohnmacht", sagte Mölling. Die Versuche der Golfstaaten, der Türkei und einiger westlicher Länder wie Italien in letzter Zeit, eine Wiederannäherung an das Assad-Regime einzuläuten, illustrierten das.

Unabhängig von der volatilen Entwicklung wird Russland in Syrien nach Möllings Einschätzung aber ein wichtiger Machtfaktor bleiben, denn es sei aufgrund der eigenen Truppenpräsenz im Land in jedem Szenario ein "notwendiger Verhandlungspartner". Russland habe sich hier wie anderswo gewaltsam seinen Platz im Spiel um die Macht gesichert. "Das ist perfide. Aber aus russischer Sicht eine sehr schlaue Strategie", sagte Mölling.

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