3 months ago

Person der Woche: Wagenknecht: Wie Taylor Swift die Wagenknecht-Partei reich macht



Die Wagenknecht-Partei ist ein Phänomen. Ihr Wahlerfolg bekommt republikverändernde Dimensionen. Dabei ist manches an der Partei schillernd und fragwürdig - auch die Herkunft einer spektakulären Superspende?

Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) ist das erfolgreichste Politik-Startup der Republik. Noch nie ist eine neue Partei innerhalb eines Jahres derart durchgestartet. Die Wagenknecht-Partei ist - obwohl im Januar überhaupt erst gegründet - auf Anhieb in drei Landtagswahlen nacheinander auf zweistellige Ergebnisse gekommen. In Thüringen, Sachsen, Brandenburg hat sie Grüne und FDP regelrecht deklassiert. In allen drei Ländern hat sie sogar eine Volkspartei überholt - in Thüringen und Sachsen die SPD, in Brandenburg die CDU. Regierungsbildungen am BSW vorbei sind quasi unmöglich. Und: Der Wagenknecht-Trupp hat - Rache oder Kollateralschaden? - die Linkspartei geradezu pulverisiert und so die SED-Nachfolgepartei in die Annalen der Geschichte zurückverwiesen.

 Sahra Wagenknecht (links) und Taylor Swift.  Sahra Wagenknecht (links) und Taylor Swift.

Die eine profitiert vom Erfolg der anderen: Sahra Wagenknecht (links) und Taylor Swift.

Der spektakuläre BSW-Erfolg basiert einerseits auf der dramatischen Akzeptanzkrise der Ampel-Regierung und der wachsenden Proteststimmung in Deutschland. Andererseits geht er auf das Charisma von Sahra Wagenknecht zurück mitsamt ihrem Geschick, rechts- und linkspopulistische Positionen miteinander zu verknüpfen. Sie wirkt wie die menschgewordene Hufeisen-Theorie, wonach rechts- und linksextreme Position mehr miteinander gemeinsam haben als mit der demokratischen Mitte. Sie tritt - wie die AfD - für eine drastische Begrenzung der Zuwanderung ein und liegt auch in der Ukraine-Frage exakt auf russlandfreundlichem und NATO-kritischem AfD-Kurs. Selbst ihre Verachtung für das Gendern teilt sie mit den Rechtspopulisten.

Kevin Kühnert hat Fragen

Der raumgreifende Erfolg verblüfft auch deshalb, weil die Partei ansonsten ein reichlich nebulöses Programm hat. Hinzukommt eine brüchige Organisation: In mehreren Bundesländern gibt es noch gar keine Verbände. Das BSW hat kaum Personal, dafür aber eine schillernde, namensgebende Vorsitzende, die bislang als Neo-Kommunistin und DDR-Nostalgikerin Karriere machte. Umso spannender ist es, wie sich das politische Super-Start-Up eigentlich finanziert.

Für Aufsehen sorgt dabei eine spektakuläre Riesenspende eines Ehepaars aus Mecklenburg-Vorpommern. Die 5,08 Millionen Euro von Thomas Stanger und Lotte Salingré sind die größte Spende von Einzelpersonen an eine Partei in den letzten 20 Jahren. Kevin Kühnert, Generalsekretär der SPD, wirft in einem Instagram-Video provokant die Frage auf, welche Verbindungen sich wohl hinter den beiden Geldgebern verstecke? Ob das BSW womöglich eine "Pappmaché-Partei" sei, die aus Moskau finanziert werde? Es schießen nicht nur bei der SPD die Spekulationen ins Kraut, ob das Geld nicht in Wahrheit aus verschwundenen SED-Millionen stamme oder direkt aus russischen Geheimquellen.

Große Zahlen und ein russischer Name

Zu den Fakten: Aus der offiziellen Dokumentation der Bundestags-Präsidentin geht hervor, dass Thomas Stanger am 8. Januar 990.000 Euro an das BSW überwiesen hat, am 9. März dann eine zweite Tranche von 4,09 Millionen Euro. Der Spender lebt in Klütz bei Wismar in bürgerlich-bodenständigen Verhältnissen und begründet seine Spenden mit seiner Russland-verstehenden Einstellung. Er sei pazifistischer Gesinnung und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine: "Wir wollen, dass Konflikte ohne Waffen und Kriege gelöst werden", sagte Stanger im Januar dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Investigative Rechercheure prüfen nun die Geldquellen von Thomas Stanger und seiner Anteile (30 Prozent) an dem dänischen LED-Hersteller Brother, Brother & Sons (BB&S). Mehrheitsgesellschafter (70 Prozent) des Unternehmens ist ein gewisser Peter Igor Werschenskij Plesner. Der russische Name schien den Verdacht zu erhärten, dass es sich hier um eine Russland-Connection handeln müsse, zumal die Firma verschuldet ist und keine Gewinne abwirft, die Stanger zum freigiebigen Großspender werden lassen könnte. In sozialen Medien wird er bereits als Geldwäscher Moskaus und Putin-Propagandist diffamiert.

Bislang wich Stanger der Frage aus, woher das viele Geld tatsächlich kommt. Im RND-Gespräch hatte er Ende Januar lapidar erklärt: "Wir kommen aus der Hightech-Branche. Ich habe eine Firma mit aufgebaut und bin dort noch Teilhaber. Wir hatten das Glück, im richtigen Moment die richtigen Leute getroffen und die richtige Idee gehabt zu haben. Seit Jahren nutzen wir einen Teil unseres Wohlstands auch dazu, Organisationen zu unterstützen, die sich für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz einsetzen."

Auf die Technik kommt es an

Nun hat sich das Ehepaar Stanger/Salingré in einem Interview mit t-online zu den Vorwürfen geäußert ("Wir haben das Geld verdient.") und die von t-online recherchierten Geldquellen bestätigt. Das Geld stamme aus der weltweit erfolgreichen Firma "MA Lighting Technology GmbH" aus Waldbüttelbrunn bei Würzburg. Stanger ist tatsächlich Mitbegründer Firma, die Steuerungstechnik für Lichteffekte großer Shows und Konzerte bereitstellt - unter anderem für Konzerte der weltweit erfolgreichsten Künstler wie Ed Sheeran, Taylor Swift oder Coldplay.

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MA Lighting ist wirtschaftlich sehr erfolgreich, wirft Jahr für Jahr hohe Renditen ab und zahlt seinen Gesellschaftern offenbar Millionenbeträge aus, wie t-online berichtet. Einer der Gesellschafter ist Thomas Stanger, obwohl er sich schon vor Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen hat. "Wir haben dieses Unternehmen in einer Garage aufgebaut. Und wir hatten offenbar einen guten Riecher," behauptet Stanger heute. Im Übrigen habe man bereits vor den beiden Überweisungen an die Partei Spenden an den Verein "BSW - Für Vernunft und Gerechtigkeit e. V." getätigt. Dieser bekam Ende 2023 jeweils 20.000 Euro von Stanger und Salingré. Die Spendensumme des Ehepaars an Wagenknecht ist damit noch höher als bislang bekannt.

Sollte die Darstellung stimmen, kommt das viele Geld also nicht aus Moskau, sondern von den Glitzerbühnen der globalen Showgrößen, die von einem deutschen Mittelständler technisch-visuell in Szene gesetzt werden. Alles schillernd.

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