Die Sabotage in der Ostsee versetzt die Anrainerstaaten in höchste Alarmbereitschaft. Die finnische Küstenwache stoppte jetzt einen russischen Tanker, die EU droht Sanktionen an.
Nach dem Ausfall eines Unterseestromkabels nach Estland haben die finnischen Behörden einen aus Russland kommenden Öltanker in der Ostsee unter ihre Kontrolle gebracht. Das auf der Cook-Insel registrierte Schiff "Eagle S" wurde am Donnerstag von der finnischen Küstenwache geentert, wie ein Vertreter der Küstenwache auf einer Pressekonferenz sagte. Diese habe das Kommando übernommen und das Schiff in finnische Gewässer gesteuert. "Wir ermitteln wegen schwerer Sabotage", sagte Robin Lardot, der die behördenübergreifende Untersuchung leitet. "Nach unseren Erkenntnissen hat ein Anker des Schiffes den Schaden verursacht."
Der finnische Zoll teilte mit, dass er die Ladung des Schiffes beschlagnahmt habe. Man gehe davon aus, dass die "Eagle S" zu Russlands so genannter Schattenflotte alternder Tanker gehöre. Diese versuchen, die Sanktionen gegen den Verkauf von russischem Öl zu umgehen.
In Ostsee-Anrainerstaaten herrscht höchste Alarmbereitschaft
Der Ausfall eines Untersee-Stromkabels und dreier Internetleitungen zwischen Finnland und Estland beschäftigen auch die Politik in beiden Staaten. Beide Regierungen wollten noch am Donnerstag außerordentliche Sitzungen abhalten, hieß es in getrennten Erklärungen. Man wolle sich ein Bild von der Lage machen. Der estnische Ministerpräsident Kristen Michal steht in engem Kontakt mit Kollegen im nordischen und baltischen Raum,
wie er auf X schrieb.PAID Hintergrund SiemensTurbine und Schröder 14.23
Die EU hat unterdessen die Verhängung von Sanktionen gegen Russlands sogenannte Schattenflotte angedroht. "Wir werden weitere Maßnahmen, einschließlich Sanktionen, vorschlagen, die sich gegen diese Flotte richten", erklärten die Europäische Kommission und die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Donnerstag gemeinsam. "Das verdächtige Schiff ist Teil der russischen Schattenflotte, welche die Sicherheit und die Umwelt bedroht und gleichzeitig Russlands Kriegshaushalt finanziert", betonten Kallas und die Kommission.
In den Ostsee-Anrainerstaaten herrscht höchste Alarmbereitschaft wegen möglicher Sabotageakte, nachdem es seit 2022 mehrfach zu Ausfällen von Stromkabeln, Telekommunikationsverbindungen und Gaspipelines gekommen ist. Viele Experten halten Russland für einen möglichen Drahtzieher. Der jüngste Vorfall ereignete sich am Mittwochmittag und führte zum Ausfall der 658 Megawatt starken Stromverbindung "Estlink 2". Zwischen den beiden Ländern ist damit nur noch das 358 Megawatt starke Estlink 1-Netz in Betrieb, wie der Betreiber Fingrid mitteilte. Die Reparatur der 170 Kilometer langen Verbindungsleitung Estlink 2 werde Monate dauern. Der Ausfall könne im Winter zu einer angespannten Stromversorgungslage führen, betonte Fingrid.
Auch Ukraine steht im Verdacht
Die schwedische Polizei untersucht derzeit zwei durchtrennte Telekommunikationskabel in der Ostsee. 2022 wurden drei der vier Nord-Stream-Pipelines, die russisches Erdgas nach Deutschland liefern, durch Explosionen in rund 80 Metern Tiefe zerstört. Ermittlungen zufolge handelte es sich um Sabotage.
Nachdem anfangs Russland als Urheber im Verdacht stand, deuteten späte viele Spuren in die Ukraine. Bei Seekabeln können auch Schiffsanker Schaden anrichten. Vorsatz ist in solchen Fällen schwer nachweisbar. Die finnische Polizei befasst sich derzeit auch mit der Beschädigung der Ostsee-Gaspipeline "Balticconnector" zwischen Finnland und Estland sowie mehrerer Telekommunikationskabel. In diesen Fällen geht die Polizei davon aus, dass ein Schiff mit seinem Anker die Schäden verursacht haben könnte.