Bundeskanzler Olaf Scholz blickt auf eine lange politische Karriere zurück. Sein Werdegang und sein Leben im Porträt.
Der politische Werdegang von Bundeskanzler Olaf Scholz
Aussitzen und abwarten. Das hat Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in seinen letzten Amtsjahren perfektioniert. Und das hat ihn wohl auch 1998 das Amt gekostet. Als sein SPD-Gegenkandidat Gerhard Schröder ins Kanzleramt einzieht, schafft es auch der Jurist Olaf Scholz erstmals in den Bundestag. Im Mai 2001 verabschiedet er sich aus Berlin Richtung Hamburg: Das Amt des Innensenators ruft. Als solcher genehmigt er den zwangsweisen Brechmittel-Einsatz in Hamburg. Als der mutmaßliche Drogendealer und abgelehnte Asylbewerber Achidi John sich im Dezember 2001 gegen die Prozedur wehrt, erleidet er einen Herzstillstand und stirbt Tage später. Da ist Scholz zwar schon nicht mehr Innensenator, aber Verantwortung für das Vorgehen trägt er doch. Politisch und juristisch bleibt aber nichts an ihm hängen.
2002 zieht Scholz wieder in den Bundestag ein und wird Ende 2007 Bundesarbeitsminister unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei der Bundestagswahl 2009 verliert die SPD ihre Regierungsbeteiligung und Scholz damit seinen Ministerposten. Im neuen Bundestag nimmt er auf der Oppositionsbank Platz, bis wieder Hamburg ruft. Als Spitzenkandidat der SPD Hamburg gewinnt er die Bürgerschaftswahl im Februar 2011 und wird Erster Bürger der Hansestadt.
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Olaf Scholz und die Cum-Ex-Affäre
Im größten Steuerskandal der Bundesrepublik, den Cum-Ex-Aktiengeschäften, schoben Finanzakteure Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch in einem Verwirrspiel hin und her.
Am Ende wurden Steuern erstattet, die gar nicht gezahlt worden waren. Durch Steuerbetrug, der 2006 bis 2011 seine Hochphase hatte, wurde der Staat und damit die Allgemeinheit insgesamt um einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag geprellt. Auch darin verwickelt: die Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co. und ihr damaliger Chef Christian Olearius. Den empfing Scholz 2016 und 2017 drei Mal. Hintergrund waren drohende Millionen-Rückforderungen der Hamburger Finanzverwaltung wegen zu Unrecht erstatteter Kapitalertragsteuern. Nach den ersten Treffen verzichtete die Finanzverwaltung Hamburg auf die Rückforderung von 47 Millionen Euro. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundes eingefordert.
Was haben Scholz und Olearius besprochen? Daran kann Scholz sich partout nicht erinnern. Er bestätigt vor Untersuchungsausschüssen lediglich die Termine anhand seines Kalenders. Er bestreitet aber jegliche politische Einflussnahme. "Mein ganzes politisches Leben habe ich mich für ein gerechtes Steuersystem eingesetzt", sagte Scholz. Für ihn sei klar, Steuerhinterziehung und Gestaltungsmodelle wie Cum-Ex oder Cum-Cum "gehören konsequent aufgeklärt und verfolgt".
Olaf Scholz und der G20-Gipfel in Hamburg
Auf Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel sagt Scholz die Ausrichtung des G20-Gipfels 2017 in Hamburg zu. Kurz vor dem Gipfel sagt er dem "Tagesspiegel": "Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit garantieren." Sicherheitsbedenken spielt er herunter: "Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus. Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist."
Es kam ganz anders. Hamburg erlebte die schwersten Ausschreitungen seit den Hafenstraßen-Krawallen: 500 Polizisten und eine unbekannte Zahl an Demonstranten werden verletzt, Geschäfte geplündert, Autos angezündet und Straßenzüge verwüstet. Trotz dutzender Ermittlungsverfahren gegen Polizeikräfte sagt Scholz dem NDR: "Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise." Man muss kein Linksextremist sein, um das anders zu sehen als Scholz.
Bilanz der Kanzlerschaft von Olaf Scholz
Seit Dezember 2021 sitzt Scholz nun im Bundeskanzleramt. Was bleibt davon in Erinnerung? Den Höhepunkt seiner Amtszeit erlebte er ganz zu Anfang mit seiner "Zeitenwende"-Rede zum Ukraine-Krieg und der Überwindung der Energie-Krise nach der Kappung russischer Gas-Lieferungen. Scholz weigert sich standhaft, der von Russland angegriffenen Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Seine Sympathiewerte sind ständig gefallen und liegen inzwischen im negativen Bereich. Die Aufholjagd lässt gut drei Wochen vor der Bundestagswahl noch immer auf sich warten. Im Wahlkampf versucht Scholz mit seiner Regierungserfahrung zu punkten – als Bundesminister, Hamburger Bürgermeister und Kanzler. Ob das noch eine Mehrheit überzeugt? Abwarten.
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Weitere Quellen: Biografie Olaf Scholz auf "bundeskanzler.de", "NDR" über Brechmitteleinsatz gegen Achidi John, "Zeit.de" zu Polizeigewalt beim G20-Gipfel in Hamburg, "Statista" zu Taurus-Lieferung, "Statista" zu Sympathiewerten Scholz.