Anthony Blunt führte ein Doppelleben: Er beriet Queen Elizabeth II. und arbeitete als Spion für Moskau. Bis die Queen davon erfuhr, sollten Jahre verstreichen.
Ein Doppelagent spioniert im Auftrag des KGB im Buckingham Palace. Was nach dem spannenden Plot eines James-Bond-Filmes klingt, hat sich tatsächlich ereignet: Anthony Blunt, ehemaliger Kunstkurator und Berater von Queen Elizabeth II., arbeitete eigentlich als Spion. Gerüchte darüber gab es schon lange. Später gestand er, während des Zweiten Weltkriegs britische Geheimdienstinformationen an die Sowjetunion gegeben zu haben.PAID IV Spioninnen 15.23
Die Monarachin erfuhr allerdings erst knapp zehn Jahre später, dass ihr langjähriger Kunstberater eigentlich als Doppelagent tätig war. Das legen nun veröffentlichte Akten des britischen Geheimdienstes MI5 nahe. Solche Dokumente bleiben eigentlich jahrzehntelang geheim. Die Behörde The National Archives hat die Papiere des Inlandsgeheimdienstes am Dienstag veröffentlicht. Demnach hätten die Palastbeamten die Königin nicht informiert, um sie zu schützen.
Kunstsammler im Dienste der Queen – Spion im Dienste des KGB
Anthony Blunt war ein Cousin der Queen und als Kurator der königlichen Gemäldesammlung auch Mitglied des königlichen Haushaltes. 1964 gestand er, die russische Spionagebehörde KGB als hochrangiger MI5-Offizier während des Zweiten Weltkriegs mit geheimen Informationen versorgt zu haben. Nach seinem Geständnis habe Blunt eine "tiefe Erleichterung" verspürt, heißt es in den Geheimdienstakten.
Als Gegenleistung durfte Blunt im Amt bleiben – während die Queen im Dunkeln gelassen wurde. Aus den Dokumenten geht hervor, dass ihr Privatsekretär "keinen Vorteil" darin gesehen habe, die Königin über Blunts Tätigkeiten zu informieren. "Es würde ihre Sorge nur noch vergrößern, und man könne nichts gegen ihn unternehmen", hieß es damals.Agenten-Skandal: Die Abenteuer der Skripal-Attentäter in Tschechien 10.10
1973 beschloss die Regierung, die Monarchin zu informieren. Bunt war damals erkrankt und die Politiker befürchteten, dass Berichte über seine Vergangenheit öffentlich werden könnten, sollte Blunt sterben. Die Queen schien allerdings wenig überrascht. Den Akten zufolge habe sie die Nachricht "sehr ruhig und ohne Überraschung aufgenommen". Außerdem habe sie sich an frühere Gerüchte erinnert, wonach Blunt bereits in den 1950er Jahren unter Spionageverdacht gestanden habe.
1979 wurde der Fall öffentlich bekannt, als die britische Premierministerin Blunt im Unterhaus als Spion entlarvte. Er verlor seinen Ritterstatus, wurde jedoch nie strafrechtlich verfolgt. 1983 starb er im Alter von 75 Jahren.
Berüchtigte KGB-Spionagegruppe in Großbritannien
Anthony Blunt war Teil der "Cambridge Five", einer Gruppe von fünf Doppelagenten, die für Moskau arbeiteten. Deren Mitglieder waren während oder nach ihrer Studienzeit um 1930 zunächst überzeugte Kommunisten und später KGB-Spione, die sich in hohe Positionen im Geheimdienst oder der Regierung vorarbeiteten.
Die Akten wurden anlässlich der Ausstellung "MI5: Official Secrets" freigegeben, die 2025 in den National Archives in London eröffnet wird.