
Die islamistischen Rebellen verkünden, was sich seit Stunden abgezeichnet hat: Sie haben Homs unter ihre Kontrolle gebracht, die Millionenstadt ist von strategischer Bedeutung. Für den syrischen Präsidenten Assad wird es eng.
Die Aufständischen in Syrien haben die Großstadt Homs eigenen Angaben zufolge vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Das teilte ein Sprecher des Rebellenbündnisses unter Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) mit. Die Gruppe gab zudem an, 3.500 Häftlinge aus einem Militärgefängnis in Homs befreit zu haben. Zuvor hatte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet, die Regierungstruppen seien aus Homs abgezogen. Laut dem Leiter der in Großbritannien ansässigen Organisation, Rami Abdel-Rahman, sollen Offiziere teilweise in Helikoptern an die Küste geflohen sein. Der Anführer der HTS, Abu Mohammed al-Golani, rief in einer Ansprache seine Kämpfer auf, jenen kein Leid zuzufügen, die ihre Waffen niedergelegt hätten.
Aus syrischen Militärkreisen hieß es, die Streitkräfte positionierten sich neu um die Stadt Homs. Die Angaben konnten zunächst nicht aus unabhängiger Quelle bestätigt werden.
Die drittgrößte Stadt Syriens liegt zwischen Aleppo im Norden und der Hauptstadt Damaskus im Süden. Zudem liegt sie an einer strategisch wichtigen Position zwischen den Hochburgen der Regierung von Präsident Baschar al-Assad an der Küste und Damaskus. Beobachter bezeichneten eine Übernahme von Homs bereits im Vorfeld als wahrscheinlichen Wendepunkt in den Kämpfen zwischen der Rebellen-Allianz unter der Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und Regierungstruppen von Präsident Baschar al-Assad. "Wer die Schlacht um Homs gewinnt, wird Syrien regieren", sagte Abdel-Rahman.
Syriens Küstengebiete um die Städte Latakia und Tartus sind Hochburgen der Regierungstruppen. Bei Tartus liegt auch eine Basis der syrischen Marine. Sie beherbergt einen Stützpunkt der russischen Armee. Russland ist neben dem Iran Syriens engster staatlicher Verbündeter und unterstützt den Kampf Assads vor allem aus der Luft.
Nächstes Ziel Damaskus
Das nächste Ziel der Rebellen ist die Hauptstadt Damaskus. Lokale Oppositionskräfte haben sich schon jetzt in der Umgebung mobilisiert. Bewohner in Damaskus fürchten sich Berichten zufolge vor einem Eintreffen der Rebellen. Viele Familien aus dem Umfeld des syrischen Präsidenten Assad hätten bereits ihre Häuser verlassen und seien in den Libanon gereist, hieß es aus gut informierten Kreisen der Hauptstadt. Die Regierung dementierte zwar Berichte, wonach Assad die Hauptstadt bereits verlassen haben soll. Doch Glauben wollten dem viele nicht mehr schenken.
Der Konflikt in Syrien begann 2011 mit friedlichen Protesten gegen die Regierung Assads. Sicherheitskräfte gingen dagegen mit äußerster Brutalität vor. Die Gewaltspirale mündete in einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung, in dem Russland, der Iran, die Türkei und die USA eigene Interessen verfolgen. Rund 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben. Eine politische Lösung zeichnete sich bis zuletzt nicht ab.