4 months ago

Nach AfD-Erfolg in Thüringen: Richterbund fordert weniger politischen Einfluss auf die Justiz



In Thüringen hat die AfD die Sperrminorität erreicht und sichert sich damit Einfluss auf Angelegenheiten, die die Justiz betreffen. Der Deutsche Richterbund hat das Problem längst kommen sehen und fordert nun erneut Reformen.

Angesichts der durch den Wahlsieg der AfD in Thüringen möglichen Blockade von Richterbesetzungen hat der Deutsche Richterbund (DRB) eine Reform des Verfahrens gefordert. Es sei "dringender denn je", die Unabhängigkeit der Justiz "besser gegen gezielte politische Eingriffe durch illiberale, extremistische Kräfte zu sichern", erklärte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Das Ernennungsverfahren müsse "gesetzlich so ausgestaltet sein, dass es möglichst nicht parteipolitisch missbraucht werden kann".

Nach den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September verfügt die AfD im dortigen Parlament nun über mehr als ein Drittel der Mandate. Sie kann damit im Landtag Entscheidungen blockieren, für die eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Dazu gehören neben Verfassungsänderungen auch die Wahl von Mitgliedern des Richter- und Staatsanwaltswahlausschusses, die der Berufung von Richtern und Staatsanwälten zustimmen müssen.

Bei der gleichzeitig stattfindenden Landtagswahl in Sachsen verfehlte die AfD nur knapp eine solche Sperrminorität. "Mit der Sperrminorität der AfD in Thüringen ist ein erster Dominostein bereits gekippt", erklärte Rebehn. Er plädierte dafür, Richterwahlausschüsse über eine Reform künftig so zu besetzen, dass "Parteienvertreter keine dominierende Rolle spielen".

"Thüringen sollte für andere Länder eine Mahnung sein"

Der Vize-Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Karpenstein, sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, sein Verband habe immer wieder vergeblich vor einer Situation wie in Thüringen gewarnt. "Nun ist es für Thüringen zu spät. Anderen Ländern sollte das eine Mahnung sein: Die demokratischen Parteien müssen handeln, bevor es nicht mehr möglich ist."

Rebehn bekräftigte auch die Forderung des Richterbunds, das Weisungsrecht "für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu streichen oder zumindest auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle zu beschränken". Dieses sei aus der Zeit gefallen. "Allein der böse Anschein, dass eine Regierung Strafverfahren politisch steuern könnte, ist Gift für das Vertrauen der Menschen in eine objektive Strafjustiz." Und "in den falschen Händen wäre dieses Weisungsrecht fatal".

Mit Blick auf die geplante bessere Absicherung des Bundesverfassungsgerichts vor politischer Einflussnahme, die SPD, Grüne, FDP und CDU/CSU kürzlich vereinbart hatten, sagte Rebehn, dies könne nur der Anfang sein. "Es braucht jetzt auch in den Ländern konkrete Initiativen, um die Justiz besser vor politischen Durchgriffen zu schützen und sie als Bollwerk der Demokratie zu stärken."

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved