1 week ago

Musk und sein ausgestreckter Arm: Sollte es ein Hitlergruß sein?



Nach der Amtseinführung von Donald Trump streckt Tesla-Chef Elon Musk den rechten Arm aus, und das gleich zweimal. Es sieht aus wie ein Hitlergruß. Aber war es auch einer?

Da hat Elon Musk seinem Chef, dem neuen US-Präsidenten Donald Trump, aber die Show gestohlen: Mit einer Armbewegung, die stark an einen Hitlergruß erinnerte, sorgt er für Schlagzeilen. Auch und besonders in Deutschland, wo die Geste unter Strafe steht. Nun ist die Frage: War es ein Hitlergruß oder war es keiner?

Klar ist, dass Musk die Geste in vollem Bewusstsein vollführte. In der Capitol One Arena in Washington haute er sich am Montag erst mit dem rechten Arm auf die Brust warf ihn dann schräg nach vorn. Keineswegs wurde er nur in einem ungünstigen Moment fotografiert. Nein, die Geste wollte er genauso machen. Und er sah aus wie ein Nazi, der in den 30er Jahren dem leibhaftigen "Führer" begegnet und nicht mehr an sich halten kann. So weit, so schlecht.

War es also ein Hitlergruß? Das ist nun die Frage. Zumindest als Deutscher muss man sich geistig ziemlich verrenken, um die Geste nicht so zu verstehen. Wer in der Schule aufgepasst hat, weiß: Rechter Arm hoch, igitt. Und unbekannt ist die Geste im Ausland weiß Gott nicht. In zahllosen Filmen wird sie vorgeführt.

Also, ist die Sache damit geklärt? Einerseits ja. Aus der Nummer kommt man eigentlich nicht heraus. Was Musk gemacht hat, sah aus wie ein Hitlergruß, schmeckte wie ein Hitlergruß und roch wie ein Hitlergruß. Aber es soll keiner gewesen sein?

"Mein Herz fliegt euch zu"

Zumindest, auch das ist richtig, rief Musk nicht "Heil Hitler", sondern "Mein Herz fliegt euch zu". Er meinte die Geste also vermutlich als Ausdruck der Zuneigung. Man könnte auch sagen: Er hebt den Arm ja eher schräg, nicht gerade nach vorn wie die Nazis. Auch das Klopfen auf das Herz gehört eigentlich nicht dazu, auch wenn ein Neonazi die Geste im Film "American History X" haargenau so vormacht, und Hitler selbst den Arm mitunter schräg erhob.

Musk hat sich mittlerweile dazu geäußert. "Ehrlich gesagt, Sie brauchen bessere schmutzige Tricks. Die 'Alle sind Hitler'-Attacke ist sooo müde." "Sie", das steht in der Trump-Welt immer für die anderen, Linke, das vermeintliche Establishment, oder "die da oben". Auch wenn Trump und Musk selbst zu den beiden letztgenannten Gruppen gehören. Dahinter steckt diese Behauptung: Jeder, der etwas gegen einen angeblich linken Mainstream sage, wird als Nazi diffamiert.

Das ist womöglich etwas, worauf Musk spekuliert. Dass Leute nun sagen: "Bleibt mal locker." Oder: "Lasst die Kirche im Dorf." Oder: "Nicht jeder, der eine verunglückte Geste macht, ist gleich ein Nazi." Weil manche vielleicht genervt sind, wenn bei jeder Lappalie die Nazi-Keule rausgeholt wird. Darüber kann man auch diskutieren, ob manche zu schnell mit solchen Vergleichen bei der Hand sind. Aber nicht nach einem ziemlich eindeutigen Hitlergruß.

Man stelle sich vor, AfD-Chefin Alice Weidel würde sich auf die Brust klopfen, den rechten Arm heben und anschließend behaupten, sie habe nur ihre Zuneigung ausdrücken wollen. Man würde zu Recht fragen: Für wie blöd halten Sie uns eigentlich?

Bloß ein Autist? Bloß ein Römer-Fan?

Und doch gibt es jene, die sagen: Das war kein Hitlergruß. Die jüdische Anti Defamation League zum Beispiel. Sie schreibt auf dem Netzwerk X, das Musk gehört, es sei eine "seltsame Geste" gewesen, kein Hitlergruß. Der Historiker Aaron Astor schrieb auf X, es sei eine ungeschickte Geste eines autistischen Mannes gewesen. Musk hatte 2021 erklärt, das Asperger-Syndrom zu haben. Aber lässt sich damit alles wegwischen? Soll dann diese Geste einfach nur Zufall gewesen sein? Selbst dann stellt sich trotzdem die Frage: Warum kam es dann ausgerechnet zu dieser Armbewegung? Zumal er sie zweimal hintereinander vollführte.

Andere sagen: Das war der römische Gruß. So wie man ihn von Kaiser Augustus und anderen kennt. So heißt es, Musk sei vom römischen Reich fasziniert. Dass er die USA als das neue Rom sieht - was eine Konstante der amerikanischen Geschichte ist. Das zeigt sich zuletzt an den Regierungsgebäuden in Washington. Säulen überall, man meint durch Italien zu laufen. Das liefe dann auf diese Haltung hinaus: Ich mache eine Geste, die wie ein Hitlergruß aussieht, meine sie aber anders. Es bedeutet aber auch: Es ist ihm offenbar egal, wenn er so verstanden wird. Und ist das wirklich so viel besser?

Vielleicht wollte er auch so verstanden werden. Trump hat das mehrfach vorgemacht. Nachdem Neonazis in Charlottesville Demonstranten angriffen, sagte er, es habe auf beiden Seiten "gute Leute" gegeben. In einem TV-Duell sagte er 2020 in Richtung der rechtsextremen Miliz "Proud Boys": "Haltet euch zurück und haltet euch bereit". Er traf sich sogar mit einem Rechtsextremen.

Musk ist rechts, richtig rechts

Jeweils handelte sich Trump heftige Kritik ein. Er behauptete dann immer, missverstanden worden zu sein. Dass die Reaktion völlig übertrieben sei. Aber die Neonazis verstanden die Botschaft. Beim Sturm auf das Kapitol waren die "Proud Boys" an vorderster Front dabei. Auch jetzt verstanden die Neonazis in den USA die Botschaft.

Man könnte nun durchanalysieren, wie rechts Musk tatsächlich ist. Sicher ist: Er bewegt sich in einem einschlägigen Dunstkreis. Vielleicht gefällt ihm das Spiel mit den Tabubrüchen. Vielleicht ist ihm auch einfach nur langweilig.

Aber darauf sollte man sich nicht verlassen. Rechtsextremismus heute heißt nicht, dass man den Nazi-Staat eins zu eins nachbauen und deren Programm eins zu eins übernehmen möchte. Um heute ein Rechtsextremer zu sein, muss man auch nicht zwingend ein Hitler-Fan sein. Fakt ist, Musk unterstützt die AfD und einen Rechtsextremen in Großbritannien. Und natürlich Trump. Er versieht Posts von Rechtsextremen mit Likes. Damit weiß man eigentlich genug über ihn. War es ein Hitlergruß? Gegenfrage: Spielt das wirklich noch eine Rolle?

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