KI-Experten schauen interessiert auf das Sprachmodell des chinesischen Start-ups. Hysterie sei fehl am Platz, aber Potenzial wird durchaus gesehen.
Der Erfolg des chinesischen KI-Start-ups DeepSeek sollte Europa nach Einschätzung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) zu mehr Innovation ermutigen. "Es gibt zwar viele Förderprogramme in der EU", sagte Paul Lukowicz, Wissenschaftlicher Direktor und Leiter des DFKI-Forschungsbereichs Eingebettete Intelligenz. "Aber dass jemand mal eine Milliarde Euro in die Hand nimmt und sagt: "Jetzt bauen wir ein europäisches Modell." Das scheint einfach nicht zu passieren. Und das finde ich sehr schade", sagte Lukowicz der Deutschen Presse-Agentur.
Für Peter Liggesmeyer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering (IESE) in Kaiserslautern, hat die Entwicklung aus China das Potenzial, die Forschungslandschaft zu verändern. "Das Sprachmodell von DeepSeek scheint tatsächlich einige neue Wege einzuschlagen, um hohe Leistungsfähigkeit mit moderatem Einsatz von Ressourcen zu erreichen."
Energieeffizienz großes Thema
Forschungsergebnisse zu energieeffizienter KI würden in Zukunft wichtig werden, um große Sprachmodelle praktisch nutzen zu können, sagte Liggesmeyer. Die bisher übliche Lösung, große Sprachmodelle mit stets wachsender Leistungsfähigkeit der Hardware zu realisieren, sei das genaue Gegenteil von "Green IT" und stehe im Widerspruch zu mehr Nachhaltigkeit.
Für Liggesmeyer war das Erscheinen des Sprachmodells von DeepSeek durchaus überraschend. Lukowicz vom DFKI, das ebenfalls in Kaiserslautern angesiedelt ist, sagte, China habe sich wohl angesehen, welche Instrumente wie das US-amerikanische ChatGPT derzeit auf dem Markt seien. "Und da haben sie mit DeepSeek nicht nur aufgeholt, sondern auch leicht überholt." Eine "Hysterie" um das neue KI-Modell wäre aber übertrieben. "Es ist ja nicht etwas von einem anderen Planeten. China hat schlicht aufgeholt und ist jetzt vorne dabei."
Aspekt der politischen Beeinflussung
Eine breitere Debatte um die Sicherheit von Daten wie bei der Video-App TikTok erwartet Lukowicz nicht. "Diskussion wird es geben, die gibt es zu dem Thema immer. Daten werden heute nahezu überall verarbeitet. Dem sollte man sich bei der Nutzung solcher Systeme bewusst sein." Er halte die Problematik aber nicht für primär wichtig. "Der Aspekt, den ich kritisch finde, ist halt die politische Beeinflussung. Wenn ich lese, dass DeepSeek kritische Fragen über China nicht vernünftig beantwortet, ist das viel eher ein Problem."
"Es ist zu erwarten, dass gewisse Inhalte des Sprachmodells von DeepSeek mit Vorsicht verwendet werden sollten", sagte Liggesmeyer. "Mir scheint der dem Modell zugrundeliegende andere Ansatz aber wesentlich interessanter zu sein als die Inhalte des Modells."