Nach drei Spielen ist für Mike Tullberg Schluss als Interimstrainer beim BVB. Zum Abschied legte der Coach einen Auftritt hin, mit dem er im Gedächtnis bleiben wird.
Als Schiedsrichter Frank Willenborg das Spiel in Heidenheim abpfiff, war Mike Tullberg nicht mehr zu halten. Der Interimstrainer von Borussia Dortmund sprintete wie von Sinnen los, rannte auf den Gästeblock mit den mitgereisten BVB-Fans zu, den Mund weit aufgerissen. Immer wieder ballte er die Fäuste, zeigte auf den Dortmund-Schriftzug auf seinem Pullover. So hat man sich beim BVB schon lange nicht mehr über einen Sieg gefreut, und wenn es nur ein schnödes 2:1 beim 1. FC Heidenheim ist.Kommentar Nagelsmann-Verlängerung 15:37
Für Tullberg war der spektakuläre Jubel-Auftritt auf der Ostalb gleichzeitig sein Abschied aus der ersten Reihe. Nach der Entlassung von Nuri Sahin hatte der Däne für drei Spiele interimsmäßig den Trainerposten übernommen. Eigentlich ist er für die U-19-Mannschaft zuständig. Jetzt übernimmt Niko Kovac, dessen Verpflichtung der BVB schon vor dem Spiel in Heidenheim verkündet hatte, die Profi-Mannschaft. Bei den Fans wird Mike Tullberg allerdings in lebhafter Erinnerung bleiben – nicht nur wegen des Heidenheim-Spiels.
Mike Tullberg bringt Leidenschaft und Feuer zurück
Sportlich hat der Interimscoach zwar keine Bäume ausgerissen, den BVB aber wieder halbwegs in die Spur geführt. Er übernahm das Team mitten in einer tiefen Krise, in seiner kurzen Zeit auf der Trainerbank stehen zwei Siege (gegen Heidenheim und in der Champions League gegen Schachtjor Donezk) sowie ein Unentschieden zu Buche. Eine Serie von drei ungeschlagenen Spielen tut der BVB-Fanseele in diesen Zeiten gut.
Was den Anhängern aber noch mehr gefällt: endlich wieder etwas zu spüren. Ab seinem ersten Moment als Trainer der Profi-Mannschaft verstand Tullberg es, Leidenschaft und Feuer zu vermitteln. "Mit Sabber im Mund und Messer zwischen den Zähnen – das will ich sehen", so hatte der 39-Jähirge vor seinem Debüt die Erwartungen an seine Spieler formuliert. Bekannt ist er für viel Einsatz und Gebrüll an der Seitenlinie. Und gleich von Anfang an machte er klar, bei den Spielern keine Rücksicht auf große Namen zu nehmen.Vor Champions-League-Spiel: Der BVB zerlegt sich weiter selbst
Erinnerungen an Jürgen Klopp
Das erinnert viele BVB-Fans an – genau, Jürgen Klopp. Mit dem einstigen Meistertrainer haben viele Anhänger gebrochen, seit er sich mit Red Bull gemeingemacht hat. Doch an die Emotion (und den Erfolg), die Klopp nach Dortmund gebracht hat und die dort so gut hinpasst wie sonst wohl nirgends in der Bundesliga, denken sie noch gerne. Auch, dass Tullberg sich traut, einen Spieler wie Karim Adeyemi erst ein- und dann wieder auszuwechseln, kommt gut an.
Mit seinem extensiven Jubel eckte der Übergangstrainer auch an. Sky-Experte Dietmar Hamann fand seinen Auftritt "peinlich" und warf Tullberg Selbstdarstellung vor. Dortmund habe die richtige Entscheidung getroffen, nicht langfristig an Tullberg als Trainer der Bundesliga-Mannschaft festzuhalten. "Ich dachte, als er gejubelt hat, dass er die zwei Tore selbst geschossen hat. Er soll mit seinem Trainerteam jubeln und danach kann er von mir aus mit der Mannschaft in die Kurve gehen", so Hamann.
In Dortmund lieben sie ihn aber genau dafür. Tullberg rückt jetzt zurück ins zweite Glied – für ihn kein Problem, sagt er. Sobald es aber beim neuen BVB-Trainer Niko Kovac nicht rundlaufen sollte, dürften auf der Südtribüne schnell wieder die Tullberg-Rufe laut werden.