18 hours ago

Meinung: Zwei ruhige Minuten? Bitte – wie wir mit schlechten Nachrichten umgehen sollten



Seit Wochen wechseln sich schwierige mit schlechten Nachrichten ab. Die Bundestagswahl steht bevor. Zeit, sich kurz zu besinnen, meint unser Autor.

Ja, die Nachrichten der vergangenen Tage können ernsthaft beunruhigen. Die Münchener Sicherheitskonferenz wird vermutlich einen Platz in den Geschichtsbüchern finden. Denkwürdig auch das Aufeinandertreffen der Kanzlerkandidaten zur Bundestagswahl bei stern, RTL und n-tv (der stern ist Teil von RTL Deutschland). Doch bei allen berechtigten Sorgen und ernst zu nehmenden Ängsten: Unsere Grundwerte sollten wir von nichts und niemandem erschüttern lassen. Wir sollten uns mehr denn je darauf besinnen.

Zu Nachrichten über Migration

Man muss Menschen aus anderen Ländern und Kulturkreisen nicht persönlich ins Herz schließen. Man muss sie aber grundsätzlich respektieren. Als Menschen. Artikel 1 Grundgesetz. Inakzeptabel sind Straftaten. Von wem auch immer begangen.

Man kann die Auffassung haben, dass Behörden des Bundes, in Ländern und Kommunen schon allein mit der schieren Fallzahl Geflüchteter und unzähligen Rechtsakten hierzu überfordert sind. Und man kann die Frage stellen, ob, und wenn ja, an welchen Stellen, die Integrationsfähigkeit einer aufnehmenden Gesellschaft an Grenzen stößt. Und ja, man kann Regierenden hierbei eine relativ lange Zeit der Versäumnisse und Handlungsschwäche vorhalten. Aber sicher nicht mehr in den vergangenen Monaten. Es besteht kein Grund, weiter rechtsextremistischer Propaganda zu folgen.

Zu Kreml und White House

Man kann Angst vor Russland haben. Begründet. Man sollte sich aber als freiheitliche, demokratische Gesellschaft nicht vor einem kriegerischen Machthaber im Kreml in den Staub werfen. Das ist für das freiheitliche Europa politisch weder nötig noch klug. Man muss angemessen reagieren.

Man muss die Aussagen von Herrn Vance und Herrn Musk zur Politik in Deutschland zur Kenntnis nehmen. Und leider ernst. Bewerten kann man sie wie auch immer. Aber: Man muss sich just von dieser US-Administration nicht über freiheitliche, rechtsstaatliche Demokratie, gar Meinungsfreiheit, belehren lassen.

Zu Kritik und Kompromiss

Man kann die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland kritisieren. Soziale Marktwirtschaft bedeutet aber, nicht nur auf den Staat zu setzen, sondern selbst etwas gegen die Misere tun. Mit Aus- und Weiterbildung, mit Umschulung, gerne auch mit Gründergeist. Und geht es schief, zumal in der Not, hilft der Sozialstaat. Es ist nie "perfekt", aber mit Abstand das beste Wirtschaftsmodell, dass Deutschland je hatte. Eingebettet in einen europäischen Binnenmarkt, der sicher nicht optimal funktioniert, von dem aber kein Land so sehr profitiert wie die Bundesrepublik. Dies abzuschaffen, wie es Extremisten dezidiert fordern, wäre wirtschaftlicher Selbstmord.

Man darf genervt sein von der Langsamkeit und Zähigkeit demokratisch getroffener Entscheidungen. Und dabei auch ignorieren, wie schnell und gut es funktioniert, wenn wirklich Not herrscht. Siehe Energieversorgungskrise. Man sollte aber nie vergessen, dass der Kompromiss, und sei er auch schwierig, die Basis unseres friedlichen, freiheitlichen Miteinanders ist. Wer glaubt, dass das von Extremisten rechts und links propagierte "radikale Durchgreifen von oben" besser wäre, will und wählt im Kern einen totalitären Staat. Also lieber so, wie das Politbüro der DDR? Ernsthaft?

Man kann und muss die Arbeit von Regierenden kritisieren, auch scharf in der Sache. Und auch in der Art der Umsetzung. Ja: Gut gemeint war zuletzt zu oft grottenschlecht gemacht. Und man kann – selbstverständlich! – inhaltlich vollkommen anderer Auffassung sein. Aber das ist unter keinen Umständen eine Begründung dafür, Parteien zu wählen, die Rechtsextremisten und Neonazis in ihren Reihen hat. Auch nicht "aus Protest". Die Programme der demokratischen Parteien sind definitiv weit genug gefächert, von Union bis Linke. Stimmen für Extremisten lösen kein einziges Problem, richten aber erheblichen Schaden an. Nicht zuletzt für die Wählerschaft der Rattenfänger.

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