Donald Trump will bei der Entwicklungshilfe radikal sparen. Sollte der US-Präsident wirklich die Hilfsorganisation USAID schließen, wird das viele Menschenleben kosten.
Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass die vor uns liegenden Trump-Jahre nicht so schlimm werden würden. Seine erste Amtszeit war oft davon geprägt, dass er viel Staub aufwirbelte – und es zum Glück nicht immer zu Resultaten führte. Das galt auch für Entwicklungshilfe-Programme und deren Finanzierung. Trump zürnte darüber schon vor Jahren, drohte, nicht mehr länger zahlen zu wollen. "America first" eben – aber am Ende stoppten ihn dann einige wehrhafte Republikaner im US-Kongress, häufig motiviert von religiösen Überzeugungen. Am Ende blieb fast alles beim Alten.
Die vergangenen Wochen seit Trumps Amtsantritt haben inzwischen gezeigt, wie falsch meine Hoffnung war. Innerhalb kürzester Zeit ist die Realität viel düsterer, als ich sie erwartet habe. Die Entwicklungshilfebehörde "US Agency for International Development" (USAID) wurde eines von Trumps ersten Opfern. Schon am Tag seiner Amtseinführung unterzeichnete er ein Dekret und fror alle Gelder für Hilfsprogramme für 90 Tage ein. Die Mitarbeiter wurden angewiesen, ihre Arbeit einzustellen. Das galt auch für die Verteilung von Nahrungsmitteln und Medikamenten an Hilfsbedürftige rund um den Globus. Selbst wenn sie schon vor Ort in den Lagern waren, durften sie nicht mehr ausgegeben werden. Mittlerweile ist Außenminister Marco Rubio zum Leiter der USAID ernannt worden. Die Unabhängigkeit der Behörde, die sie seit ihrer Gründung 1961 hatte, ist damit verloren gegangen. Mit einer Unterschrift überstimmte Trump den Kongress, der die Hilfen bewilligt hatte – und machte so noch einmal deutlich, wie er auf die Welt blickt.
Trump versteht die USA als Solitär
Trump steht für ein völlig anderes Konzept dessen, was die USA sind, als sein Vorgänger Joe Biden. Er versteht das Land als Solitär – und handelt im Sinne des Unilateralismus. Trump bevorzugt einseitige Entscheidungen im Sinne der USA anstelle multilateraler Zusammenarbeit. Besonders bei der Entwicklungshilfebehörde USAID droht dieses Handeln einen riesigen Schaden anzurichten. Der US-Präsident hat inzwischen angeordnet, USAID aufzulösen. Tausende Mitarbeiter in aller Welt sind aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen in die USA zurückzukehren. Die Vereinigten Staaten waren bisher mit etwa 65 Milliarden US-Dollar jährlich das größte Geberland für Entwicklungshilfe weltweit. Davon wurden rund 50 Milliarden Dollar über die USAID verteilt. Etwa 42 Prozent der humanitären Hilfe der Vereinten Nationen stammten aus den USA.
Was ist USAID und woher kommt Musks Feldzug gegen die Behörde? 11.53
Diese Zahlen zeigen deutlich, wie sehr sich die Welt auf das Land und die Gelder verlassen hat in den vergangenen Jahren. Trump, der mehr Geschäftsmann als Politiker ist, blickt dagegen sehr nüchtern auf solche Ausgaben. Er hat in den letzten Jahren gezeigt, dass er sich kaum auf einen moralischen Kompass stützt, sondern geleitet ist von der Frage: Was haben die USA davon? Aus seiner – oftmals sehr kurzen Sicht – scheint es ihm offensichtlich nicht lohnend, HIV-Behandlungen in Botswana, Prothesen für Kriegsversehrte in der Ukraine oder Minenräumungen im Sudan weiter zu finanzieren. Das kommt bei seinen Anhängern gut an. Warum Gelder ins Ausland schicken, wenn man im eigenen Land den eigenen Bürgern damit helfen kann? America first at it's best, sagen viele. Für die Welt heißt es eher "America first at its worst."
Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr glauben 51 Prozent der Amerikaner, dass die USA weniger Geld für Hilfen an andere Länder ausgeben sollten. Nur 33 Prozent sind dafür. Es ist also nicht nur Trump, der kein Fan davon ist, anderen Ländern zu helfen. Elon Musk, der Chef-Sparer des US-Präsidenten, schrieb an seiner Follower auf "X", "USAID ist eine kriminelle Organisation". Aber es gibt nicht wenige, die argumentieren, Trump sei der Kriminelle. Denn die Gelder von USAID, die er mit seiner "executive order" stoppte, waren vom Kongress bewilligt worden. Und sein Plan, die Behörde nun ins Außenministerium zu überführen, könnte illegal sein.
Nach Trumps Dekret wurden zahlreiche Mitarbeiter gefeuert
Bislang lassen sich noch nicht alle Folgen von Trumps Entscheidung abschätzen. Aber schon jetzt wurden zum Beispiel zwei Drittel der Mitarbeiter der "President's Malaria Initiative" (PMI) gefeuert. Der frühere Präsident George W. Bush hatte PMI gegründet – die Initiative ist der größte Einzelspender für Anti-Malaria-Maßnahmen weltweit und vor allem für Afrika von größter Bedeutung. Auf seinen Seiten schreibt das Programm, dass man in 2023 etwa 36 Millionen Moskitonetze verteilt und rund 48 Millionen Dosen Anti-Malaria-Medikamente verabreicht habe. Laut einer Berechnung wird durch 1400 verteilte Netze weltweit jeweils ein Kinderleben gerettet. Das bedeutet, dass durch die Arbeit von PMI im vergangenen Jahr 26.200 Leben gerettet wurden. Bei den Tabletten gilt das Verhältnis von 2000 Dosen zu einem Leben. Das bedeutet, dass mit den verteilten Pillen etwa 24.000 Leben gerettet wurden.
USAID Entwicklungshilfe USA 15:01
Es lohnt auch ein Blick auf das von Bush gegründete PEPFAR zu werfen. Das ebenfalls von Abwicklung bedrohte Programm soll Aids weltweit bekämpfen und ist vielleicht eines der berühmtesten Hilfsprogramme. Die Zahlen über die Wirksamkeit der Maßnahmen sind überwältigend. Zwischen 2004 und 2008 hat PEPFAR insgesamt 740.914 Tote verhindert. Hochgerechnet auf die über 20 Jahre, die es PEPFAR schon gibt, wurden so über eine Million Menschen gerettet. Wie und in welchen Umfang Trump und seine Gehilfen hier die Gelder kürzen werden, ist derzeit noch nicht klar. Sollte er sich aber durchsetzen, könnte das in der Folge auch wieder eine stärkere Ausbreitung der Krankheit bedeuten.
Menschenleben konnten gerettet werden – jetzt sind sie wieder in Gefahr
Wenig wahrgenommen wurde in den letzten Jahren die Arbeit von "Development Innovation Ventures" (DIV). Eine Einheit, die 2010 gegründet wurde, betreut Non-Profit-Organisationen bei dem Versuch, innovative neue Hilfsideen umzusetzen. Laut einer Untersuchung aus 2021 generierte das Investment von 19,2 Millionen Dollar durch DIV mindestens 281 Millionen an sogenannten sozialen Vorteilen. Das sind zum Beispiel gerettete Leben. Das ist eine sehr, sehr hohe Zahl. Erreicht wurde das unter anderem durch die Unterstützung von Programmen zur Trinkwasser-Reinigung mit Chlortabletten. In armen Dörfern, in denen die Maßnahme griff, fiel die Kindersterblichkeit durch verschmutztes Wasser um bis zu 63 Prozent.
Diese Zahlen zeigen, welche katastrophalen Auswirkungen die von Trump angestrebten Schließungen haben könnten. Stoppen ihn Gerichte und Richter nicht mehr, stehen durch all die verstörenden und disruptiven Anordnungen des US-Präsidenten seit seiner Vereidigung Leben auf dem Spiel. Laut Weißen Haus plant Trump in den nächsten Tagen weitere Dekrete zu unterzeichnen. Über deren Inhalt ist bislang noch wenig bekannt. So enthemmt wie der Präsident derzeit agiert, steht zu befürchten, dass er noch schlimmere Entscheidungen treffen wird. In einem Interview sagte er kürzlich, anders als bei seiner ersten Amtszeit habe er diesmal Zeit gehabt, sich auf die Präsidentschaft vorzubereiten. Das lässt leider nichts Gutes ahnen.