Jürgen Klopp arbeitet nun als "Global Head of Soccer" bei Red Bull. Was das genau ist, weiß er selbst noch nicht – auch deshalb irritiert sein erster Auftritt im neuen Amt.
Wer Jürgen Klopp je hat reden hören, ob nun in Mainz, Dortmund oder Liverpool, wer also weiß, wie wortmächtig dieser Trainer ist, wie luzide, schlagfertig und lustig – der konnte am Dienstagnachmittag nur eines sein: enttäuscht.
Fast anderthalb Stunden lang saß Jürgen Klopp auf einer Bühne bei seinem neuen Arbeitgeber Red Bull in Salzburg und versuchte zu erklären, was sich hinter dem Titel "Global Head of Soccer" verbirgt. Klopp blieb, untypisch für ihn, im Ungefähren, ein wolkiger Satz folgte dem nächsten. Er wolle all seine Erfahrung teilen und jedem, der nach Rat frage, Rat geben. Er sei überzeugt, einen Mehrwert liefern zu können, wobei es natürlich auch gelte, von anderen Sportarten aus dem Red Bull-Universum zu lernen. Er sei fasziniert von der Marke und der Leidenschaft, mit der die Menschen bei Red Bull ihrer Arbeit nachgingen. FC_Hollywood 15:12
So ging das eine ganze Weile, ähnliche Aussagen in immer neuen Worten.
Klopp, so lautet die spärliche Erkenntnis, wird eine Art Supervisor bei Red Bull sein und dessen Fußballklubs in Deutschland, Österreich, Frankreich, Japan, Brasilien und den USA. Einer, der an den Strukturen mitbastelt, vor allem aber einen guten Geist reinträgt.
Jürgen Klopp sucht ein Jobprofil
Klopp klang am Dienstag wie jemand, der sich ein paar Sätze aus Sportpsychologiebüchern gegriffen hat und damit einen Nachmittag bestreitet. Dass das zu jeder Menge Redundanzen führt, merkte er offenbar selbst. "Ist das hier die längste Pressekonferenz Österreichs?", fragte er im letzten Drittel der Veranstaltung.
Nein, das war sie wohl nicht, bloß fühlte sich die Fragerunde so an, zäh und länglich. Dabei ist das Sendungsbewusstsein des Brausekonzerns groß gewesen: Die Pressekonferenz wurde auf Englisch gehalten, damit das TV-Signal in alle Welt gesendet werden konnte. Sogar Journalisten aus Ägypten, Polen und England waren nach Salzburg gereist, um Klopp, den Welttrainer 2019, zu befragen.
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Klopps seltsamer Auftritt ist weniger als Persönlichkeitswandel zu deuten, denn als Beleg dafür, dass es noch kein klares Jobprofil für den 57 Jahre alten Fußballfachmann gibt. Dieses wird sich wohl erst in den nächsten Wochen schärfen, wenn Klopp den Red Bull-Kosmos bereist und seine Antrittsbesuche in den Filialen absolviert.
Eine Rückkehr als Trainer schließt Klopp aus
Ob Klopp das überhaupt beherrscht, einen Klub zu entwickeln, so wie dies einst Ralf Rangnick bei RB Leipzig und zuvor in Hoffenheim tat? Klopp meint, sein öffentliches Image des an der Seitenlinie tanzenden Trainers sei ein verkürztes. In Wahrheit habe er schon immer stark strategisch im Hintergrund gearbeitet, sowohl in Mainz und Dortmund als auch bei seiner letzten Station in Liverpool.
Um der Vermutung entgegenzutreten, die in der Branche wabert, er werde womöglich einen der Red Bull-Klubs coachen und damit in den alten Job zurückkehren, sagte Klopp: "Das schließe ich aus. Das wird nicht passieren." Ebenso wenig ließ er Interesse am Amt des Bundestrainers erkennen. Julian Nagelsmanns Vertrag beim DFB endet nach der Weltmeisterschaft 2026 – aber Klopp sagt: "Ich hoffe, Julian macht diesen Job noch für eine sehr, sehr lange Zeit und gewinnt Titel."
Klopp, der 23 Jahre Trainer im Profifußball war, steht bei Red Bull vor einer großen Herausforderung: Er soll Trainer und Klubs anleiten, muss aber selbst erstmal herausfinden, was genau ein Global Head of Soccer überhaupt ist. Er ist Ratgeber und Suchender zugleich. Eine Aufgabe, an der er wachsen kann – oder auch verzweifeln.