Die Mehrwertsteuer auf Binden und Tampons wurde 2020 reduziert, um Frauen finanziell zu entlasten. Eine Studie moniert jetzt gleichzeitige Preiserhöhungen bei Slipeinlagen - diese waren von der Maßnahme ausgenommen.
Die 2020 vollzogene Mehrwertsteuersenkung für Binden und Tampons hat einer Studie zufolge nicht zu einer deutlichen Entlastung von Frauen beim Kauf von Hygieneartikeln geführt.
Der Grund: Die Unternehmen haben gleichzeitig beinahe unbemerkt die Preise für Slipeinlagen deutlich erhöht, die von der Steuersenkung ausgenommen blieben, wie eine heute veröffentlichte Untersuchung des Münchner ifo-Instituts zeigt. Der Mehrwertsteuersatz für Slipeinlagen war damals bei 19 Prozent belassen worden mit dem Argument, dass Slipeinlagen nicht ausschließlich zur Menstruation benutzt werden.
Steuersenkung vollständig weitergegeben
Zwar sei die Mehrwertsteuersenkung für Binden und Tampons zu 100 Prozent an die Verbraucherinnen weitergegeben worden, so ifo-Experte Pascal Zamorski. Allerdings sind die Preise für Slipeinlagen laut der Auswertung kurz nach der Reduzierung der Mehrwertsteuer für Binden und Tampons deutlich angestiegen - im Februar 2020 demnach um zehn Prozent, und der Anstieg setzte sich demnach weiter fort.
Das ifo-Institut vermutet, dass die Hersteller bei Slipeinlagen die Preise strategisch angehoben haben könnten, um die Verluste auszugleichen, die durch die vollständige Weitergabe der Steuererleichterung bei anderen Produkten entstanden wären. Die Hersteller hätten "abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit" aus einer politischen Maßnahme "Profit geschlagen, die Verbraucherinnen hätte entlasten sollen".
Slipeinlagen-Nutzerinnen belastet
Etwa ein Drittel der Frauen, die regelmäßig Binden und Tampons kaufen, greift den Angaben zufolge auch zu Slipeinlagen. Die Ersparnis der Steuererleichterung haben sie damit zumindest teilweise verloren. Wer hauptsächlich Slipeinlagen kauft, werde sogar belastet, so das Fazit der Studie.
Das verdeutlicht dem ifo-Institut zufolge, dass bei der Steuerpolitik die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Produkten und Märkten beachtet werden müssen. "Steuerliche Maßnahmen müssen die direkten Effekte auf die Zielprodukte sowie die indirekten Auswirkungen auf verwandte Güter berücksichtigen", sagte sagt ifo-Forscher Florian Neumeier. Nur so ließen sich unbeabsichtigte Konsequenzen und Marktverzerrungen vermeiden.
Steuersenkung nach Petitionen
Der Steuersenkung für Hygieneartikel für Frauen war eine lange Debatte vorausgegangen. Zehntausende Menschen unterstützten mehrere Petitionen. Ein Argument lautete, dass Tampons und Binden zum Grundbedarf von Frauen gehörten und kein Luxus seien.
Im Jahr 2022 war Schottland als weltweiter Vorreiter dafür gefeiert worden, ein Recht auf den Zugang zu kostenlosen Hygieneartikeln eingeführt zu haben. Seitdem sind Stadtverwaltungen und Bildungseinrichtungen gesetzlich dazu verpflichtet, Menstruationsartikel wie Tampons und Binden umsonst zur Verfügung zu stellen.