Kritik an der Regierung hört man in Russland selten. Doch ein geschmackloses Geschenk an Mütter gefallener Soldaten hat nun einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Es ist eine Geschmacklosigkeit, die kaum zu überbieten ist: In Russland steht die Regierungspartei von Präsident Wladimir Putin derzeit in in- und ausländischer Kritik. Der Grund: Zum traditionell groß gefeierten Weltfrauentag ließen sich Parteifunktionäre dabei fotografieren, wie sie die Mütter von gefallenen Soldaten beschenken – und überreichten ihnen ausgerechnet einen Fleischwolf.
Das Küchengerät ist zum Sinnbild für das sinnlose, massenhafte Sterben auf den Schlachtfeldern der Ukraine geworden. Meist junge und oftmals schlecht ausgebildete und ausgerüstete Soldaten werden an der Front verheizt, häufig, für ein paar Meter Boden, der eingenommen wird – im Militärjargon "Fleischwolf-Taktik" genannt.
Russland: Fleischwölfe für die Mütter von Soldaten, die im Fleischwolf starben
Doch auch die dramatische Lage nach nunmehr drei Kriegsjahren hielt die Kommunalpolitiker der Regierungspartei "Einiges Russland" nicht davon ab, Müttern von Gefallenen genau das Küchengerät zu überreichen, das für die skrupellose Taktik im Feldzug gegen die Ukraine steht.
Etwa Maksim Chengayev, Bürgermeister der kleinen Stadt Poljarnyje Sori in der Region Murmansk, postete Bilder von sich bei der Übergabe der Geschenke in verschiedenen Sozialen Netzwerken.
Die Fotos waren Teil der staatlichen Kampagne zum Weltfrauentag "Blumen für die Mütter von Helden". Zuerst berichtete das unabhängige russische Exil-Medium "Meduza", dass es sich bei den Frauen auf den Bildern um Mütter von Soldaten handelt, die in der Ukraine ums Leben kamen.
Bürgermeister rechtfertigt sich für Geschenken
Als Reaktion auf entrüstete Kommentare rechtfertigte sich Chengayev mit weiteren Posts, in denen er erklärte, wie sehr sich die Frauen über die Fleischwölfe gefreut hätten. Einen Zusammenhang zu den Handlungen auf dem Schlachtfeld herzustellen sei "inhuman und provokativ", so die "Moscow Times". Ein Fleischwolf sei nicht Teil eines normalen Geschenkpaketes. Aber eine Frau habe danach gefragt und die Parteimitglieder hätten ihr diesen Wunsch nicht ausschlagen können, so Chengayev weiter. Russland Fleischwolf
In skurrilen Videos, die kurz darauf gepostete wurden, sprechen Frauen mit teils versteinerter Miene in die Kamera und erklären etwa: "Eigentlich wollte ich mir selbst einen Fleischwolf kaufen, aber Sie haben ihn mir genau rechtzeitig geschenkt. Genau das hatte ich mir gewünscht."
Ob solche Erklärungen die Empörung über den Zynismus der Geschenke wieder einfangen, ist fraglich. Auch auf russisch hat das Wort Fleischwolf die gleiche doppelte Bedeutung wie im Deutschen. Der ehemalige Anführer der Söldnergruppe Wagner, Jewgenij Prigoschin, soll während der schweren Kämpfe um die Stadt Bachmut sogar eine eigens erfundene Tapferkeitsmedaille verteilt haben. Für den Kampf im "Fleischwolf Bachmut".
Wie viele Menschen seit der Invasion Russlands bereits gestorben sind, ist schwer zu sagen. Im vergangenen Monat berichteten die BBC und das Portal "Mediazona", von mindestens 91.000 russischen Soldaten, die identifiziert und nachweislich gestorben seien. Ende 2024 sprach der damalige US-Außenminister Lloyd Austin von 700.000 russischen Soldaten, die entweder getötet oder verwundet worden seien.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte im Februar, auf Seiten der Ukraine seien 46.000 Soldaten gefallen und etwa 380.000 verwundet worden. Verschiedene Medienberichte schätzen die Anzahl der ukrainischen Toten auf 50.000 bis 100.000.