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Lücken der US-Verfassung: Trump hat fünf Wege zur dritten Amtszeit



Im Januar 2029 endet die zweite Amtszeit von Donald Trump regulär. Dann müsste der US-Präsident seinen Stuhl im Oval Office räumen. Doch der 78-Jährige liebäugelt inzwischen offen mit einer dritten Amtszeit. "Methoden", die das möglich machen, kennt er schon.

Donald Trump würde sie "lieben": Eine dritte Amtszeit für den US-Präsidenten. Doch die amerikanische Verfassung legt fest, dass keine Person häufiger als zweimal zum Präsidenten gewählt werden darf. So steht es im 22. Verfassungszusatz aus dem Jahr 1951. Es spielt keine Rolle, ob es sich um zwei aufeinanderfolgende oder - wie bei Trump - um zwei einzelne Amtsperioden handelt.

Für diese Regelung ist Franklin D. Roosevelt verantwortlich. Schon im 18. und 19. Jahrhundert war es demokratische Gepflogenheit, dass kein US-Präsident länger als zwei Amtszeiten regiert. Diese ungeschriebene Regel hat Roosevelt 1940 während des Zweiten Weltkriegs als erster amerikanischer Präsident gebrochen. Der Demokrat ließ sich ein drittes Mal wählen und vier Jahre später, in der Endphase des Kriegs, sogar ein viertes Mal.

Nur drei Monate nach der Amtseinführung starb Roosevelt - und hinterließ den USA als "Erbe" den 22. Verfassungszusatz. Denn die Republikaner hatten sich nach Ende der Roosevelt-Ära dafür eingesetzt, die Amtszeitbegrenzung in die Verfassung aufzunehmen.

Wie kann die Verfassung geändert werden?

Diese Regelung hat zur Folge, dass Trump gemäß amerikanischem Gesetz am 20. Januar 2029 das Weiße Haus verlassen muss und nicht mehr zurückkehren darf. Doch Trump liebäugelt mit einem Verstoß gegen die US-Verfassung. Bei der nächsten Wahl im November 2028 würde er im Alter von 82 Jahren am liebsten ein weiteres Mal antreten. Und er ist überzeugt, dass das möglich ist: "Es gibt Methoden, die das erlauben würden", sagt Trump.

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Das ist korrekt: Schließlich kann jedes Gesetz aufgehoben werden. Speziell bei der amerikanischen Verfassung ist das aber äußerst selten. Sie wurde 1787 verabschiedet und seitdem nur um 27 Zusatzartikel erweitert. Die letzte Anpassung stammt aus dem Jahr 1992.

Das Verfahren ist kompliziert. Für eine Verfassungsänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kongresskammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Außerdem muss eine Verfassungsänderung von drei Vierteln der Bundesstaaten unterschrieben werden, 38 von 50. "Das ist vollkommen ausgeschlossen", macht der Politikwissenschaftler und Republikaner-Experte Philipp Adorf von der Universität Bonn im ntv-Podcast "Wieder was gelernt" deutlich. "Im Kongress wird es keine Zweidrittelmehrheit geben, weil die Demokraten natürlich auch wissen, dass solch eine Änderung auf Trump zugeschnitten wäre, damit er ein weiteres Mal antreten kann. Auch die demokratischen Einzelstaaten wären dagegen."

Dieser Weg zur dritten Amtszeit bleibt dem amtierenden Präsidenten versperrt, doch es gibt weitere Optionen. Die Verfassungsänderung kann auch über ein Verfassungskonvent herbeigeführt werden. Das ist ein Kongress, der von zwei Dritteln der Bundesstaaten einberufen werden kann. Bis zur Zweidrittelmehrheit fehlen Trump nur zwei Bundesstaaten; bei der Präsidentschaftswahl im November holte Trump in 31 Bundesstaaten die Mehrheit. Aber auch in diesem Szenario müssten am Ende 38 Bundesstaaten die Änderung unterschreiben. Spätestens hier wird auch die Option "Verfassungskonvent" zum völlig unrealistischen Szenario.

Politikprofessor sieht Schlupfloch in Zusatzartikel

Aber vielleicht muss Trump diesen komplizierten und unrealistischen Weg gar nicht gehen, um über den 20. Januar 2029 hinaus im Weißen Haus zu leben. Der 22. Verfassungszusatz besagt, dass "niemand mehr als zweimal in das Amt des Präsidenten gewählt werden darf". Er besagt aber nicht, dass niemand häufiger zweimal Präsident sein darf, meint US-Politikprofessor Bruce Peabody.

Der simpelste Weg zur dritten Amtszeit wäre, dass ein anderer Republikaner für das Amt kandidiert, die Wahl gewinnt und das Amt anschließend einfach an Trump übergibt. Naheliegend wäre der jetzige Vizepräsident J.D. Vance. Trump würde als dessen Vize antreten. Würden die beiden erneut gewählt, könnte Vance als Präsident zurücktreten und den Weg für Trump freimachen. Der 12. Verfassungszusatz von 1804 könne dieses Szenario jedoch verhindern, macht Experte Adorf deutlich. "Darin steht, dass eine Person, die nicht berechtigt ist, Präsident zu sein, auch nicht als Vizepräsident gewählt werden darf. In Kombination mit dem 22. Verfassungszusatz dürfte Trump auch nicht zum Vizepräsidenten gewählt werden."

Doch Adorf weiß, dass der 12. Verfassungszusatz auch anders interpretiert werden kann. "Einzelne Verfassungsrechtler sagen, dass sich dieser Zusatzartikel eher auf die Grundanforderungen wie Alter, Staatsbürgerschaft und Wohnsitz bezieht. Der 22. Verfassungszusatz wurde aber anderthalb Jahrhunderte später geschaffen, der 12. kann sich, laut dieser Lesart, eigentlich gar nicht darauf beziehen."

Das Manöver wäre sicher ein Fall für Amerikas oberste Richter. Aber der Supreme Court ist republikanisch dominiert, mit Richtern, die die US-Verfassung in der Regel sehr wörtlich auslegen. "Es gibt wie bei vielen anderen Aspekten in der Verfassung relativ viel Ermessens- und Interpretationsspielraum. Und obwohl der Supreme Court Trump nicht jeden Wunsch von den Lippen abliest, erkennt man bei verschiedenen Urteilen, dass die konservative Mehrheit sehr im Interesse Trumps geurteilt hat", sagt Adorf im ntv-Podcast. "Ich glaube, auch dieser Weg ist für Donald Trump eher unwahrscheinlich."

"J.D. Vance wäre nicht begeistert"

Die vierte Möglichkeit für Trump: Der Präsident lässt sich zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses wählen, die drittmächtigste Person in den Vereinigten Staaten. Treten Präsident und Vizepräsident von ihren Ämtern zurück, rutscht der Speaker ins Oval Office und übernimmt die Regierungsgeschäfte. Anders als der Präsident wird er auch nicht von der Bevölkerung gewählt, sondern von den Abgeordneten. Es ist auch nicht verboten, dass der Speaker von außerhalb des Repräsentantenhauses kommt.

Sollten die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten, könnten sie Trump zum Sprecher wählen. Dann wäre er zwei Rücktritte von der dritten Amtszeit im Weißen Haus entfernt. Für Experte Adorf ist dies aber das unrealistischste Szenario von allen: "J.D. Vance wäre nicht begeistert davon, das Amt für Donald Trump aufzugeben."

Ein Platzhalter-Duo für Trump wäre nur für den harten Kern der Trump-Fans attraktiv, sagt Adorf, aber nicht für moderate Wechselwähler.

Trump hat theoretisch noch einen fünften Weg zur dritten Amtszeit. Wenn der 47. US-Präsident gar nicht erst versucht, die Verfassung auszutricksen und es einfach darauf ankommen lässt. Nach dem Motto: Soll der oberste Gerichtshof ihn erstmal aus dem Amt befördern. "Vor ein paar Monaten hätte ich noch gesagt, dass man das vollkommen ausschließen kann. Aber innerhalb der Republikanischen Partei existiert mittlerweile so gut wie keine Opposition mehr gegen Trump", fasst Adorf die aktuelle Lage innerhalb der "Grand Old Party" zusammen. "Aus meiner Sicht besteht hier durchaus die Chance, dass sich die Republikanische Partei dem Konzept einer dritten Amtszeit von Trump nicht in den Weg stellt."

Es klingt nach politischer Science Fiction. Aber dass Trump eines Tages überhaupt Präsident werden würde, haben auch die wenigsten geglaubt. Dass er nach der Niederlage gegen Biden ein zweites Mal kandidiert und dann noch einmal gewinnt, wäre vor einigen Jahren auch noch als absurdes Szenario durchgegangen. Man sollte Trump ernst nehmen, wenn er sagt: Ich kenne "Methoden", die mir eine dritte Amtszeit ermöglichen würden.

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"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige: Welche Region schickt nur Verlierer in den Bundestag? Wann werden die deutschen Strompreise sinken? Welche Ansprüche haben Donald Trump und die USA auf Grönland? Welche europäische Landwirtschafts-Bastion trocknet aus? Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein wenig schlauer.

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