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2021 rettete unter anderem Gregor Gysi seine Partei über ein Direktmandat in den Bundestag. Dieses Mal haben die Zweitstimmen locker gereicht, um die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Als Alterspräsident kommt dem 77-Jährigen bald eine besondere Aufgabe zu, mit der er verantwortungsvoll umgehen will.
Der langjährige Linken-Parlamentarier Gregor Gysi zieht als Alterspräsident in den neuen Bundestag ein. Der Berliner Abgeordnete ist seit fast 31 Jahren im Parlament. Als Alterspräsident wird der 77-Jährige bei der konstituierenden Sitzung die Eröffnungsrede halten. Für ihn sei das "Ehre und Verantwortung", sagte er der Zeitung "Das Parlament".
Gysi deutete zugleich bereits seinen Ausstieg nach dieser Legislaturperiode an. "Ich werde die erste und letzte Rede meines Lebens als Alterspräsident ohne Zeitbegrenzung halten - das ist schon etwas Besonderes", sagte er. "Es ist wirklich angenehm, nicht ständig auf die Uhr schauen und nach zwei Minuten abbrechen zu müssen. Aber keine Sorge, ich werde das nicht missbrauchen."
Auf die Frage, ob er schon wisse, was er sagen wollte, antwortete Gysi, er werde "sicherlich etwas zur Außenpolitik sagen und auch zur Situation unserer Gesellschaft. Vielleicht werde ich auch einige Vorschläge unterbreiten, was man überparteilich mal miteinander besprechen müsste".
Die Linkspartei steht aktuell in der Kritik, weil sie sich trotz der akuten Bedrohung aus Russland gegen Waffenhilfen für die Ukraine und Aufrüstung in Deutschland und Europa ausspricht. Linke und AfD werden im neuen Parlament über mehr als ein Drittel der Stimmen verfügen. Sie können damit wichtige Entscheidungen, für die es eine Zweidrittelmehrheit benötigt, blockieren.
Gysi von gutem Ergebnis überrascht
Mit der Höhe der Zugewinne für seine Partei bei der Wahl hat Gysi nicht gerechnet. Er sei zuletzt von sechs oder sieben Prozent ausgegangen, sagte Gysi laut "Das Parlament". "Dass es am Ende 8,8 Prozent geworden sind, hat mich dann doch überrascht", so der Linken-Politiker.
Die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD in der Migrationspolitik habe viele Menschen in Deutschland aufgerüttelt, sagte Gysi mit Blick auf die Gründe für das Erstarken seiner Partei. Er wies auch auf eine Bundestagsrede der Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek zu dem Thema hin, die vor allem in den sozialen Medien viel Anklang fand.
Die Linkspartei war mit deutlichen Zuwächsen im Vergleich zu 2021 ins Parlament eingezogen, als sie 4,9 Prozent erzielte. Die Linke ist mit 64 Abgeordneten aber die kleinste Fraktion im neuen Bundestag. Wenige Wochen vor der Wahl hatte sie in Umfragen noch bei rund fünf Prozent gelegen. Erhebungen von Meinungsforschungsinstituten zufolge schnitt sie vor allem bei jungen Menschen stark ab, lag demnach bei Erstwählenden sogar auf Platz eins.