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Lein und Mai im Interview: "Nürnberg ist Heimat und der FCN eine zweite Familie"



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fcn.de: Servus ihr beiden! Ihr spielt beide seit über sieben Jahren für den FCN. Woran denkt ihr als erstes, wenn ihr an die bisherige Zeit beim Club zurückdenkt? Franziska Mai: Wenn ich daran denke, kommt mir die Professionalisierung des Frauenfußballs im Verein direkt in den Kopf und dass wir beide das komplett miterlebt haben. Dazu kommt natürlich der Aufstieg in die erste Liga. Außerdem habe ich mich beim FCN menschlich und sportlich sehr weiterentwickelt. Nastassja Lein: Für mich ist das grundsätzlich der positiver Fakt, jetzt Profispielerin zu sein, wenn man bedenkt, wo wir angefangen haben. Dazu ist der Verein mittlerweile wie eine Heimat für mich. fcn.de: Was waren eure Gedanken, als ihr 2016 (Lein) respektive 2017 (Mai) zum FCN gestoßen seid? Nastassja Lein: Für mich war das damals schon sehr professionell, weil der Unterschied zu meinem vorherigen Verein riesig war. Ich war von vielen Dingen schon sehr beeindruckt, die, wenn man heute darauf schaut, relativ normal geworden sind. Der Club ist ein großer Verein, was für mich zu Beginn schon etwas einschüchternd war. Letztlich hat es sich herausgestellt, dass es familiärer ist, als ich zuerst dachte. Franziska Mai: Auf jeden Fall, dass es, wie Nassi schon sagte, eine familiäre Atmosphäre gab. Ich kam aus Jena, die in der ersten Liga gespielt haben. Dort war es damals etwas professioneller und der Leistungsgedanke war aufgrund der Ligazugehörigkeit ausgeprägter. Hier in Nürnberg war alles etwas familiärer, bei dem es keinen vorgegebenen Aufstiegszwang gab, sondern wir einfach alles geben und damit das Maximum herausholen wollten. Das hat mir richtig gut gefallen. fcn.de: Habt ihr ein Highlight aus eurer bisherigen Zeit beim Club? Nastassja Lein: Neben den Aufstiegen ist ein großes Highlight das Pokalspiel im Stadion gegen Wolfsburg vor den ganzen Fans, die uns 90 Minuten unterstützt haben. Dazu hat die erste Zweitligasaison sehr viel Spaß gemacht. Wir wussten nicht, wo wir stehen und wollten zuerst die Klasse halten. In dieser Spielzeit haben wir regelmäßig etablierte Mannschaften geärgert und uns einen Namen gemacht. Das hat sehr viel Spaß gemacht – auch da ich mit 25 Toren die Torjägerkanone gewinnen konnte. Franziska Mai: Da kann ich nur zustimmen. Für mich persönlich war noch ein Highlight, das erste Bundesligator im Stadion erzielt zu haben am ersten Spieltag gegen Bremen. Das Pokalspiel gegen Wolfsburg war für mich gleichzeitig ein High- und Lowlight. Ich habe mich kurz vor der Partie verletzt und konnte nicht mitwirken. Die Stimmung der Fans und das Spiel sind trotz der 0:6-Niederlage schöne, gleichzeitig auch eine traurige Erinnerungen. fcn.de: Ihr habt im Erwachsenenbereich im gleichen Spiel euer Debüt für den FCN gegeben, bei einer 0:2-Niederlage bei Wacker München. Welche Erinnerungen habt ihr an diese Partie und was genau ist denn in der 33. Minute des Spiels passiert, Nassi? Nastassja Lein: Für uns war es das erste Spiel im Erwachsenenbereich. Ich habe in diesem Spiel auf der Außenverteidigung gespielt. Wir waren in der ersten halben Stunde gut im Spiel, als ein langer Ball durch unsere Abwehr flog. Ich kann mich danach nicht mehr genau erinnern, was passiert ist, aber auf einmal habe ich eine Rote Karte bekommen (lacht). Mit 16 Jahren im ersten Spiel vom Platz zu fliegen, ist natürlich keine schöne Erinnerung. Aus dem Freistoß meines Platzverweises ist dann das 0:1 entstanden, was rückwirkend für mich persönlich okay war, da ich dann nur ein Spiel gesperrt wurde (lacht). Vom Rest des Spiels weiß ich nicht mehr viel, da der Tag für mich ab dem Platzverweis gelaufen war. Franziska Mai: Natürlich war ich enttäuscht, dass wir verloren haben, dennoch war es eben nur ein Spiel. Ich hätte trotzdem gerne die erste Partie beim neuen Verein gewonnen. fcn.de: Konntest du aus dem Spiel dennoch etwas Positives mitnehmen, Nassi? Nastassja Lein: Seit diesem Spiel hatte ich den Gedanken, dass es fast nicht schlimmer werden kann. Es war am Ende des Tages auch nur ein Spiel und meine Mitspielerinnen haben mir da auch keinen großen Vorwurf gemacht. Danach war ich vermutlich etwas entspannter und konnte die kommenden Spiele lockerer angehen. fcn.de: Seit ihr zum Club gekommen seid, habt ihr regelmäßig die meisten Einsätze oder auch die meisten Tore des Teams erzielt. Auch dadurch seid ihr innerhalb der Mannschaft mittlerweile nicht nur Leistungsträgerinnen, sondern auch als Führungsspielerinnen angesehen. Seht ihr euch auch in dieser Rolle? Franziska Mai: In dem Moment ist uns das gar nicht so bewusst, dass wir die meisten Einsätze haben. Wir lieben es einfach hier Fußball zu spielen, da der Verein uns wahnsinnig viel gibt. Wir schauen nicht wirklich auf unsere persönlichen Bilanzen, sondern wollen mit der Mannschaft Erfolg haben. Wenn wir mit unseren Leistungen dazu beitragen können, ist das auf persönlicher Ebene natürlich umso schöner. Nastassja Lein: Im Grunde sind wir erst seit dieser Saison in die Rolle der Führungsspielerinnen gerückt. Wir sind beide keine Lautsprecher, deshalb haben in der Vergangenheit Spielerinnen wie Lea Paulick oder Jessica May diese Rolle übernommen. Durch ihre Abgänge sind Franzi und ich nun in dieser Position. fcn.de: Habt ihr euch durch diese neue Rolle auch etwas verändert? Franziska Mai: Für mich ist das noch etwas neu, auch im Mannschaftsrat zu sein. Ich bin schon ziemlich ruhig und mag Harmonie. Dennoch bin ich sicher, dass ich mit der Zeit mehr aus mir herauskommen kann und auch Dinge, die mir missfallen, ansprechen werde. Nastassja Lein: Ich war zwar in den letzten Jahren auch schon im Mannschaftsrat, dennoch habe ich jetzt eine klarere Rolle inne. Franzi und ich sind die Spielerinnen, welche die Mannschaft durch unsere lange Vereinszugehörigkeit nach außen repräsentieren. Ich würde schon sagen, dass ich dadurch etwas lauter und selbstbewusster bin als in den Jahren zuvor. fcn.de: In eurer Zeit beim Club ging es lange Zeit nur Bergauf, bis dann in der vergangenen Saison mit dem Abstieg aus der Bundesliga das erste Tief folgte. Wie seid ihr mit diesem Rückschlag umgegangen? Nastassja Lein: Als Mannschaft empfand ich den Abstieg weniger schlimm, da man den Klassenerhalt nicht erwarten konnte. Die Resonanz, die wir erhalten haben, war auch durchweg positiv. Persönlich war es natürlich sehr enttäuschend. Als der Abstieg feststand, war der Gedanke auch eher, dass einfach nicht mehr drin war, da wir alles gegeben haben. Gegen Ende der vergangenen Saison habe ich mich dann auch schon auf die anstehende Spielzeit in der zweiten Liga gefreut, da wir mehr mit dem Ball agieren und auch mehr Spiele gewinnen werden. Franziska Mai: Natürlich ist es immer enttäuschend abzusteigen. Ich glaube, dass man trotzdem gesehen hat, dass wir in jedem Spiel alles reingeworfen haben, auch wenn unsere Chancen minimal waren. In machen Spielen hat sich dieser Einsatz auch ausgezahlt, wie beim Unentschieden zuhause gegen Bayern München. Es freut uns sehr, dass wir eine solche positive Resonanz seitens des Vereins und des Umfeldes erhalten haben. Von uns wurde erwartet, alles reinzuwerfen und das haben wir gemacht. So eine Saison wird uns auch in Zukunft helfen, da man lernt, mit Rückschlägen umzugehen. fcn.de: Ihr seid seit acht respektive sieben Jahren in Nürnberg und den gesamten Weg mitgegangen. Gab es mal die Überlegung zu wechseln – beispielsweise nach dem Abstieg? Nastassja Lein: Nach der vergangenen Saison, die für mich aufgrund der Verletzung eine schwierige war, habe ich darüber gar nicht nachgedacht. Einerseits fühle ich mich privat sehr wohl in Nürnberg, andererseits empfände ich einen Abschied mit einem Negativerlebnis sehr schade. Für mich ist der Reiz, nochmal in der zweiten Liga anzugreifen, sehr groß. Ich wusste auch, dass die Mannschaft in diesem Jahr viel Qualität haben und es deshalb sehr viel Spaß machen wird. Franziska Mai: Je länger ich in Nürnberg lebe, desto mehr fühlt es sich wie Heimat an. Hier habe ich zum ersten Mal alleine gewohnt und habe hier mein Zuhause gefunden, was ich nicht aufgeben wollte. Bisher habe ich nur kurz nach dem Abitur nachgedacht den Verein zu verlassen, da ich großes Interesse daran hatte, später mal bei der Kriminalpolizei zu arbeiten. Da man in diese Richtung in Nürnberg nichts studieren konnte, musste ich mich zwischen dem FCN und dem Studium entscheiden. Letztlich bin ich sehr glücklich, dass ich geblieben bin, da dieser Job nicht wirklich zu mir passt (lacht). fcn.de: Ihr seid die Spielerinnen, die am längsten beim Club aktiv sind und habt beide in den vergangenen Wochen euer 150. Spiel im FCN-Dress absolviert. Was bedeutet euch dieser Meilenstein im Rot-Schwarzen Trikot? Franziska Mai: Mir bedeutet das unglaublich viel, da die Stadt zu meiner Heimat geworden ist. Ich wünsche mir den größtmöglichen Erfolg mit der Mannschaft, wofür wir jeden Tag neben der Arbeit, der Ausbildung, dem Studium oder der Schule das Herz auf dem Platz lassen. Nürnberg ist Heimat und eine zweite Familie. Nastassja Lein: Ich denke dabei viel an den Verein, da ich den FCN kaum beschreiben kann. In Fußballdeutschland ist der Club ein sehr großer Verein und sehr bekannt für die Historie, die Erfolge, aber auch die Misserfolge. Ich finde es enorm, wie viele Menschen im Verein eine große Verbundenheit haben und dass ich ein Teil davon sein darf, ist für mich etwas ganz besonderes Ich interessiere mich sehr für alle Mannschaften des Vereins. Es ist einfach schön, bei einem großen Verein zu sein, bei dem das Wappen viel bedeutet.
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