"Wie ein Sechsjähriger mit einem geladenen Revolver": So beschreibt ein Parteikollege Matt Gaetz. Der Hardliner soll Trumps Justizminister werden - und legt jetzt schon mal sein Mandat nieder. Wieso?
Er soll bald das US-Justizministerium übernehmen, steht aber schon jetzt in der Kritik: Der ultrarechte Hardliner Matt Gaetz hat sein Mandat im Repräsentantenhaus mit sofortiger Wirkung niedergelegt und damit eine nähere Untersuchung brisanter Vorwürfe gegen ihn durch den Ethikausschuss abgewendet. Gaetz zählt zu den radikalsten Republikanern im Kongress und ist ein treuer Unterstützer des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der ihm den wichtigen Chefposten im Justizministerium übertragen möchte.
Der Senat müsste die Personalie bestätigen – es sei denn, Trump greift auf eine Sonderregelung zurück, um Gaetz und andere Regierungsvertreter schneller ins Amt zu bringen. Der 42-Jährige ist selbst in seiner eigenen Partei höchst umstritten.
Untersuchung wegen "Sex Trafficking"
Mit seinem "etwas überraschenden" Mandatsverzicht wolle Gaetz eine zügige Nachbesetzung seines Sitzes im Kongress ermöglichen, erklärte der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson. Kritiker vermuten jedoch andere Gründe: Der Ethikausschuss hatte Gaetz ins Visier genommen, da das US-Justizministerium jahrelang gegen ihn wegen "Sex Trafficking" – also Menschenhandel zum Zwecke sexuellen Missbrauchs – ermittelt hatte.
Zwar stellte das Ministerium die Ermittlungen ein und Gaetz bestreitet alle Anschuldigungen. Doch der Ausschuss prüfte die Vorwürfe weiterhin, darunter auch angeblichen Drogenmissbrauch und den Erhalt unzulässiger Geschenke. Medienberichten zufolge stand die Veröffentlichung eines Abschlussberichts kurz bevor. Republikanische Parteikollegen deuteten an, dass Gaetz' Mandatsverzicht direkt damit in Verbindung stehen könnte. Zuletzt hatte der Republikaner erklärt, nicht länger freiwillig bei der Untersuchung mitwirken zu wollen. In der Regel stellt der Ethikausschuss diese ein, sobald ein Kongressmitglied das Parlament verlässt.
"Wie ein Sechsjähriger mit einem geladenen Revolver"
Die Nominierung des Hardliners löste in Washington heftige Reaktionen aus – auch in den Reihen seiner eigenen Partei. Die republikanische Senatorin Susan Collins äußerte sich "schockiert" über Trumps Entscheidung, Gaetz zum Justizminister machen zu wollen. "Ich bin mir sicher, dass es viele, viele Fragen bei Gaetz' Anhörung geben wird, falls die Nominierung weiterverfolgt wird", sagte sie dem Radiosender NPR. Ihre Parteikollegin Lisa Murkowski äußerte starke Zweifel daran, dass Gaetz genügend Stimmen im Senat für eine Bestätigung bekommt. "Ich halte es nicht für eine ernsthafte Nominierung", wurde sie vom Sender NBC zitiert.
Der republikanische Abgeordnete Max Miller ging noch weiter: "Gaetz hat bessere Chancen, mit (der 2022 gestorbenen) Königin Elisabeth II. zu Abend zu essen, als vom Senat bestätigt zu werden", spottete er gegenüber dem Nachrichtenportal "Axios". Dem Nachrichtenportal "Politico" sagte Miller zudem, Gaetz sei in der vergangenen Legislaturperiode "herumgerannt wie ein Sechsjähriger mit einem geladenen Revolver und einem lockeren Finger am Abzug".
Ein Aufwiegler als "Treiber des Wandels"?
Einige Republikaner sehen die Personalie aber auch als Chance für Veränderungen im Justizministerium. Der texanische Abgeordnete Ronny Jackson sagte Reportern, Gaetz wolle das Ministerium grundlegend umgestalten. "Wenn Sie jemanden als Treiber des Wandels wollen, dann gibt es niemanden, der diese Rolle stärker verkörpert als Matt Gaetz", sagte Jackson. Eine Bestätigung durch den Senat sei aber nicht sicher. Der Abgeordnete Tim Burchett nannte die Nominierung "wunderbar", warnte gegenüber "Axios" jedoch, dass Gaetz "Feinde im Senat" habe und die Bestätigung schwierig werden könne.
Trump signalisiert mögliche Anwendung eines Kniffs
Gaetz gilt als einer der radikalsten Republikaner und glühender Anhänger Trumps. Er lehnt Abtreibungen und die gleichgeschlechtliche Ehe strikt ab und verbreitet immer wieder Verschwörungstheorien. Im Kongress gilt er als Aufwiegler und brachte sich mit wiederholten Querschüssen bei vielen Kollegen in Verruf.
Die fragliche Rückendeckung im Senat muss für Gaetz nicht zum Problem werden. Trump hat signalisiert, möglicherweise eine Sonderregelung anzustreben, um ihn und andere Wunschkandidaten schneller ins Amt zu bringen. Dafür könnte er auf sogenannte Recess Appointments zurückgreifen. Dieses verfassungsrechtliche Mittel erlaubt es dem US-Präsidenten, in Sitzungspausen des Senats bestimmte Positionen zu besetzen. Zwar ist dieses Verfahren hochumstritten, da es den üblichen Bestätigungsprozess umgeht. Mehrere republikanische Senatoren haben aber bereits Zustimmung signalisiert.
Knappe Mehrheit im Senat
Sollte Gaetz den üblichen Bestätigungsprozess durchlaufen müssen, wird für seine Ernennung entscheidend sein, ob die knappe republikanische Mehrheit von 53 der 100 Sitze im Senat bröckelt. Nur wenige Abweichler in der eigenen Partei könnten ihn um den Job bringen, wenn alle Demokraten wie erwartet gegen ihn stimmen.
Der republikanische Senator John Cornyn, der als Mitglied im Justizausschuss für den Prozess mitverantwortlich ist, betonte, dass der Senat "jede Nominierung des Präsidenten ernsthaft prüfen, aber auch seiner verfassungsrechtlichen Verantwortung gerecht werden" müsse. Auf die Frage, ob die Ethikausschuss-Ermittlungen gegen Gaetz dabei eine Rolle spielen könnten, entgegnete Cornyn laut NBC trocken: "Nun, das könnte zur Sprache kommen."